Auf den Flügeln des Adlers
Muskeln massierte.
Manfred antwortete nicht, sondern entließ seine Marinesoldaten. Als sie allein waren, wandte er sich Michael zu. »Mister Brown hat durch seine eigene Hand den Tod gefunden.« Michael wusste, dass der Preuße nicht log. Das wäre unter den gegenwärtigen Umständen auch nicht nötig gewesen. »Er hat einen Brief verfasst, in dem es heißt, sein Selbstmord sei eine Geste des guten Willens und der Anerkennung des zwischen uns beiden getroffenen Abkommens.« Der Baron sprach sehr leise und voller Respekt über den Tod seines alten Feindes. »Doch seine offiziellen letzten Worte lauten anders. Sie besagen, dass er sich das Leben genommen habe, weil er die durch seine Krankheit verursachten Schmerzen nicht mehr ertragen konnte. Ich werde die Behörden von seinem Tod unterrichten und dafür sorgen, dass er ein anständiges Begräbnis erhält. Sie sind frei, Mister Duffy. Horace hat mir erzählt, dass Sie noch in dieser Woche nach Afrika reisen werden, um Ihren Sohn zu suchen. Ich wünsche Ihnen alles Gute.«
Was konnte er schon sagen oder tun?, dachte Michael, als er von dem bulligen deutschen Marineunteroffizier zum Kai eskortiert wurde. Horace war tot.
Der Regen trommelte immer noch auf die Stadt herab, und die eisige Kälte biss Michael in Gesicht und Hände. Aus seinen Wunden sickerte auch jetzt noch Blut, und das Hemd unter seiner Jacke war ganz steif davon. Doch während er sich langsam von dem deutschen Schiff entfernte, spürte er die bittere Kälte nicht. Ihm wurde bewusst, dass er noch am Leben war. Für den Augenblick war das genug1. Später würde er den Verlust seines alten Freundes betrauern, dessen mutiges Opfer ihn vor einem qualvollen Tod gerettet hatte.
36
Gordon James’ ruhmreicher Sieg über die wilden Kalkadoon wurde mit einem Bankett im besten Hotel von Cloncurry gefeiert. Eine Rede folgte auf die andere, und Bier und Schnaps flossen in Strömen, bis in der kleinen Grenzstadt kein Tropfen Alkohol mehr aufzutreiben war.
Doch Gordon fühlte sich unbehaglich. Er kam sich vor wie ein Hochstapler, denn die Krieger, die sich seiner zahlenmäßig überlegenen Streitmacht entgegengestellt hatten, wurden mit jeder Schilderung der historischen Schlacht mehr. Eigentlich hatte er erklären wollen, dass eine Hand voll mutiger Krieger ihr Leben geopfert hatte, um den Stamm vor der unausweichlichen Vernichtung zu retten. Aber er war auch Pragmatiker. Die Übertreibung konnte sich auf seinen Ruf bei seinen Vorgesetzten und den Grenzern von Queensland nur günstig auswirken. Wer wusste schon, welche Auszeichnungen er erhalten würde, wenn er seinen endgültigen Bericht einreichte?
Aber da war auch noch Sarah. So förderlich sich dieser Sieg für seine Karriere erweisen mochte, wenn er bei der Polizei blieb, würde er sie für immer verlieren. Wie sehr liebte er sie eigentlich? Über dieser Frage hatte er gebrütet, während er den Tischrednern lauschte, die von seinen Heldentaten schwafelten. Wenn er sein Herz prüfte, war die Antwort einfach. Er wusste, was er tun musste. Doch für den Augenblick genoss er es, dass sich die Festgäste erhoben und auf ihn und die Männer tranken, die er während der langen Jagd auf die aufrührerischen Eingeborenen geführt hatte.
Als die Feier vorüber war und Gordon seine Patrouille gesammelt hatte, begann er, sich nach Trooper Peter Duffy zu erkundigen, dessen Abwesenheit ihm bei seiner Rückkehr nach Cloncurry aufgefallen war. Die Männer zuckten die Achseln. Seit dem Tag, als er mit dem Versorgungstrupp in die Stadt gekommen war, hatte ihn niemand mehr gesehen. Er musste nach Townsville weitergeritten sein, dachte Gordon verärgert und zwar ohne Erlaubnis. Duffy hatte Befehl gehabt, in Cloncurry zu bleiben und sich um die Bevorratung des Trupps zu kümmern, der in die Godkin-Berge zurückkehren sollte. Wenn er erst wieder in der Kaserne war, würde Gordon ihm die Leviten lesen.
Wochen später ritt Gordon in Townsville ein. Er war froh, wieder zu Hause zu sein. Die übertriebene Version seines Sieges war von der begeisterten Lokalpresse gedruckt worden und wurde allgemein als wahr akzeptiert. Sein Vorgesetzter, Superintendent Gales, überhäufte den jungen Offizier, der für die ehrenhafte Erwähnung der berittenen Eingeborenenpolizei verantwortlich war, mit Lob. Er wies ihn an, sofort seine Berichte für Brisbane zu verfassen. Die Patrouille sollte in die Kaserne zurückkehren. Der Sold musste ausbezahlt werden, und verloren gegangene und
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