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Auf dem Weg nach Santiago

Auf dem Weg nach Santiago

Titel: Auf dem Weg nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Noel Pierre / Gurgand Barret
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Sparsamkeitsgründen auf einen Führer zu verzichten,
faucht Jean ihn an: »Es geht Ihnen gut auf meine Kosten; mischen Sie sich in
nichts ein, außer daß Sie mir für ein gutes Essen sorgen, denn ich habe gottlob
genug Geld, um unsere Heimkehr zu finanzieren!« 7 Nichts entmutigt
ihn unterwegs; er erträgt gern die Ermüdung, die Fußschmerzen, den Regen, den
Schnee, wenn nur bei seiner Ankunft am Abend ein weiches Federbett bereitsteht
und ein gebratener Kapaun. Als gutzahlender Kunde erwartet er etwas für seine
Dukaten.
    Trotz eines ganzen Arsenals von
Vorschriften zum Schutz des Pilgers kommt es doch häufig zu Zwischenfällen. In
Toulouse erwähnt ein Gemeindeerlaß vom Jahre 1205 einige tadelnswerte
Gewohnheiten: »Die Wirte sollen [die Pilger] nicht an ihren Kleidern packen und
auch ihre Tiere nicht an Zaum und Zügel. Wenn die Pilger das Wirtshaus betreten
haben, soll man ihnen nicht den Ausgang verwehren und ihnen nicht Gewalt antun,
weder drinnen noch draußen. Und allen werde mit gleichem Maß Wein und Hafer
zugemessen. [...] Wenn die Pilger sich eingerichtet haben, sollen die Wirte ihr
Wirtshaus offen lassen bis zum Vesperläuten, und jedermann soll das Recht
haben, mit den Pilgern Tauschgeschäfte zu betreiben, zu verkaufen oder zu
kaufen, ohne daß sich der Gastgeber oder die Gastgeberin einmischen dürfen.
[...] Kaufen die Pilger Tiere undbemerken im Verlauf des ersten Tages, daß man
sie betrogen hat, sollen sie das Tier wieder abliefern, und der Kaufpreis werde
ihnen ohne Streiterei erstattet; die Wirte sollen ihnen blinde oder
abgerackerte Gäule weder verkaufen noch verkaufen lassen.« 8
    Der Abschnitt Veneranda dies im Codex
Calixtinus erwähnt einige »Pilgerfallen«. Man erfährt, daß die Wirte von
Santiago bis nach Puertomarín, Barbadelo und Triacastela hinaus Boten und
Knechte den Wallfahrern entgegenschicken; sie haben den Auftrag, ihre Freundschaft
und ihr Vertrauen zu gewinnen und sie in diese oder jene Herberge zu lotsen und
nötigenfalls zu versprechen, daß die erste Nacht kostenlos sei. Bei der Ankunft
verkaufen ihnen die Wirte Kerzen aus Ziegenfett; sie schütten Wasser in die
Weinkrüge, bevor sie die Gläser füllen; sie benutzen Fässer mit doppeltem
Boden, um den Pilgern einen anderen Wein aufzutischen als den, den sie zu
kosten gaben, obwohl er doch anscheinend aus demselben Faß stammt; sie
verwenden falsche Gewichte und Maße, auch große Krüge, die in Wirklichkeit ein
kleines Fassungsvermögen haben; sie täuschen am Abend vor, kein Wasser mehr zu
haben, damit die Gäste genötigt sind, Wein zu bestellen; sie bereiten ihnen
Fisch von zweifelhafter Qualität zu. Darüber hinaus reservieren sie bei großem
Andrang ihre Zimmer den Meistbietenden.
    Es ist verständlich, daß die
städtischen Behörden eingreifen mußten, um die Preiserhöhung zu bremsen; 1569
machten sie den Preisanschlag zur Pflicht. Es waren genug Pilger in den
Schenken lebendig oder tot ausgeraubt worden; eine Gesetzgebung wurde dringend
notwendig; sie bevorzugte das Ehrenwort des Gastes, der »auf seine Reise«
schwört, und sie schützte die Rechte des unterwegs verstorbenen
Santiagopilgers.
    Laffi berichtet von einem Schenkwirt in
Villafranca del Bierzo. Der Mann hatte einem Pilger, der um Almosen bat, zu
essen gegeben. Dieser dachte nun, es sei ihm aus Nächstenliebe umsonst gereicht
worden. Er will gehen. Doch der Wirt faßt ihn und fordert mit Gewalt das »ihm
Zukommende«. Der Bologneser Priester ist um so empfindlicher für diesen
Streich, als ihm bei Narbonne ein Fährmann, der ihn kostenlos über einen Fluß
gefahren hatte und dann zum Essen einlud, »Salat und sonst nichts« auftischte —
und sechs Sous von ihm verlangte.
    Um allen diesen Mißbräuchen entgegenzuwirken,
soll ein Kaplan des englischen Königs namens Mansei von Alfons X. im Jahre 1254
erreicht haben, daß die Santiagopilger in den unter der Oberhoheit des
spanischen Königs stehenden Städten ihre Unterkunft frei wählen und ihre
Lebensmittel ohne Zwischenhandel über die Wirte, die sich an den Pilgern
bereicherten, selber kaufen konnten. Das königliche Gewohnheitsrecht gibt näher
an, daß der Pilger im Wirtshaus oder außerhalb desselben das Nötige zum
gleichen Preis kaufen kann und nach denselben Maßen und Gewichten, wie sie im
Land üblich sind. 9 Der Brauch hat sich derart eingebürgert, daß er
in Frankreich geradezu sprichwörtlich wurde: In den spanischen Wirtshäusern
findet man nur das, was man selber hineinträgt

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