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Auf dem Weg nach Santiago

Auf dem Weg nach Santiago

Titel: Auf dem Weg nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Noel Pierre / Gurgand Barret
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Kreuzzeichen
über die Stiere, und sie wurden sanft wie Lämmer«.
    Daraufhin spannten die Jünger die
Stiere an einen Wagen, auf den sie den Leichnam des heiligen Jakobus legten und
den großen Stein, der seine Form angenommen hatte, »als ob es Wachs wäre«.
»Ohne jede Lenkung zogen die Ochsen den Leichnam mitten in den Palast der
Königin. Als diese das sah, war sie sehr verwundert; sie glaubte an Jesus
Christus und wurde Christin .« 10 Andere
Berichte fügen hinzu, daß die Stiere von selbst die sterblichen Reste des
Apostels bis zu dem Ort zogen, über dem der sie führende Stern stehenblieb —
hier wurde sodann das Grab des heiligen Jakobus errichtet.
    Diese mit allerlei legendärem
Rankenwerk ausgeschmückten Ereignisse, die da im 13. Jahrhundert erzählt
werden, spielten sich in der Zeit unmittelbar nach Jesus ab. Nun ist aber von
Sankt Jakobus vor dem Jahre 813 — ein Jahr vor dem Tod Karls des Großen — weder
in Spanien noch anderswo die Rede. In dem genannten Jahr hat Pelagius, ein sehr
frommer Einsiedler, eine Vision. Er wohnt in Galicien, in einer Gegend, wo sich
die Nächte zuweilen wunderbar erhellen und himmlische Musik ertönt. Im Traum
offenbaren ihm die Engel die Anwesenheit des heiligen Jakobus in dieser Gegend. Der Eremit meldet es dem Bischof Theodemir. Dieser ordnet ein
dreitägiges Fasten an und läßt einen Hügel aufgraben, den die seltsamen
nächtlichen Lichter zu bezeichnen scheinen — Sterne also, könnte man sagen.
Bald legt Theodemir ein Marmorgrab frei. Gebeine liegen darin, die allsogleich
als die des heiligen Jakobus des Älteren und zweier seiner Jünger, Athanasius
und Theodor, identifiziert werden; es waren jene beiden, die er bei seiner
Rückkehr ins Heilige Land hier zurückgelassen hatte.
    König Alfons II. wird benachrichtigt.
Er erbaut über dem Grab eine steinerne Kapelle mit Holzdach und läßt Karl dem
Großen einen Bericht darüber zukommen zusammen mit dem Stirnbein des heiligen Jakobus . Papst Leo III. verkündet in einer Bulle die
gewaltige Nachricht der ganzen Christenheit: Einer der Apostel ist wieder
aufgefunden! In wenigen Jahren entsteht um das Grab herum eine kleine Stadt, in
der sich bereits die Pilger drängen: Compostela, was man mit »Sternenfeld«
übersetzen kann. Das Städtchen wird »dank der Gunst der Könige und dem frommen
Eifer der Menge« 11 größer und größer.
    Dreißig Jahre später kommt es wegen
eines nicht an den Kalifen von Córdoba abgelieferten Tributs von hundert
Jungfrauen zwischen den christlichen Fürsten und den Mauren in Clavijo nahe bei
Logroño zu einer Schlacht. Der Ausgang scheint ungewiß, als plötzlich auf der
Seite der Christen, furchterregend und feuerflammend, das Schwert in der Hand,
Jakobus erscheint, Santiago Matamoros, Sankt Jakob der Maurentöter; er
schlägt die Sarazenen in die Flucht.
    An allen Fronten greift nun der Apostel
ein. Natürlich gegen die Mauren, aber auch gegen die Ungerechtigkeit, gegen das
Unglück, gegen die Armut. Er ist es, der den in Santo Domingo gehängten jungen
Mann stützt; er ist es, der den Pilger aus Verona mit einem wunderbaren Brot
ernährt, das jeden Morgen wieder unberührt in der Pilgertasche liegt; er ist
es, der einen jugendlichen Brandstifter aus Pistoia vor dem Scheiterhaufen
rettet; er ist es auch, der einen anderen Pilger zum Leben erweckt, um zu
verhindern, daß sein Gastgeber, der ungerechterweise des Mordes an ihm
beschuldigt ist, hingerichtet wird.
    Seine Wunder sind nicht mehr zu zählen.
Ein Gefangener liegt angekettet in einem Turm. Er ruft den Heiligen an. Dieser
erscheint und sagt: »Komm, folge mir nach Galicien !« Die Ketten fallen von den Füßen des Gefangenen, eines gewissen Bernhard; er
klettert in den Turm hinauf und springt hinunter, ohne sich weh zu tun. In
einem anderen Turm liegt ein Kaufmann; ein Lehensherr hat ihn beraubt und dann
eingesperrt; der Kaufmann fleht zum Apostel — da neigt sich der Turm, bis die
Spitze den Boden berührt; der Gefangene flieht hinaus; die Wächter verfolgen
ihn, doch der Mann bleibt ihren Blicken verborgen.
     
    Der heilige Jakobus erscheint auf einem
Schimmel reitend in der Schlacht gegen die Mauren.
    Kupferstich
von Aliprando Caprioli, 1597

    Wegen dieser Wunder und sehr vieler
anderer mehr leuchtet der Name des heiligen Jakobus in
der ganzen Christenheit. »Wir bitten Gott und den heiligen Jakobus«, so
schließt Jacobus de Vorágine, »es möge ihm gefallen, uns in dieser
vergänglichen Welt zu bewahren, auf daß

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