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Auf dem spanischen Jakobsweg

Auf dem spanischen Jakobsweg

Titel: Auf dem spanischen Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Dannhäuser
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Selbstmord
begangen, erteilte der von den römischen Legionen in Iberien zum neuen Kaiser
ausgerufene Galba den Befehl, an der Stelle, wo die heutige Stadt León steht,
ein festes Militärlager, ein Castrum zu errichten. Erbaut wurde dieses dann auf
einem heute noch rekonstruierbaren Areal von 550 x 380 Metern. In der Nähe gab
es reiche Gold- und Silbervorkommen, die der Römische Staat ausbeutete. Da eine
Legion damals aus etwa 12000 Mann bestand, erscheint es ganz folgerichtig, dass
ein solches Militärlager auch einen beachtlichen Wirtschaftsfaktor darstellte.
In seinem Umkreis siedelten sich nicht nur Angehörige der zum Teil
einheimischen Soldaten an, sondern auch Händler und vor allem Handwerker,
Schankwirte, Marketender, Geldwechsler, Musiker, Gaukler, Quacksalber und
vielleicht sogar leichtsinnige Frauenzimmer. Eben alles, was man für eine
richtige Stadt braucht.
    Die
Geburtsstunde des heutigen León hatte somit — übrigens auf dem Boden einer noch
älteren Siedlung — schon im Jahre 68 nach Christus geschlagen, mit einem
militärischen Fanfarenstoß und einem römischen Kaiser als Gründungsvater, noch
dazu dem letzten römischen Kaiser aus altrömischem Adel — was ihn allerdings
nicht davor bewahrte, schon im darauffolgenden Jahr ermordet zu werden. Romulus
und Remus aber mussten noch einige hundert Jahre im wilden, im grausamen
Iberien ausharren. Zwar konnten sie voll Stolz miterleben, wie ihr Staat, das
Römische Imperium, unter Kaiser Trajan seine größte Ausdehnung erfährt. Aber
sie erlebten auch, dass sich dieses Riesenreich in seiner Staatsräson schon so
gefährdet sah, dass der gleiche große Kaiser durch ein „Gesetz gegen geheime
Gesellschaften“ die Verfolgung der Stoiker und der Christen anordnet.
    Von den
Christen und ihren Ideen hörte man auch im Militärlager immer häufiger, vor
allem, dass es unter den Armen und Sklaven viele davon gäbe. Schon vor langer
Zeit war hier einmal ein abgemagerter, kleiner Mann mit langem Bart und
auffallend leuchtenden Augen vorbeigezogen und hatte etwas von einem Messias
erzählt, den er Jesus nannte und der für seine Liebe zu allen Menschen
gekreuzigt worden, danach aber wieder auferstanden sei. Er habe auch gesagt,
dass das Ende der Welt nahe sei und dass jedem die Sünden vergeben werden könnten,
wenn er Buße täte. Doch da hatten Romulus und Remus und ihre Kameraden nur
lachen müssen und ihr Zenturio hatte mit den Augen gezwinkert und gesagt, dass
das ein Verrückter sei und dass es heutzutage viele davon gäbe. Aber sie hatten
den seltsamen Mann reden lassen und ihn nur geneckt und gefragt, wo er denn
seine Frau gelassen habe und dass sie ihm eine neue besorgen könnten.
    Liebe zu
allen Menschen? Komische Vorstellungen. Oder vielleicht doch nicht? In der
gleichen Nacht hatte Romulus einen Traum, der ihn lange Zeit bedrückte. Denn
jetzt, im Traum, wurde der kleine, freundliche Prediger von einigen Legionären
angespien und getreten und er, Romulus, wollte ihn eigentlich beschützen, aber
er hatte am Ende keinen Mut dazu. Als er aus seinem Traum erwachte, schämte er
sich. Viele Jahre später, unter dem großen Kaiser Diokletian, hatte es dann im
Castrum erhebliche Unruhe gegeben, als man den römischen Offizier Marcelus
verhaftete und zu Tode marterte, weil er sich offen und unbeugsam zu diesem
Jesus bekannte und sogar den römischen Staatsgöttern die Opfergaben
verweigerte. Und, so raunte man es sich im Lager zu, seine beiden Söhne,
Facundus und Primitivus, habe man im nahen Camala, dem späteren Sahagún, aus
dem gleichen Grund ebenfalls hingerichtet. Dort, in Sahagún, waren wir schon
vor einigen Tagen auf ihre Spuren gestoßen.
    Doch in
jenen Zeiten war viel Bewegung. Schon im Jahre 313, unter Konstantin dem
Großen, wurde der christliche Glaube gleichberechtigt neben die heidnischen
Religionen gestellt und im Jahre 391, unter Theodosius dem Großen, zur
Staatsreligion erklärt. Aber Konstantin hatte auch schon im Jahre 326 den
kaiserlichen Hof von Rom nach Konstantinopel verlegt. Schließlich war das
Riesenreich im Jahre 395, unter den Söhnen von Theodosius dem Großen, zwischen
Rom und Konstantinopel aufgeteilt worden und Ravenna, nicht mehr Rom, war jetzt
ständige Residenz der weströmischen Kaiser. Schon seit langer Zeit waren aus
dem finsteren Norden immer unaufhaltsamer hochgewachsene, unberechenbare Männer
von atemberaubender Kraft und Wildheit in die alten Kulturreiche am Mittelmeer
eingeströmt und auch Iberien blieb von

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