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Auf den ersten Blick

Auf den ersten Blick

Titel: Auf den ersten Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Wallace
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ein magisches Stück Pizzahimmel teilten, doch nein: Sie deutete auf einen Kellner, der etwas trug, das ich als Jason-Priestley-T-Shirt mit passender Mütze bezeichnen möchte, und sie wirkte besorgt.
    »Ich schätze, es ist tatsächlich etwas ungewöhnlich«, sagte ich, bevor ich dringlich hinzufügte: »Ich habe dich nicht hergebracht, um dich zu beeindrucken. Ich will dich nicht beeindrucken.«
    »Na, das ist ja schön zu wissen.«
    »Nein, ich meine, wenn ich dich beeindrucken wollte, dann würde ich es auf andere Weise tun.«
    »Dein Name ist überall «, sagte sie bei einem Blick in die Speisekarte.
    »Ich weiß«, sagte ich. »Ich weiß.«
    »Guck mal. Die haben noch andere Zitate genommen und sie unter die entsprechenden Gerichte gesetzt. Die Margherita ist ›ein Gedicht‹!«
    Ich nahm die Speisekarte und sah sie mir an.
    »Dann muss es wohl so sein«, sagte ich kopfschüttelnd. »Was merkwürdig ist, denn normalerweise bin ich kein Freund davon. Hör mal – möchtest du hier raus? Vielleicht möchtest du lieber einen Cocktail oder einen Pie.«
    Sie sah mich an und kräuselte die Nase. Das machen nicht viele Menschen.
    »Hallo, Sir! Hallo, Madam!«
    Es war der Geschäftsführer. Er war wieder da. Und er brachte milde Gaben.
    »Mit besten Wünschen vom Haus!«, sagte er wohlmeinend und voller Stolz.
    Zwei riesige Gläser, randvoll mit Krabben und grünem Salat, mit reichlich pinkfarbener Soße übergossen und umzingelt von kleinen Abrizzi-Cocktail-Fähnchen mit winzigen Jason-Priestley-Zitaten darauf.
    Warum? Warum hatte ich mir mit dem Zitat nicht mehr Mühe gegeben? Hemingway hatte Hunderte, allesamt brillant. Wilde spuckte sie aus wie Kirschkerne. Was ist, wenn mich die Menschen nur dafür in Erinnerung behalten, wenn ich einmal nicht mehr bin? Soll das etwa mein Vermächtnis sein?
    »Oh, danke, das ist …«, setzte ich an, und als ich aufblickte, konnte ich sehen, dass der Geschäftsführer sich wünschte, ich würde etwas anderes sagen, etwas Nettes, das sie auf einen Flyer drucken oder vielleicht hinten an ein Flugzeug hängen konnten, um damit über London herumzufliegen. »Das ist ja ein toller Krabbencocktail.«
    Der Geschäftsführer schenkte mir ein halbes Lächeln, ging das Zitat im Stillen durch, drehte und wendete es, wusste aber, dass er »Das ist ja ein toller Krabbencocktail« für seinen nächsten Marketing-Coup vermutlich nicht gebrauchen konnte. Er wich zurück, wendete seinen Blick keinen Moment von unseren Krabben ab, um sicherzugehen, dass sie genau richtig waren, immer noch perfekt, und wir warteten darauf, dass er verschwand.
    »Vielleicht doch lieber Pie«, sagte Abbey.
    Wir saßen gegenüber der Percy Passage, und insgeheim war ich zufrieden. Abbey stand auf Pie, nicht auf Cocktails. Zeigt mir ein Mädchen, das auf Pie steht, und ich zeige euch ein Mädchen, das zu leben weiß. Zeigt mir ein Mädchen, das Cocktails mag, und ich werde ihm ein Kompliment für seine Schuhe machen, denn eins weiß ich genau: Sie benehmen sich seltsam, wenn man es nicht tut.
    »Und wie lautet das offizielle Urteil über diesen Laden hier?«, sagte sie und sah sich mit der Gabel in der Hand um. »Kommt hier auch gleich jemand im Jason-Priestley-Overall raus und singt den Jason-Priestley-Song über qua litativ hochwertige Pasteten zum ganz, ganz kleinen Preis?«
    Ich lachte verlegen.
    »Was für ein Zitat hast du den Leuten hier gegeben?«, sagte sie.
    »Ich schwöre bei Gott, ich hatte keine Ahnung, dass die vom Abrizzi’s eine dezidierte Jason-Priestley-Kampagne fahren. Hätte ich es gewusst, wäre es buchstäblich der allerletzte Laden in London gewesen, dann hätte ich dich nie dorthin gelockt.«
    »Ja, ja«, sagte sie. »Schon klar.«
    Und sie lächelte.
    Ich freute mich, dass sie sich gemeldet hatte. Aus heiterem Himmel. Gleich am nächsten Tag. Ich fühlte mich geschmeichelt, weil sie Zeit mit mir verbringen wollte. Und freute mich, dass weder von den Kicks noch von der Plattenkritik die Rede war. Ich empfand es als erfrischend, einfach nur mit jemandem auszugehen, ohne unterschwel lige Erwartungen. Ja, okay, im kalten Licht des Tages wurden unsere Gegensätze deutlicher. Sie war jung und cool und scharf, und ich war ein Mann, dessen Name auf billigen Mützen in einer mittelmäßigen Pizzeria geschrieben stand. Hier begegneten sich zwei Menschen, die einander mochten, schlicht und ergreifend.
    »Ich wollte dich um einen Gefallen bitten.«
    Vergessen Sie alles, was ich eben gesagt habe.
    »Dann

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