Auf den ersten Blick
lassen. Du darfst nicht ständig daran erinnert werden. ›Sarah ist verheiratet, Sarah amüsiert sich, Sarah braucht dich nicht mehr.‹ Du musst neu ansetzen, Kräfte sammeln, dann kannst du sie vielleicht wieder in dein Leben lassen, aber bis dahin wirst du dich in den Menschen verwandelt haben, der du dafür sein musst.«
Ich weiß nicht, ob es an dem lag, was sie sagte, oder daran, wie sie es sagte, aber es klang vernünftig, und obwohl ich es mir nicht anmerken ließ, beruhigte ich mich doch. Vielleicht brauchte ich nur jemanden, der die Entscheidung für mich traf. Es wäre immerhin möglich.
Und dann … etwas Seltsames. Abbey kam ganz nah an mich heran. So nah, dass ich ihren Atem auf meinem Gesicht spüren, ihr Shampoo riechen und ihre Hand fühlen konnte, die an meinem Bein entlangstrich, und es war erregender als alles andere auf der Welt, dieses Mädchen neben mir, in meinem T-Shirt, so nah und so süß und so da.
Und sie küsste mich. Zart und lautlos küsste sie mich.
Sie lehnte sich zurück, strich ihren Pony aus der Stirn, sah lächelnd zum Fenster hin, dann wieder zu mir.
»Ich möchte, dass wir Freunde sind«, sagte sie.
Ich blinzelte.
»Hm?«
»Ich bin nicht das, was du brauchst.«
»Aber du hast mich geküsst. Oder wir haben uns geküsst. Aber du hast mich geküsst.«
»Ich wollte das nur aus der Welt schaffen, denn sonst würden wir beide nur dauernd daran denken, und das hat für uns keine Zukunft.«
Ich blinzelte noch mal.
»Hm?«
»Es ist viiiiieeel besser so«, sagte sie, griff sich ein Kissen und kuschelte damit, schuf eine Barriere. »Und außerdem habe ich sie gar nicht wirklich gelöscht.«
Sie lächelte.
»Wie bitte?«
»Ich habe sie nicht wirklich gelöscht. Das wäre doch krank. Man kann nicht einfach bei Leuten ins Haus spazieren und ihre Sachen löschen.«
»Das habe ich doch gesagt!«
»Nun, es ist ein wenig verletzend, dass du meinst, ich würde so was machen. Aber nachdem du nun weißt, dass du es tun kannst, dass du es darfst, dass es tatsächlich möglich ist, also … solltest du es tun.«
Ich blickte auf mein Notebook.
»Also!«, sagte Dev im Café unten an der Straße. »Ich hab ihn geknackt.«
Wir hatten Abbey zum samstäglichen Frühstück eingeladen. Ich war nach wie vor verwirrt. Noch nie hatte ich jemanden kennengelernt, der so schnell von einem Thema zum nächsten sprang. Die Leute, die ich kannte, überlegten eine Weile. Sie brüteten ihre Gedanken aus, hegten und pflegten sie und hielten »impulsiv« für ein Deo dorant. Aber irgendwie war es belebend.
Matt war mit dem Fahrrad auf dem Weg zu uns. Dev wollte ihm einen Teilzeitjob in seinem Laden anbieten, wie er sagte, als wir uns gerade auf den Weg machten, »denn ich habe das Gefühl, ich kann Matt dazu inspirieren, sein Potenzial auszuschöpfen«. Ich war beeindruckt. Mir war nicht klar gewesen, dass der Laden genug abwarf, um Leute einstellen zu können. Oder dass Dev ein Mensch war, der andere inspirieren konnte, denn ich war mir ziemlich sicher, dass er heute seine Pokemon-Unterhose trug.
»Was hast du geknackt?«, sagte Abbey, doch wir schwiegen alle, als Pamela, die Kellnerin, unser Essen brachte. Ich fing Devs Blick auf, als er mit einiger Mühe versuchte, sie nicht anzusehen, doch was war das? Hatte sie sich ihm eine Sekunde länger gewidmet als nötig? Hatte sie ein Lächeln parat, für den Fall, dass er mal wieder eine polnische Phrase ausprobierte? Dev tat so, als wischte er etwas besonders Klebriges vom Tisch, während Pamela unser Besteck hinlegte und entschwebte.
»Ich fahre eine langfristige Strategie«, sagte Dev verschwörerisch. »Damit sie mich vermisst.«
»Das klappt bestimmt«, sagte Abbey. »Worum geht’s denn nun? Was hast du geknackt?«
»Den Code. Das Thema. Wir suchen im Chaos dieser Fotos nach einem zentralen Thema.«
»Ich nicht«, sagte ich. »Ich suche nur das Mädchen. Damit ich ihr die Fotos wiedergeben kann und damit ich in diesem Jahr wenigstens irgendwas zustande gebracht habe.«
»Darum geht es eigentlich?«, sagte Abbey lächelnd. »Manche Männer klettern auf Berge, um ihre Marke zu setzen, andere schwimmen durchs Meer, aber Jason Priestley bringt Fundsachen zurück.«
»Und was ist das Thema?«, sagte ich. »Was verbindet diese Fotos? Und denk dran, es sollte mich auf direktem Weg zu ihr führen. Vermutlich ist dein Vorschlag idiotensicher, genau wie deine Pamela-Strategie.«
Dev holte tief Luft, dann sah er Abbey an.
»Ist diese Frau
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