Auf dem spanischen Jakobsweg
zur weiteren Erziehung an den Hof von
König Ferdinand dem Großen. Erziehung am Königshof aber hieß vor allem, das
Reiten, Fechten und Jagen zu lernen und das war auch ganz nach dem Geschmack
des jungen Mannes aus Vivar. An diesem Hof traf er noch gleich zwei andere
wilde Gesellen, Alfonso und Sancho, die Söhne des Königs. Insbesondere Sancho
gefiel ihm, sofort waren sie ein Herz und eine Seele.
Da aber
starb der König im Jahre 1065 und sofort brachen zwischen seinen Kindern
Erbstreitigkeiten aus. Sancho setzte sich in blutigen Fehden durch und wurde
als Sancho II. der Starke neuer König.
Sein alter
Jugendfreund Rodrigo aber hatte ihn bei diesen Auseinandersetzungen
unterstützt, jetzt schlug der König seinen Freund zum Ritter. Er hatte in ihm
nicht nur einen tollkühnen Gefolgsmann, sondern auch einen treuen Gefährten, ja
einen engen persönlichen Freund. Verzagtheit und grüblerisches Abwägen quälte
die beiden nicht. So hieß es „auf die Pferde“ und hinaus in die Weiten
Spaniens, reiten, reiten, reiten, Staub unter den Hufen, Sand zwischen den
Zähnen, Sonne und Regen im Gesicht, den Schweiß der Pferde in der Nase und ihr
Schnauben in den Ohren. Reiten, reiten, reiten! Immer das Schwert an der Seite,
schnell in der Faust und schnell auch im Leib der Gegner, je stärker diese
waren, je mutiger, desto besser. Für Gott und den König! Welch’ ein Leben für
einen Ritter, welch’ ein Leben für einen Mann in jener Zeit! „Reiten, reiten,
reiten, durch den Tag, durch die Nacht, durch den Tag. Und der Mut ist so müde
geworden und die Sehnsucht so groß?“ Wie beim Cornet Christoph Rilke? Nein —
das hier war eine andere Zeit, die Zeit der Löwen, Spaniens Heldenzeit hatte
begonnen. Und der Tod? Ja, den gab es, der ritt mit ihnen, tagein und tagaus,
der saß mit im Sattel, der hatte das schnellste Pferd und den stärksten Arm.
Aber der war für sie weder ein „Dieb in der Nacht“ noch ein „Freund Hein“,
keiner, der sich leise von hinten anschlich, die Hände um den Hals legte und
langsam zudrückte. Aber auch keiner, mit dem man am Kachelofen gemütlich
plaudern konnte. Ihm gebührte eine majestätische Rolle im Schauspiel ihres
stürmischen Lebens. Der tändelte nicht. Im Jahre 1072, bei Kämpfen vor den
Mauern von Zamora gegen die eigene Schwester des Königs, fiel Sancho der Starke
— und viele glaubten, dass es ein Königsmord war, angezettelt von Alfons,
seinem eigenen Bruder, der sich zuvor sogar zu den Mauren abgesetzt hatte.
Dieser Bruder wurde jetzt als Alfons VI. legitimer König von Kastilien, León
und Asturien. Auch der neue König war alles andere als ein Leichtgewicht, er
sollte einer der großen Könige von Kastilien werden. Es gelang ihm, Rodrigo,
der inzwischen schon den Ruf eines furchterregenden Kämpen hatte, für sich zu gewinnen.
Rodrigo allerdings, so will es jedenfalls die Legende, forderte hierfür einen
hohen Preis. In der Kirche von Santa Agueda zu Burgos musste der König einen
heiligen Eid leisten, dass er beim Tod seines Bruders Sancho nicht die Hand im
Spiel hatte. Dennoch blieb ein Stachel in der Brust von Rodrigo. Nach einiger
Zeit kam es jedenfalls zum Bruch mit dem König. Jetzt wechselte Rodrigo mit
seinen Mannen sogar zu den Mauren über, jetzt wurde eben auf Seiten der Muslime
gegen die Christen gekämpft. Das jedoch war nicht so außergewöhnlich in jener
Zeit, wo sogar christliche Könige gelegentlich die Front wechselten und
maurische Fürsten ebenfalls. Rodrigo aber erwarb sich auch bei den Mauren
höchstes Ansehen als mutiger und untadeliger Ritter. So nannten sie ihn
„Saijd“, also „Herr“ oder „Führer“, und das brachte ihm später bei den Spaniern
den aus dem Arabischen stammenden Namen „El Cid“ ein. Natürlich wollte König
Alfons VI. diesen gefürchteten, tapferen Mann unbedingt wieder in seinen
eigenen Reihen haben. Tatsächlich kam es zur Aussöhnung zwischen den beiden
Männern.
Nun zogen
sie wieder gemeinsam in den Kampf gegen die Muslime. Sie hatten große Erfolge.
Toledo wurde eingenommen und der Ruhm des El Cid wuchs ins Legendäre. Auf
christlicher Seite nennt man ihn jetzt auch „El Campeador“, den „Kämpfer“. Er
besiegt die Mauren bei Cuarte und bei Bairén, vorallem aber erobert er im Jahre
1094 nach einjähriger Belagerung das wichtige und stolze Valencia. Diese Stadt
sollte ihm zum Schicksal werden. Im Jahre 1099, die Mauren rannten immer wieder
gegen Valencia an, fiel er im Kampf. Der Legende nach banden
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