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Auf dem Weg nach Santiago

Auf dem Weg nach Santiago

Titel: Auf dem Weg nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Noel Pierre / Gurgand Barret
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Honigwabe, welche unser Herr nach
seiner Auferstehung kostete, als er den Aposteln erschien; eine der Sandalen
des heiligen Petrus;
    Reliquien
und Gebeine der Propheten [...].
    Es
findet sich hier auch einer der Krüge, in welchen Jesus Christus bei der
Hochzeit zu Kana Wasser in Wein verwandelte.
    Wer
immer diese kostbaren Reliquien aufsucht, dem erläßt der hochwürdige Bischof
dieser Kirche von Oviedo [...] den dritten Teil seiner Sündenstrafen. Außerdem
gewährt er ihm einen Ablaß von eintausendvier Jahren und vierzig Tagen .« 13
     
    Man kann sich die bastelfreudigen
Chorherren vorstellen, wie sie geschickt und der Laune ihrer Eingebung entsprechend
diese biblische Rumpelkammer anreichern, oder etwa jene skrupellosen Leute, die
auf Bestellung Dornenkronen liefern — es gibt noch deren drei, von denen eine,
seinerzeit von König Ludwig dem Heiligen gekauft, sich heute in der
Sainte-Chapelle in Paris befindet — oder Nägel von der Kreuzigung. Doch so
heilig diese Reliquien auch sein mögen, sie erwecken keine Legende. Der heilige
Jakobus jedoch ist eine Persönlichkeit. Er hat gelebt, die Heilige Schrift
bezeugt ihn, man kann sich ihn vorstellen. So, wie ihn die Kämpfer in der
Schlacht von Clavijo in blitzender Rüstung sehen, so die Pilger in ihrem
Gewand, mit Stab und Muschel: Sankt Jakob ist am Ende seiner Wege selbst Pilger
geworden. Von nun an bleibt er ein Weggefährte, den man um alles bitten kann.
    Es wird erzählt, daß er im Jahre 1108
einem braven Pilger zu einem Erben verholfen hat. Als das Kind fünfzehn Jahre
alt ist, pilgern Vater und Mutter zum Dank aufs neue nach Compostela. In der
wilden Berglandschaft der Montes de Oca stirbt das Kind an einer Krankheit.
Zornig ruft der Vater den heiligen Jakobus an: »Dir hat Gott die Macht
verliehen, mir einen Sohn zu schaffen. So gib ihn mir jetzt wieder zurück !« Und das Kind erwacht zum Leben.
    Ganz ohne Zweifel war die
»Persönlichkeit« des heiligen Jakobus zum großen Teil der Grund des großartigen
Aufschwungs von Compostela, noch über alle politischen und strategischen Gründe
hinaus, die die Wallfahrt nach Galicien möglich gemacht haben.
    Für Aymeri Picaud ist Compostela »die
ganz hervorragende Stadt des Apostels, voll der tiefsten Freuden; sie hütet den
kostbaren Leib des heiligen Jakobus und gilt daher als die glücklichste und
edelste aller spanischen Städte«.
    Aymeri hält sich lange bei der
Beschreibung der Kirche auf - sicher einer der gelungensten Bauten seiner Zeit
— und bemerkt nebenbei, daß an ihr »kein Riß, kein Fehl« zu entdecken sei, was
vermutlich nicht die Regel ist.

    »In dieser ehrwürdigen Basilika ruht
nach der Überlieferung der verehrte Leib des heiligen Jakobus unter dem zu seiner Ehre errichteten Hochaltar. Er liegt in einem Marmorsarg,
den ein bewunderungswürdig gearbeitetes Grabmal von ausgewogenen Maßen
überwölbt. Sein Leib liegt hier seit eh und je, wenn man dem Zeugnis des heiligen
Theodemir, vormals Bischof dieser Stadt, Glauben schenken will; er fand einst
den Leib, und es gelang ihm nie, ihn von der Stelle zu schaffen. So seien denn
diejenigen Rivalen jenseits der Pyrenäen des Betrugs überführt, die da
behaupten, einige Stückchen oder Reliquien des Apostelleibes zu besitzen. Denn
dieser ruht hier ganz und unbeschädigt, göttlich erleuchtet durch paradiesische
Karfunkelsteine, ohne Unterlaß von sanften Düften ausgezeichnet, geziert mit
dem Glanz himmlischer Lichter und von Engeln in ehrfürchtiger Huldigung
umschwebt .« 14
    Zu der Zeit, da der Pilger aus dem
Poitou seine schmückenden Beiwörter poliert, kommt es doch noch vor, daß man
das Grab öffnet, 1138 vor allem, um den Gesandten der italienischen Stadt
Pistoia ein Stücklein der Reliquie auszuhändigen. 15 Man beschließt
jedoch, das nicht mehr zu wagen, so sehr erregt der Leib des heiligen Jakobus
die Begehrlichkeit. Immerhin verdankt die Abtei Conques in der Rouergue einem
Reliquienraub ihre Berühmtheit, denn die hier verehrten Gebeine der heiligen
Fides stammen aus Agen, wo ein Mönch sie entwendete.
    Die Vorsicht ist nicht unnütz. Nach der
Versöhnung Friedrich Barbarossas mit dem Papst bricht am 26. Februar 1189 eine
deutsche Wallfahrergruppe nach Compostela auf. Es handelt sich allerdings eher
um eine Expedition: zehntausend Mann, auf sechzig Schiffe verteilt. Nach ihrer
Ankunft in Santiago versuchen sie, das Haupt des Apostels mit Gewalt zu
entführen, müssen aber darauf verzichten. 16
    Der »Sicherheitsdienst«

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