Auf dem spanischen Jakobsweg
von Navarra erhoben.
Und der mächtige König Sancho Garcés III. der Große, den wir schon in Pamplona
kennengelernt haben, hat ab dem Jahr 1000 den Camino von Nájera bis Burgos
ausbauen und sichern lassen. Seit dieser Zeit führt der Jakobsweg durch Nájera,
während er vorher weit nördlich hiervon auf sehr schwierigen, aber vor den
Mauren sicheren Routen verlaufen war. Auch damals schon, um das Jahr 1050, also
unter der Herrschaft von García III. Sánchez, dem Sohn des großen Sancho, wurde
im romanischen Stil der Bau des Klosters Santa Maria mit Kirche und
Pilgerherberge begonnen, genau dort, wo auch heute noch Kloster, Klosterkirche
und Pilgerherberge „Santa Maria la Real“ stehen. Diese wurden allerdings 1422,
und nunmehr im gotischen Stil, auf den älteren Fundamenten errichtet.
Ärger hatte
es allerdings schon in den alten Mauern gegeben. Als nämlich Alphons VI. — 1076
hatten die Könige von Kastilien das Regiment in Nájera übernommen — den ganzen
Komplex Mönchen aus Cluny übergeben wollte, war der Bischof von Nájera dermaßen
empört, dass er die Koffer packte und seinen Sitz nach Calahorra verlegte. Ihn
mag weniger bewegt haben, dass mit dem Geist von Cluny, den wir schon im
Kloster Irache kennengelernt haben, die alte Klostergemütlichkeit dahin war.
Aber dass das ganze Kloster nun nicht mehr ihm, sondern dem Abt von Cluny
unterstand, das hat ihn doch gekränkt.
Die Kirche
Santa Maria la Real ist eine Totenstätte von ganz besonderem Rang. Hier stehen,
bewacht von zwei steinernen Hellebardenträgern mit mächtigen Schnauzbärten, die
Sarkophage einer ansehnlichen Reihe von Königen aus Navarra, Kastilien und
León. Außerdem findet man in dem zartgliedrigen spätgotischen Kreuzgang, dessen
maurische Einflüsse nicht zu übersehen sind, die dort in die Wände eingefügten
Gräber von Granden aus Navarra, weshalb dieser Kreuzgang auch „Claustro de los
Caballeros“ genannt wird. Am ergreifendsten aber ist die Seitenkapelle
unmittelbar links nach dem Eingang zur Kirche. Dort stehen 13 Steinsärge von
Königskindern, geschmückt mit dem Kreuz von Navarra. Vor allem aber steht hier
auch der Sarkophag der Doña Bianca von Navarra, einer Königstochter und
späteren Gemahlin König Sanchos III. von Kastilien. 1156, nach der Geburt ihres
ersten Kindes schon gestorben, fand die junge Frau hier ihre letzte Ruhe. Auf
einer Sarkophagwand nehmen Engel die Seele der noch jungen und doch schon
sterbenden Königin in Empfang, während der trauernde König in seinem Schmerz
von Rittern gestützt werden muss. In dieser Kirche findet man auch eine sehr
alte Marienstatue mit einer Lampe. Die Frage, was diese Lampe zu bedeuten hat,
führt wieder zurück zum Bau der ersten Kirche von Nájera.
Damals, um
das Jahr 1050, ritt König García, Sohn und Nachfolger von Sancho dem Großen,
mit seinem Jagdfalken durch die dortigen Gefilde. Plötzlich flog eine Taube
auf. García ließ seinen Falken los, damit er die Taube verfolge und schlage.
Doch Taube und Falke flogen an das andere Ufer des Flusses und verschwanden
hintereinander in einer Höhle. Schnell durchwatete García den Fluss und betrat
ebenfalls die Höhle. In ihrer Tiefe entdeckte er ein Bild Mariens, angestrahlt
von einer hellen Lampe. Zu ihren Füßen saßen Falke und Taube friedlich
nebeneinander, auf einer Terrasse mit leuchtend weißen Lilien. Da befahl der
König, an dieser Stelle unverzüglich eine Kirche zu bauen, die die Vorgängerin
der heutigen Kirche „Santa Maria la Real“ wurde. Natürlich konnten viele
Jahrhunderte später die Historiker jedoch belegen, dass sich diese Geschichte
mit der Falkenjagd zu Nájera nicht in dieser Form zugetragen hat.
Aus einer Kathedrale wird ein Hühnerstall
Ich habe an
diesem Morgen keine Lust, schon in der Dunkelheit aufzubrechen. Zum einen haben
wir heute einen Fußmarsch von nur etwas mehr als zwanzig Kilometern bis Santo
Domingo de la Calzada vor uns. Zum andern möchte ich noch ein bisschen in
Nájera herumlaufen. Wie ich kurz nach sieben Uhr morgens als letzter Pilger die
Herberge verlasse, treffe ich vor dem Gebäude nur noch einen jüngeren Mann aus
Hessen, der irgend etwas an seinem Fahrrad zu reparieren hat. Er ist der erste
Radpilger, mit dem ich auf meiner bisherigen Pilgerreise ins Gespräch komme.
„Wie ist das
so als Radpilger, der Camino ist doch oft extrem holprig“, will ich wissen.
„Na ja, da
hast du schon recht, wenn ich die alten Pilgerwege fahre, komme ich mit
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