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Auf den ersten Blick

Auf den ersten Blick

Titel: Auf den ersten Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Wallace
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ein seelenloses Titanding, das sie ihrem nichtsnutzigen Bruder abgekauft hatte und eigentlich nie benutzte, auf dem ihr Hintern schrecklich aussah und das im Flur herumstand, unbenutzt und ungeliebt.
    Denn es ist egal, wie jemand auf einem Foto wirkt. Was zählt, ist das, was außerhalb passiert.
    Und genau das verhinderte, dass meine Schwärmerei abhob. Mein Herz und meine Hoffnung blieben, wo sie waren, ich stand mit beiden Beinen fest verwurzelt in einem Videospielladen an der Caledonian Road.
    Ich setzte den Kessel auf, und Dev drehte das CLOSED -Schild um, damit da OPEN stand. Sofort flog die Tür auf.
    »Hallo, Dev. Hallo, Jason.«
    »Hey, Pawel.«
    »Dev, du schuldest mir vier Pfund. Und außerdem sechs für Jezynowka.«
    »Absolut!«, sagte Dev. »Aber vorher brauche ich deinen Rat.«
    »Wobei?«
    »Ich plane, einer der Deinen den Hof zu machen.«
    Pawel machte einen etwas leeren Eindruck.
    »Ein Mädchen namens Pamela. Pam- eh -la. Ich brauche etwas Dialog. Interessante Sachen, die man sagen kann. Tipps.«
    Pawel nickte feierlich.
    »Aus dem Café?«
    »Genau die!«, sagte Dev. »Hübsch. Braune Haare mit breiten, blonden Strähnen.«
    »Ja. Da wirst du Hilfe brauchen. Das ist bestimmt die langweiligste Frau der Welt.«
    Dev wirkte verdutzt.
    »Sie scheint mir geheimnisvoll .«
    »Nein, nein. Total langweilig. Echt langweilige Frau.«
    Ich beschloss, Pawel und den erstaunten Dev mit dem Thema allein zu lassen, und stapfte nach oben.
    Arbeit. Nein, Kaffee. Erst Kaffee, dann Arbeit. Aber ech ten Kaffee. Nicht Devs Instant. Nicht, weil ich Instant nicht mögen würde. Ich mag einfach nur Devs Instant nicht. Sarah hat mich auf richtigen Kaffee gebracht. Ich glaube, es war eigentlich nur Angeberei. Sieh mich an, mit meiner Cafetière und meinen speziellen Kaffeetassen und meinen Fairtrade-Bohnen. Im Geiste sah ich sie und Gary plötzlich vor mir, wie sie selbst gemachten Caffè Latte tranken, barfüßig im Schneidersitz auf polierten Dielen hockten, in weißen Leinenhosen, in Räumen mit frischen Blumen, und sich Croissants teilten und Coldplay hörten und sich süffisant gegenseitig sarkastische Kolumnen vor lasen und darüber lachten, wie blödsinnig alles war.
    »Jason!«, rief Dev von unten. »Kannst du mal kommen?«
    »Was ist?«, rief ich.
    »Könntest du mal kurz auf den Laden aufpassen? Pawel will mir ein polnisches Liebeslied beibringen!«
    Dev war fünfzehn, vielleicht zwanzig Minuten weg. Er hatte die Titelmusik von Golden Axe im Laden laufen lassen. Ich stellte sie ab, sobald die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, und machte Magic FM an.
    Ich verstehe so gut wie nichts von Videospielen. Es gibt Fakten, die ich hervorwürgen, und Sachen, die ich sagen kann, aber etwas davon zu verstehen – das ist was völlig anderes. Es erschwert die Interaktion mit jenen tapferen Seelen, die Power Up! betreten. Manchmal bluffe ich, wenn sie wie Leute aussehen, die man täuschen kann, aber oft genug gebe ich mich geschlagen und muss zugeben, dass ich nur den Laden hüte. Manchmal sind sie dann erleichtert. Was bedeutet, dass sie schon mal von Dev gehört haben. Die Zeitschrift Retro Gamer brachte kürzlich ein Interview mit ihm und nannte ihn »Großbritanniens letzte Bastion qualitativ hochwertiger Retrogames«. Das ließ er sich auf Visitenkarten drucken und hängte den gerahmten Artikel hinter dem Tresen auf, gleich neben einem signierten Foto von Dave Perry, dem »unbeirrbaren Game-Junkie«, einem Joypad, das einmal Big Boy Barry gehört hatte, und einem Foto von Danny Curley, dem »European Games Playing Champion 1992 «, von dem er meinte, er sei zwar mal im Laden, aber nicht ansprechbar gewesen, weil er so schüchtern war.
    Der DJ bei Magic FM machte gerade einen Witz über das Wetter, als das kleine Glöckchen über der Tür bimmelte. Ich blickte auf und erstarrte.
    Es war Matthew Fowler – der Junge, den ich in Erdkunde unterrichtet hatte, na ja, nicht wirklich unterrichtet. Der Junge, der da rumgesessen hatte, während ich auch da rumsaß. Der Junge, der fast einem anderen Jungen die Augen ausgestochen hätte. Der Vater eines zehn Monate alten Kindes, das vermutlich schon in zehn Monaten selbst bei Jeremy Kyle oder Trisha irgendwen ankeifte.
    Er hatte seine Kapuze vom Kopf gestrichen, und irgendwo in seiner Jogginghose hörte man das blecherne tik-tik-tik eines MP 3 -Players.
    Sein Blick zuckte zu mir, dann wieder weg, und er fing an, in einer Kiste mit gebrauchten Spielen und CD s herumzuwühlen.
    Er hatte

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