Auf den Flügeln des Adlers
beobachtete, wie die drei die Baracke verließen. Gordon James stand nun auch auf der Liste derjenigen, mit denen er eines Tages abrechnen würde.
Als Gordon und die beiden Polizisten draußen waren, konnte sich der Kleinere der beiden nicht länger beherrschen. »Sir, bei allem Respekt, aber Trooper Calder wird verschwunden sein, noch bevor Sie wieder in Ihrem Büro sind.«
»Ich weiß«, erwiderte Gordon gelassen, während er die beschlagnahmte Diebesbeute aus der Tasche holte. »Ich gehe davon aus, dass Sie die Wahrheit sagen.« Damit reichte er dem anderen die Münzen und Scheine. »Deshalb kann ich Ihnen Ihr Eigentum genauso gut gleich zurückgeben.«
Der Polizist sah ihn ungläubig und verwirrt an, nahm das Geld aber entgegen. »Aber warum, Sir?«, fragte er. »Warum lassen Sie den Mistkerl laufen?«
»Haben Sie genügend Beweise dafür, dass Calder Sie und Trooper Davies bestohlen hat?«, fragte Gordon in aller Ruhe. Als der kleine Polizist die Stirn runzelte, war Gordon klar, dass dies nicht der Fall war. Er hatte sich nicht getäuscht. Aber er kannte beide Männer gut, er wusste, dass man sich auf ihre Worte und Taten verlassen konnte. »Mir ist es lieber, Calder verschwindet aus der berittenen Eingeborenenpolizei. Das Risiko, dass eine Anhörung zu seinen Gunsten ausgeht, will ich nicht eingehen. Ich hoffe, die Sache ist damit erledigt.«
Die Polizisten grinsten. Ihr vorgesetzter Offizier war gewaltig in ihrer Achtung gestiegen. »Welche Sache, Sir?«, fragte der Kleinere der beiden mit verschwörerischem Zwinkern.
Gordon lächelte. Jetzt konnte er sich auf sein Abendessen bei Kate Tracy freuen. Viel wichtiger war ihm allerdings, dass er Sarah Duffy sehen und ihr sagen konnte, was sein Herz bewegte.
Wie Gordon es vorausgesehen hatte, war James Calder noch vor Sonnenuntergang verschwunden.
Als Gordon zum Essen erschien, trug Sarah Duffy das Kleid, das Onkel Michael ihr geschenkt hatte. Sie bemühte sich, Gordon nicht allzu auffällig über den Tisch hinweg anzustarren, vor allem, weil ihn seine Mutter Emma begleitete.
Emma James erkannte auf den ersten Blick, dass Sarah bis über beide Ohren in ihren gut aussehenden Sohn verliebt war. »Ein schönes Kleid, Sarah. Ist es neu?«, fragte sie höflich, und Sarah erzählte ihr, dass sie es von ihrem Onkel geschenkt bekommen hatte.
Emma gehörte zu den wenigen Menschen, die die wahre Identität des geheimnisvollen Michael O’Flynn kannten der angeblich Amerikaner irischer Abstammung war. Ihr Mann, Gordons Vater, war zehn Jahre zuvor im Dienst ums Leben gekommen, aber sie hegte keinen Groll gegen Kates Bruder. Henry hatte sich der Expedition freiwillig angeschlossen, die Jagd auf Captain Mort machte. Sein Leben lang hatte er das Risiko geliebt, und der endlose Horizont seiner Wahlheimat lockte ihn stets aufs Neue. Es war sein Schicksal gewesen, mit Männern, die fühlten wie er, ewig gen Westen zu reiten.
Sarahs häufige Besuche bei Emma, bei denen sie sich stets erkundigte, ob Gordon geschrieben hatte, ließen keinen Zweifel daran, dass sich die junge Frau für ihren Sohn interessierte. Emma war damit vollkommen einverstanden, schließlich kannte sie Sarah schon, seit die als Kind zu Kate gekommen war. Wenn Kate geschäftlich unterwegs war, hatte sich Emma häufig um die drei Waisen gekümmert, die Tom und Mondo hinterlassen hatten. Und in vielerlei Hinsicht nahm Emma in Sarahs Herz einen besonderen Platz ein – sie war für sie zu einer Art Lieblingstante geworden.
Nach dem Essen zogen sich Kate und Emma in den Salon zurück, um mit Matthew zu spielen. Beide Frauen spürten die Spannung zwischen dem jungen Paar und ließen die beiden daher auf der Veranda vor dem Haus allein.
Jetzt, da er Sarah zum ersten Mal seit seiner Rückkehr aus Cloncurry für sich hatte, fehlten Gordon die Worte. Von der Schlacht, deren Bilder ihn immer noch verfolgten, wollte er nicht reden. Genauso wenig wollte er sich auf eine Diskussion einlassen, bei der sie am Ende auf Peter zu sprechen kommen würden, der mittlerweile offiziell als Deserteur galt.
Sarah ließ sich auf einem Stuhl nieder, während Gordon steif am Geländer stand und in die Dämmerung hinausstarrte. »Was ist zwischen dir und meinem Bruder vorgefallen?«, fragte sie, als hätte sie seine Gedanken gelesen.
»Wir scheinen uns auseinander entwickelt zu haben«, entgegnete er leise. »Dein Bruder ist sich offenbar nicht darüber im Klaren, wem er Loyalität schuldet.«
»Loyalität? Was soll das
Weitere Kostenlose Bücher