Auf den ersten Blick
Schweigens.
Und dann …
»Was für eine Kamera?«
Ich lachte. Mikey schob seinen Kopf aus dem Fenster.
»Komm schon, Ab!«
Sie wollte sich gerade auf den Weg machen, da sagte sie: »Ich bin in zwei Wochen wieder da … wenn du Lust hast, können wir ja einen Kebab essen gehen.«
Ich zeigte ihr die Teufelshörner.
Diesmal aber richtig.
elf
Oder: › › Lazyman ‹ ‹
Als ich aufstand, machte Dev gerade Frühstück. Ich sage »machte Frühstück«. Er hatte den Wasserkocher angestellt.
»Bringst du mir auch einen?«, rief er, und ich konnte hören, wie mir die frühmorgendlichen Klänge von Modern Warfare 3 entgegensäuselten.
Ich brachte ihm seinen Tee und ließ mich aufs Sofa fallen.
»Dobranoc« , sagte er, ohne sich vom Bildschirm abzuwenden.
»Ich. Hatte. Einen. Genialen. Abend«, sagte ich.
»Ja? Was war los?«
»Rock ’n’ Roll, mein Freund«, sagte ich. »Rock ’n’ Roll war los. Ich hab mir ne Band angesehen, und danach waren wir im Pub.«
»Wow«, sagte er. »Rock ’n’ rolliger geht’s nicht. Ein Pub! Dagegen kann ich nicht anstinken!«
» The Kicks , Dev. Ich hab die Jungs kennengelernt, und die waren supercool, und wir haben uns total gut verstanden. Und da war ein Mädchen. Sie heißt Abbey … ich glaub, die steht auf mich.«
»Ihre Managerin, ja?«
Ich sträubte mich. Dev sah, dass ich mich sträubte. Ich weiß nicht, wie ich aussehe, wenn ich mich sträube, Dev aber wohl. Vielleicht sträube ich mich ja immer .
»Wollte eine gute Kritik, ja?«
»Nein, es ist … ich war zufällig nach dem Gig noch da, und …«
»Siehst du die Leute noch mal wieder?«
»In zwei Wochen vielleicht …«
»Nachdem die Kritik erschienen ist?«
»Wir sind noch nicht fest verabredet, aber …«
»Genau. Wird nicht passieren. Vergiss das mit Abbey. Es geht nicht um Abbey.«
Damit warf Dev sein Gamepad weg.
»Oh!«, sagte er. »Fast hätte ich es vergessen! Super Idee!«
»Was?«
»Ich hab deine Nachricht gesehen! Für das Mädchen!«
Ich blinzelte. Was?
»Ich hab’s gesehen!«, sagte er noch einmal.
»Das mit dem Kebab?«
»Wie? Nein. Was denn für ein Kebab? Ich meine die in London Now . Sehr lustig. Echt frech.«
»Ich hab nichts Lustiges geschrieben. Und auch nichts Freches. Ich war einfach nur sachlich. Fast wie bei einem Geschäftsabschluss. Unmissverständlich.«
Dev lächelte mich an, als wäre ich ganz schön dreist, und dann warf er mir ein Exemplar von London Now zu.
Ich fand die richtige Seite und las.
Wo bist du? Wir trafen uns in der Charlotte Street. Du stiegst ins Taxi. Ich hab da noch was, was dir gehört. Melde dich, wenn ich es dir wiedergeben soll.
»Ich konnte es gar nicht glauben!«, sagte Dev. »Du hast überhaupt nicht erzählt, dass du so was vorhast. Aber es war echt clever. Nutze, was sich dir bietet! Trau dich was! Ich fand’s lustig!«
Aber es hatte gar nicht lustig sein sollen. Es ist nicht einfach, mit nur dreißig Worten lustig zu sein. Eigentlich nur achtundzwanzig. Die Worte »Wo bist du?« waren frei, und ich hatte darauf geachtet, dass die Anzeige exakt achtundzwanzig Worte lang war, um meine Gabe für präzise Kommunikation zu zeigen und meine vernünftige Seite zu demonstrieren. Ob achtundzwanzig Worte dafür allerdings genügten?
Ich fing an, sie abzuzählen, während Dev weiterschwafelte, und fragte mich, ob eigentlich die geringste Chance bestand, dass sie die Nachricht vielleicht auch gelesen hatte. Ob sie eine Mitbewohnerin hatte, die sie beim Frühstück damit nervte …
Moment.
Ich zählte noch mal. Und noch mal.
Siebenundzwanzig .
»Ich meine«, sagte Dev. »Ich fand es dreist, aber manchmal mögen Frauen das, oder? Wenn man etwas riskiert …«
Siebenundzwanzig ?
Und dann begriff ich.
Clem war ins Büro zurückgekommen, weil er sein Feuer zeug vergessen hatte, und da muss ich meine Nachricht wohl vorschnell abgeschickt haben, denn wieso sollte ich, und jetzt – einen Tag später – wusste ich, wieso.
Da fehlte ein Wort.
Ein Wort, das meine taktvolle Nachricht in etwas verwandelte, das ich eigentlich vermeiden wollte. Ich hatte gelesen, was ich glaubte, geschrieben zu haben, weil ich mir darüber so lange den Kopf zerbrochen hatte.
Was gedruckt worden war, endete allerdings ganz anders. Was gedruckt worden war, endete mit:
Melde dich, wenn ich es dir geben soll.
Ich schloss die Augen, dann schlug ich sie wieder auf und las noch mal.
Es dir geben? Nein! Es dir wieder geben! Melde dich, wenn ich es dir wieder geben
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