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Auf den ersten Blick

Auf den ersten Blick

Titel: Auf den ersten Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Wallace
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ihn gemacht als er auf mich.
    Dann plötzlich eine andere, mir unbekannte Stimme. Irgendeine Freundin der Familie.
    »Maffew!«, rief sie. »Verdammt, dich hab ich ja ewig nicht gesehen! Wie geht’s deiner Mum?«
    »Okay«, sagte er.
    »Und bist du verheiratet?«
    »Nee.« Er zuckte mit den Achseln.
    »Nicht verheiratet? Wie alt bist du?«
    » 21 .«
    » 21 ?«, sagte sie. »Da hast du doch aber ein Baby, oder?«
    »Ja«, sagte er. »Zehn Monate.«
    »Verdammt noch eins!«, sagte sie erleichtert. »Ich dachte schon …«
    Irgendwie war es schwierig gewesen, Matthew Fowler für so etwas wie Bodenerosion zu interessieren. Aber das klingt grausam und herablassend und hohl. Da waren doch bestimmt mildernde Umstände im Spiel, würden Sie sagen. Kaputte Familie vielleicht. Missbrauch. Aber nix da. Matthew Fowler war einfach alles scheißegal. Schlicht und ergreifend. Und im Unterricht war ich bestimmt keine Michelle Pfeiffer, die Erdkunde in einen Rap verwandelte, inspirierend und harmonisierend im Glauben an mich selbst, im Glauben an die Kinder . Nein, ich wollte lieber schlechte Bands besprechen, lange wach sein und mir Filme über tierische Künstler ansehen.
    Im Grunde war vielleicht ich derjenige, dem alles scheißegal war.
    Ich aß mein Schinken-Senf-Sandwich, zerknüllte die Folie und stand auf, um mir die nächste Gedenktafel anzusehen.
    JOHN CRANMER, CAMBRIDGE, 23 JAHRE ALT.
    Der Angestellte bei der Londoner Stadtverwaltung ertrank vor Ostende, als er einem Fremden und einem Ausländer das Leben rettete. 8. August 1901.
    Ich sah mir die Leute auf den Bänken an, mit ihren Salaten und ihren Smoothies. Hatten sie das gelesen? Fühlten sie sich damit genauso? So … nutzlos?
    Ich trank meine Polo-Cockta aus und warf sie in den Müll.
    »Du weißt, dass du uns die Sachen auch einfach mailen kannst, oder?«, sagte Zoe.
    Ich hatte den USB-Stick schon reingesteckt und murmelte eine Entschuldigung.
    »Ich war gerade zufällig …«
    »Du bist immer gerade zufällig in der Nähe. Wo gehst du denn immer gerade hin?«
    »Hier und da«, sagte ich. »Ich bin ein Mann voller Geheimnisse.«
    »Nichts an dir ist sonderlich geheimnisvoll, Jason«, sagte sie. »Du bist ein offenes Buch. Ich habe dich schon ein paarmal gelesen. Langsam wird es langweilig. Also, bist du bereit, heute Abend in diese Galerie zu gehen?«
    »Danke, Zoe! Ja, um sieben, ja!«
    »Der Künstler ist angeblich ein Genie. Nicht, dass ich deine Meinung beeinflussen wollte.«
    »Kennst du ihn?«
    »Er ist mit meiner Cousine verlobt.«
    »Ach so. Dann werde ich nett sein.«
    Ich übertrug die Dateien auf Zoes Computer, was bedeutete, dass ich mich über sie beugen musste, was bedeutete, dass sie ihren Stuhl ein Stück zurückrollen musste, aber sie konnte nicht weiter als bis zur Wand, und ungefähr drei Sekunden lang waren wir uns ziemlich nah. Wir sagten nichts. Es wäre peinlich gewesen, also lauschten wir dem Rattern und Knattern ihres Rechners. Aber sie roch gut. Nach Kaffee und Pfefferminzbonbons. Einen Moment lang fragte ich mich, wie wir eigentlich zueinander standen.
    »Ich geb die Sachen an Rob weiter«, sagte sie, als ich mich aufrichtete.
    Rob ist der Rezensionsredakteur. Ich weiß nicht, was das bedeutet. Ich kriege immer alles von Zo.
    »Prima. Okay.«
    Ich stand da und blinzelte ein paarmal.
    »Und …?«, sagte Zoe.
    »Und … dann mach ich mich auf den Weg, es sei denn …«
    »Es sei denn?«
    Seufz.
    »Hast du sonst noch was für mich?«
    Zoe lächelte seltsam. Nicht wirklich enttäuscht, sondern als hätte sie vielleicht gedacht, ich würde nicht nur – Sie wissen schon – nach mehr Arbeit fragen. Sobald Geld ins Spiel kommt, geschehen merkwürdige Dinge mit einer alten Freundschaft. Aber andererseits war über die Jahre genug vorgefallen, was diese Freundschaft belastet hatte. Es war bemerkenswert, dass wir immer noch zueinander hielten. Jason und Zo.
    »Da wir gerade von der Arbeit sprechen, wie wir es heutzutage meistens tun …«, sagte sie etwas ernster. »Deine Abrizzi’s-Kritik war heute Morgen drin.«
    Oh. Scheiße.
    »Ach ja?«
    »Ja.«
    Scheiße, Scheiße, Scheiße. Wieso fing sie davon an?
    »Die haben angerufen. Wollten dich sprechen.«
    »Ach wirklich?«
    Scheiße.
    »Ja. Sie haben stattdessen mit mir gesprochen.«
    Das gibt Ärger. Aber so was von.
    »Sie möchten dich zitieren.«
    »Wie? Was zitieren?«
    »›Ein kleines Stückchen Himmelspizza‹ oder so ähnlich.«
    »Ach. Oh. Das haben sie gesagt?«
    »Glaubst du etwa,

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