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Auf den Flügeln des Adlers

Titel: Auf den Flügeln des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watt
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erfüllen.«
    »Da haben Sie Recht, Sir«, grinste Krimble, wobei er die Kimme wieder auf einhundert Meter stellte.
    Geduldig warteten sie unter der glühenden Sonne, während sich die Gestalt stetig, wenn auch schwankend näherte. Bei einhundert Metern hatte Krimble den Mann voll im Visier. Schon wollte er den Abzug betätigen, als er seinen Offizier brüllen hörte. »Feuer halt! Nicht schießen!«
    Verwirrt sahen sich die beiden Soldaten an, da Lieutenant Sutherland sein Fernglas fallen ließ und vom Kamel sprang. Wieso sich der junge Offizier plötzlich so für das Wohlergehen des Fuzzy-Wuzzy interessierte, der auf sie zutaumelte, war ihnen ein Rätsel. Allerdings besaß keiner der beiden Kamelreiter ein Fernglas, daher hatten sie die grünen Augen im tiefbraunen Gesicht des Mannes nicht gesehen.
    »Captain Patrick Duffy«, drang es aus den aufgesprungenen Lippen, als die sonnenverbrannte Gestalt Lieutenant Sutherland in die Arme taumelte. »Von der Schottischen Brigade. Komme direkt aus der Hölle …«
    Patrick kehrte mit der Kamelstreife nach Suakin zurück. Von dort schickte man ihn auf das Lazarettschiff Ganges, das vor den weiß getünchten Häusern der Hafenstadt Suakin im Roten Meer ankerte; hier sollte er sich von den dreiwöchigen Strapazen erholen. Die Tatsache, dass der Vermisste wieder aufgetaucht war, rief ganze Schwärme von Zeitungsreportern auf den Plan.
    Unter den Korrespondenten befand sich auch ein Mann, der für die Zeitung arbeitete, die mittlerweile Lady Enid Macintosh gehörte.

39
    George Godfrey begrüßte das Dienstmädchen, das ihm Hut und Mantel abnahm und seinen Gruß mit einer warmen Vertrautheit erwiderte, die im Laufe seiner häufigen Besuche bei Lady Enid Macintosh entstanden war. Er schüttelte die draußen herrschende Kälte des frühen Wintertags ab und trat in den großen Salon, wo ihn die angenehme Wärme eines im Kamin prasselnden Feuers empfing. Enid empfing ihn mit einer Lebendigkeit, die Godfrey lange an ihr vermisst hatte. Zwei Tage zuvor war ein Telegramm mit der Nachricht eingetroffen, dass Patrick lebe und sich bester Gesundheit erfreue. Die Neuigkeit hatte sie schlagartig verjüngt, und in ihren Augen brannte die Entschlossenheit, die sie ihr ganzes Leben lang ausgezeichnet hatte. Noch einmal war sie bereit, ihrem Schwiegersohn die Kontrolle über die Familienunternehmen streitig zu machen. Schließlich würde ihr Enkel, der bald zu ihr zurückkehren sollte, ihr als Verbündeter zur Seite stehen.
    Ein strahlendes Lächeln des Triumphs lag auf Enids Gesicht, als sie durch den Raum rauschte, um Godfrey zu begrüßen.
    »Ich wusste, dass er noch am Leben ist«, sagte sie, während sie seine Hände nahm. »Er erholt sich im Moment in Suakin.«
    Godfrey drückte ihre Hände leicht und führte sie zu einem Sofa, wo sich beide setzten. »Ihr Enkel hat von seinem Vater wirklich das Glück der Iren geerbt.«
    Schuldbewusst wandte Enid den Blick ab und starrte ins Feuer. Offenkundig reichte schon diese indirekte Erwähnung Michael Duffys aus, um ihre überschäumende Freude in düstere Niedergeschlagenheit zu verwandeln. »Michael Duffy dürfte in den nächsten zwei Wochen in Suakin eintreffen«, fügte er hinzu. »Die Wahrscheinlichkeit, dass er seinem Sohn begegnet, ist groß.«
    »Ich weiß«, erwiderte Enid, die unverwandt in die Flammen blickte. »Das fürchte ich auch.«
    »Früher oder später musste es geschehen.« Er versuchte, sie mit einem sanften, beruhigenden Händedruck aufzumuntern. »Das muss Ihnen doch klar gewesen sein. Warum beunruhigt es Sie, wenn der Junge seinen Vater kennen lernt? Schließlich war es doch Ihre Idee, dass er Patrick sucht.«
    »Ja, aber damals war die Lage verzweifelt. Inzwischen weiß ich, dass mein Enkel noch lebt. Es war dumm und voreilig von mir, mich an Mister Duffy zu wenden.«
    »Das würde ich nicht sagen, Enid«, meinte Godfrey liebevoll. »Michael Duffy ist ein sehr fähiger Mann.«
    »Und er ist auch fähig, Patrick um sein Erbe zu bringen, indem er ihn dazu überredet, seine papistische Religion beizubehalten.«
    Godfrey erhob sich und ging zu dem offenen Kamin, wo er mit dem Rücken zum Feuer stehen blieb. Er blickte Enid an. »Ist es denn so wichtig, dass Patrick seine Religion zugunsten der Ihren aufgibt?«
    Sie nickte. »Der Name Macintosh ist untrennbar mit der protestantischen Kirche Englands und Schottlands verbunden.«
    So einfach war das also, dachte George. Nichts in Enids Leben war einfach, abgesehen von ihrer

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