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Auf dem Weg nach Santiago

Auf dem Weg nach Santiago

Titel: Auf dem Weg nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Noel Pierre / Gurgand Barret
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Maravedís und drei Tagen Gefängnis. Ein sichtlicher Fortschritt
dieser Gesetzgebung liegt darin, daß das Preisverzeichnis, besonders der
wichtigsten Weinsorten, verpflichtend wird. 17
    Bei schweren Mißbrauchen können die Fürsten selbst,
wenn nötig militärisch, eingreifen, um die Schuldigen zu bestrafen. Richard
Löwenherz zieht in Moissac zwei Ritter vor Gericht. Sie sind angeklagt, Pilger
mißhandelt zu haben. Ein anderes Mal, am 9. Januar 1177, dem ersten Sonntag
nach Epiphanie, belagert und erstürmt Richard das Schloß Saint-Jean-le-Vieux im
Baskenland. »Und anschließend ließ er die Basken und Navarresen schwören, den
Frieden zu bewahren; und er machte allen schlechten Gewohnheiten ein Ende, die
sich in Sorde und Lesperon eingeschlichen hatten, wo man üblicherweise die
Santiagopilger filzte .« 18
    Im Béarn folgen drei der vier Hauptwege
— der Weg von Le Puy über Orthez und L’Hôpital-d’Orion nach Ostabat, der Weg
von der Provence über Oloron zum Somportpaß und der Zubringerweg durch das
Ossau-Hochtal zum Somport — fast genau den Straßen des Vicomte; nach dem
Béarneser Gewohnheitsrecht stehen nämlich die camis deu senhor (die
herrschaftlichen Wege) unter dem besonderen Schutz des Vicomte, der über die
Sicherheit des Durchreisenden und seiner Habe zu wachen hat. Hier zahlen die
Pilger weder Brücken- noch Wegzoll und sind den mißbräuchlichen Forderungen der
kleinen Grundherren entzogen, die anderswo aus dem Durchzug der Pilger Profit
zu schlagen versuchen. 19
    Andere, grundsätzlich geschützte Orte
sind die Asylterritorien. Eines der besten Beispiele dafür ist im 11.
Jahrhundert die Abtei La Sauve-Majeure bei Bordeaux. Wer sich in diese Abtei
begibt oder von ihr herkommt, erfreut sich eines als Schutzrecht geltenden
besonderen Freibriefs; das freie Geleit gilt auch für jene, die von einem der
Mönche begleitet werden. Obwohl die Abtei abseits liegt, wird sie dank dem Grab
ihres heiligen Gründers Gerhard zu einem bedeutenden Sammelpunkt für die
Santiagopilger; sie kommen hierher, beichten, machen ihr Testament und nehmen
aus der Hand des Abtes Stab und Beutel, die er zuvor gesegnet hat, entgegen. 20
    Der gute König Alfons IX. sorgt sich
nicht nur um den Schutz der lebenden Pilger; er nimmt auch die Interessen jener
wahr, die unterwegs sterben. In seinen Verordnungen aus dem Jahre 1228 ergreift
er Maßnahmen bezüglich ihrer Erbschaften:
    - Wenn der Pilger ein Testament
hinterlassen hat, muß es eingehalten werden.
    - Wenn er ohne Testament stirbt, ihn
aber Pilger aus demselben Land begleiten, sind diese verpflichtet, seinen Erben
treu zu melden, was er beim Sterben hinterlassen hat; der Gastwirt, in dessen
Haus er starb, darf nach seinem Tod nur sein bestes Gewand beanspruchen.
    - Wenn er ohne Testament stirbt und
auch keinen Begleiter hatte, wird seine hinterlassene Habe in drei Teile
geteilt; ein Teil gehört der Kirche, wo man ihn beerdigt, ein Teil dem König
und der dritte seinem Wirt. 21
    Hatte der Verstorbene Begleiter, so
obliegt diesen die Sorge für die Beerdigung; die Kosten dafür können aber von
seinem Erbe abgezogen werden.
    Die Satzungen von 1254 erklären den
Ortsrichter zum Treuhänder von Hab und Gut eines ohne Testament und Begleiter
verstorbenen Santiagopilgers; er muß zum Segen der Seele des Verstorbenen
darüber verfügen und nach Benachrichtigung des Königs diese Güter für eine
bestimmte Anzahl guter Werke, deren Verdienste dem Pilger im Jenseits
angerechnet werden, verwenden.
    In ähnlicher Weise sieht das
Gewohnheitsrecht von Jaca im Jahre 1187 vor, daß die Habe des Pilgers ohne
Testament dreißig Tage lang aufbewahrt werden soll; falls ein Verwandter des
Verstorbenen vor Ablauf dieser Frist eintrifft, überläßt man ihm zwei Drittel
der Habe; das letzte Drittel wird zum Heil der Seele des Dahingeschiedenen
aufgewendet, so, wie es einsichtige Männer und der Bischof für angemessen
halten; meldet sich niemand von seiner Familie, dann dient alles seiner
Seelenruhe. 22
    Die spanischen Könige sorgen sich also
sehr um den Pilger. Auch die Mönchs- und Ritterorden wachen über ihn und, so
könnte man sagen, stehen »zu seinen Diensten«. Zum Beispiel ist der Einfluß
Clunys auf den Wegen nach Compostela so stark, daß manche Historiker die große
burgundische Abtei zum wahren Initiator dieser Wallfahrt gemacht haben. Joseph
Bédier etwa schreibt in seinen Commentaires sur la Chanson de Roland: »Es war die Abtei von Cluny, die die Wallfahrten nach

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