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Auf den ersten Blick

Auf den ersten Blick

Titel: Auf den ersten Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Wallace
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einem Monat nicht mehr hier. Er hatte eine Erleuchtung!«
    Da fingen alle wieder an zu lachen. Warren ging zurück an seine Arbeit, schüttelte den Kopf und lächelte bei dem Wort »Erleuchtung«.
    »Wissen Sie, wo er ist?«, sagte ich.
    »Ich schätze, er ist beim Ochsen«, sagte der Mann. »Oder wie sagt man? Beim Stieren? Nein, nicht stieren. Büffeln. Für seine ›Prüfungen‹.«
    Ich war nicht sicher, ob sie sich lustig machten, und wenn ja, über wen? Matt? Mich? Mich, mit meinen sauberen Sachen und den zarten, unverölten Händen, die nie auch nur einen Tag gearbeitet hatten.
    »Matt ist … an der Uni? «, sagte ich.
    »Ist er, wenn man ein Zimmer über einer Fish&Chips-Bude als Uni bezeichnen möchte«, sagte der Mann, säuberte seine Finger und lächelte mich an.
    Damit war unser Gespräch beendet.
    Ich trabte zur Blackstock Road zurück.
    Als ich Ihnen vorhin erzählt habe, dass ich mich in einer kleinen Wohnung an der Blackstock Road wiedergefunden hatte, meinte ich damit, dass ich in eine kleine Wohnung an der Blackstock Road gezogen war.
    Und zwar nicht allein.
    Es ist nicht gerade etwas, worauf ich gewettet hätte, nach dem Tropicana-Desaster. Aber ich brauchte einen Freund, und mittlerweile war sie diejenige, die mir am nächsten stand.
    Ich war auf direktem Weg zu ihr gerannt, brennend vor Zorn und Empörung und Enttäuschung, verloren und traurig und allein.
    »Meine Güte, Jason, was ist los?«, hatte sie gesagt, als sie zur Tür kam, und ich hatte mich an ihr vorbeigeschoben, in den finsteren, engen Flur dieser Wohnung, die ich im Dunkeln erst nicht finden konnte, genau wie damals, als das alles anfing.
    Zoe und ich führten an diesem Abend ein langes, eindringliches Gespräch. Sie entschuldigte sich dafür, dass sie gesagt hatte, ich solle meine Karriere auf dem Highgate Cemetary besuchen. Sie meinte, sie stünde ziemlich unter Druck, und das Allerletzte, was sie jetzt noch brauchen konnte, sei das gewesen, was heute passiert war, und Lon don Now stecke in großen Schwierigkeiten, könne vielleicht nur noch ein paar Monate überleben, und außerdem habe Rob, der Rezensionsredakteur, angerufen und gesagt, dass er wiederkommen wolle und bla bla bla bla bla.
    Ich wusste, was sie getan hatte, denn ich hatte es selbst schon getan. Manchmal verletzt man jemanden, der einen verletzt hat, um wenigstens einen kleinen Sieg davonzutragen.
    Also redeten wir über diesen Tag. Aber nach einer Weile redeten wir auch über das, was in jener Nacht passiert war, in jenem anderen Leben.
    »Wir waren Freunde, die sich irgendwie gegenseitig be nutzt haben«, sagte sie, und während früher sofort Schuld gefühle in mir aufgeblitzt wären, empfand ich jetzt nur einen dumpfen Schmerz der Resignation.
    »Es war meine Schuld«, sagte ich.
    »Meine auch. Ich wusste einfach nicht, was ich machen sollte. Ich habe dich geliebt, als Freund, meine ich. Es tat mir weh, dich in deinem Schmerz zu sehen. Es hat mir fast körperlich wehgetan. Ich wollte dir zeigen, dass alles wieder gut wird. Wenn du deinen Job denn aufgeben wolltest, könnte ich dir Arbeit zuschanzen, und vielleicht könntest du dann rausfinden, was du eigentlich wolltest. Aber es ging nie darum, wie es mit Sarah weitergehen sollte. Ich habe nie etwas dazu gesagt. Aber dann hast du mich geküsst, und ich weiß nicht, wieso es nicht dabei geblieben ist, aber so war es nun mal.«
    Irgendwie hatte ich mich immer schon gefragt, wie es gewesen wäre, wenn Zoe und ich es miteinander versucht hätten. Aber ich wollte nur Sarah. Es hätte niemals funktioniert mit uns beiden. Das schlechte Gewissen und die Schuldzuweisungen, die zerstörerischen Selbstvorwürfe waren einfach zu beengend. Es wäre nicht ehrlich gewesen. Das war nicht der Plan. Wir konnten nicht einfach improvisieren.
    Aber wie sah es jetzt aus?, dachte ich und sah sie an.
    Ich hatte Zoe fast alles gegeben, was auf meinem Konto war, um mich an der Miete zu beteiligen. Natürlich war es nichts auf Dauer, nur bis ich wieder auf die Beine kam. Ich hatte einfach nicht gewusst, was ich sonst machen sollte, als ich bei Dev ausgezogen war und mich nach etwas Vertrautem, etwas Wärme sehnte. Ich musste Sarah erzählen, dass ich ausgezogen war, aber wie sollte ich ihr beichten, wo ich unterkam? Und als ich beschloss, vage zu bleiben, passierte Folgendes:
    Ich: Hey, ich ruf nur kurz an. Hab deine Einladung bekommen, ich wollte mich schon melden, aber …
    Sarah: Wow! Du bist es. Du hast ja Nerven, das muss man dir

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