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Auf den Flügeln des Adlers

Titel: Auf den Flügeln des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watt
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zerklüfteten, von Mimosen bedeckten Hügel der Küste, in denen der quirlige Militärhafen Suakin lag. Vor ihm öffnete sich das Tor zur Hölle. Nach der langen, gefährlichen Patrouille erschien ihm Suakin wie das Paradies. Ein kühles Bad, dachte er sehnsüchtig, und ein Bummel über die Basare der Stadt mit den weißen Steinhäusern. Eine gute Gelegenheit, für seine Familie daheim in Colchester exotische Geschenke zu erstehen.
    Der junge Offizier kratzte sich im verdreckten Gesicht, und unter seinen schmutzigen Fingernägeln löste sich die Haut. Das Leben unter der unbarmherzigen Sonne Afrikas hatte sein Gesicht dauerhaft verbrannt. Zwar war die Rötung längst verschwunden, aber sein einstiger Pfirsichteint wirkte fleckig, denn unter den trockenen Hautfetzen kam eine tiefe Bräune zum Vorschein. Für den früheren Offizier in der Kavallerie Ihrer Majestät war die Versetzung zum Kamelregiment der Garde ein harter Schlag gewesen. Das strahlende Bild vom flotten Kavalleristen war nicht so recht mit der Arbeit mit den gewaltigen, unbeholfen wirkenden Tieren vereinbar. Doch die Zeit und die bemerkenswerte Ausdauer der riesigen, häufig zänkischen Ungeheuer hatten ihn von ihren Vorzügen überzeugt. Auf den langen Erkundungsstreifzügen in das sonnenverbrannte, zerklüftete Land der Derwische waren sie nicht zu schlagen.
    Der Lieutenant suchte die öde Felsenwüste, in der nur hin und wieder ein Busch wuchs, mit seinem Fernglas ab, entdeckte jedoch nichts Bemerkenswertes. Keine Beduinenlager oder Konzentrationen von Derwisch-Kriegern, kein Hinweis darauf, dass feindliche Patrouillen unterwegs waren, die wie er für ihre Armee Aufklärung betrieben und Informationen sammelten. Hinter ihm saßen die beiden Soldaten, die ihn begleiteten, schwitzend und von winzigen Insekten geplagt auf ihren Kamelen und kratzten sich. Sie hatten die gegen den Sand schützende Brille abgenommen und rieben sich mit dem schmutzigen Handrücken die Augen.
    »Mensch, Harry«, grummelte einer der Männer, »sieht so aus, als ob Mister Sutherland noch weiter nach Süden will.«
    Sein Kamerad blickte zu dem jungen Offizier hinüber, der etwa fünfzig Schritt vor ihnen auf einer kleinen Erhebung stand.
    »Könntest Recht haben«, meinte er. Offenbar hatte der Anführer ihrer Patrouille etwas entdeckt, das seine Aufmerksamkeit erregt hatte.
    Lieutenant Alexander Sutherland beugte sich vor und stellte sein Fernglas scharf, bis die verschwommenen Umrisse der einsamen Gestalt, die auf die Streife zutaumelte, schärfer wurden. Obwohl der Mann etwa einen halben Kilometer entfernt war, konnte Sutherland erkennen, dass er groß und breitschultrig war. Anscheinend trug er eine zerlumpte Uniform der britischen Armee. »Trooper Krimble und Haley zu mir«, rief er leise. Die beiden Kavalleriesoldaten trieben ihre Kamele vorwärts. »Da draußen, etwa vierhundertfünfzig Meter vor uns, läuft ein Mann herum, der so was wie eine britische Uniform trägt«, erklärte Sutherland. Mit dem Fernglas deutete er über den Sand auf die flimmernde Gestalt, die sich im Hitzedunst drehte und wendete. »Besser gesagt: das, was von der Uniform übrig ist. Sehen Sie ihn?«
    Trooper Harry Krimble beschattete mit der Hand die Augen. Trotz aller Anstrengung sah er nur die Silhouette eines Mannes. Er ließ sein Kamel niederknien, stieg ab und nahm den Henry-Karabiner von der Schulter. Dann legte er den Lauf der geladenen Waffe über den Sattel und schob die Kimme nach hinten, sodass er aus großer Entfernung schießen konnte. Besser, er erledigte den Fuzzy-Wuzzy gleich da draußen, nur für den Fall, dass der Mann nicht allein war. Harry hob das Gewehr an die Schulter, wobei er den Sattel seines Kamels als Stütze benutzte, um besser zielen zu können.
    »Noch nicht schießen«, warnte Sutherland. »Warten Sie, bis er auf hundert Meter heran ist, bevor Sie feuern, Trooper Krimble. Sieht aus, als hätte er uns bemerkt. Anscheinend will der Bursche es mit uns aufnehmen.«
    »Sind Sie sicher, dass Sie den Verrückten so nah ranlassen wollen, Sir?«, fragte Krimble, der das Korn seines Gewehrs beständig auf das sich unaufhaltsam nähernde Ziel gerichtet hielt. »Vielleicht hat der ’n paar Kumpels dabei.«
    »Das bezweifle ich«, erwiderte Sutherland. »Ich kann das Gelände vor uns überblicken. Der ist allein. Wahrscheinlich ist er von seiner Streife getrennt worden und will sich einen Platz im Paradies sichern, indem er uns angreift. Den Wunsch können wir ihm

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