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Auf den ersten Blick

Auf den ersten Blick

Titel: Auf den ersten Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Wallace
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bekommen hatte. »Und nein, ich habe nicht rumgefragt. Ich wusste nicht, wen ich fragen sollte. Oder was.«
    »Also hast du nur dagestanden?«
    »Ich habe ein Foto gemacht«, sagte ich und hielt die Einwegkamera hoch. »Und nachgedacht.«
    »Oh«, sagte Dev. »Na … das bringt bestimmt was. Worüber hast du denn nachgedacht?«
    »Ich habe mich gefragt, was sie auf dem Friedhof von Highgate gemacht hat. Wie es zu diesem Foto gekommen ist. Einen Tag steht sie draußen vor der Pelzfabrik, am nächsten isst sie Muscheln in einem altmodischen Restaurant … aber nanu? Rendezvous Nummer drei! Ein unheimlicher Friedhof! Das ist doch bloß Zufall.«
    »Natürlich ist es kein Zufall. Es muss einen Zusammenhang geben. Das ist eine Einwegkamera. Ich sage dir, ein Foto führt zum nächsten.«
    »Das glaube ich nicht. Nicht immer gibt es einen Zusammenhang!«
    Dev hob die Hände und sah mich mit einer Miene an, als hätte er es mir schon hundertmal gesagt.
    »Diese. Fotos. Hängen. Zusammen. Wäre es ein Videospiel, wärst du auf – sagen wir – Level sechs , ›Der Friedhof‹, und langsam würde alles einen Sinn ergeben.«
    »Hör zu«, sagte ich. »Manchmal ist das Leben nur das Leben. Hier passiert was, da passiert was, und oft genug hat das eine mit dem anderen nichts zu tun. Sie war in einem Restaurant, sie war auf dem Friedhof …«
    »Auf einem bestimmten Teil eines Friedhofs …«
    »… alles andere sind Mutmaßungen.«
    Ich sagte es abschließend, damit Dev das, was sonst noch in seinem Kopf vorgehen mochte, für sich behielt. Es schien zu funktionieren.
    »Möchtest du Kolasz?«, seufzte er.
    »Was ist das?«, sagte ich. »Bier?«
    »Käsekuchen.«
    »Nein danke.«
    Eine Stunde später piepte mein Handy. Sprachlos warf ich einen Blick darauf und nahm es mit ins Wohnzimmer, damit Dev es sich ansah.
    »Es ist rätselhaft, wenn ein Pavian vom Baum fällt.«
    Altes Sprichwort der Shona, Simbabwe
    Ich weiß nicht, was das mit dem Pavian zu bedeuten hat. Es stand bei den anderen Sprüchen auf der Website und ist mein kläglicher Versuch, diesen Blogs Themen zu geben, damit Ihr acht nicht das Interesse verliert.
    Somit kann ich mir jetzt also den Versuch sparen, Euch zu erzählen, ich hätte erst kürzlich gesehen, wie ein Pavian von einem Baum gefallen ist, denn wenn ich einem Pavian begegnet und er vom Baum gefallen wäre, hätte ich es Euch definitiv schon erzählt. Ich hätte es auch gleich via Twitter verbreitet. »Hab eben einen Pavian vom Baum fallen sehen. Es war so was von rätselhaft!«
    Also erzähle ich Euch stattdessen was anderes: Heute habe ich mich gefragt, ob er wohl versucht hat, Kontakt aufzunehmen. Ich habe mir eine neue Nummer besorgt, als alles in Scherben lag. Am Ende hatte ich einen besseren Vertrag als vorher, also hat vielleicht doch alles seine gute Seite.
    Merkwürdig ist nur, dass ich die ganze Zeit wusste, wie es enden würde. Was habe ich denn eigentlich erwartet? Dass er irgendwas ändert? Oder dass er weiter das tut, was er schon immer getan hat?
    Ich schätze, es ist wohl nicht besonders rätselhaft, wenn ein Pavian auf dem Baum bleibt. Menschen sind berechenbar.
    Ich fühle mich gerade ganz schön schlau.
    Nun seid Ihr also acht Leute, die das hier lesen. Acht! Ich frage mich, ob wir uns schon mal auf der Straße begegnet sind. Ich frage mich, ob Ihr mich erkennen würdet, wenn Ihr mich seht. Mein Dad sagte immer, Menschen könnten sich auf den ersten Blick erkennen.
    In dieser Stadt leben sieben Millionen Fremde, und heute werde ich einige davon anlächeln, für den Fall, dass einer von ihnen nach mir suchen sollte.
    Es wäre allerdings peinlich, wenn keiner davon es täte.
    Sx

zwölf
    Oder: › › Don’t Leave Me Alone With Her ‹ ‹
    Es war richtig peinlich.
    Ich hatte keine Ahnung gehabt, welchen Treffpunkt ich Abbey vorschlagen sollte, als sie mir die SMS schrieb. Ich war richtig baff gewesen. Sie hätte sich nicht melden sollen. Dev hatte mich überzeugt. Er hatte gesagt, es sei nur um die Plattenkritik gegangen, und bei Licht betrachtet hatte ich widerstrebend eingeräumt – ja, so war es wohl. Sie war jünger als ich, cooler als ich. Und doch hatte sie mir geschrieben, ohne ein Wort über die Kicks zu verlieren, und gesagt, sie sei am Wochenende in der Stadt, weil ein Freund Geburtstag hatte, und ob ich vielleicht mit ihr einen Happen essen wollte oder irgendwas.
    Ich hatte ihr schnell geantwortet, weil ich fürchtete, das Angebot wäre so dauerhaft wie Staub auf einer

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