Auf den Flügeln des Adlers
fremdartige, aber aufregende Welt der Mittelmeerküche kennen. Bald entwickelte auch Catherine eine Vorliebe für das bäuerliche Essen, das er bevorzugte. Besonders gut schmeckten ihr pikante Oliven, Ziegenkäse und ungesäuertes Brot.
Doch am aufregendsten war die körperliche Liebe mit ihm. In ihrer ersten Nacht hatte er sie auf eine sinnliche Reise mitgenommen, auf der sie sowohl größte Zärtlichkeit als auch animalische Leidenschaft kennen lernte. Bis dahin hatte Catherine nur geahnt, dass die körperliche Liebe solch wilde Erfüllung bringen konnte. Nie zuvor hatte sie bei einem Mann gelegen, doch schon beim ersten Mal mit Michael hatte sie das Gefühl gehabt, ihr Körper hätte diese Leidenschaft schon immer gekannt. Mit ihm wurde der Akt zu einem spirituellen und körperlichen Erlebnis. Ein Kaleidoskop von Farben tanzte vor ihren Augen, während ein Aufruhr der Gefühle durch ihren Körper tobte. Michael zu verlieren wäre für sie unerträglich gewesen.
»Meine kleine irische Rose«, sagte Michael schließlich, als er sich von dem Panorama abwandte, »heute muss ich ein paar Dinge erledigen. Wenn du willst, kannst du auf den Markt gehen und für unser Abendessen einkaufen.«
Catherine runzelte die Stirn. Es kam selten vor, dass er sie nicht einlud, ihn zu begleiten. Sein Vorschlag irritierte sie nur noch mehr. Ich benehme mich wie ein dummes, kleines Mädchen, schalt sie sich selbst. Auf keinen Fall darf er merken, dass ich traurig bin. »Kann ich nicht mitkommen?« Hoffentlich klang ihre Frage nicht allzu flehentlich.
Michael entnahm einer Blechdose eine stechend riechende türkische Zigarette und zündete sie an. Es treibt mich zum Wahnsinn, wie gut er aussieht, dachte Catherine, während sie ihn dabei beobachtete, wie er zufrieden das stinkende Kraut paffte.
Der Rauch hing in der stillen, warmen Luft. »Ich sehe dich heute Abend«, sagte Michael. »Es geht um Geldgeschäfte.«
»Ich habe Geld«, wandte Catherine hastig ein. »Das Erbe meines Großvaters reicht für uns beide, ein ganzes Leben lang.«
Michael zog an seiner Zigarette und lächelte zärtlich. »Das ist dein Geld, Catherine, und so soll es auch bleiben. Ich bin ein Mann, und die erste Regel für jeden Mann lautet, sich nicht von Frauen aushalten zu lassen. Es ist Aufgabe des Mannes, für seine Frau zu sorgen.«
Der finstere Ausdruck auf Catherines Gesicht verschwand. Er hatte sie »seine Frau« genannt! »Ich werde dich vermissen«, sagte sie mit einem sanften Kuss auf seine Stirn. Den Schmerz in seinem Gesicht, als er sich abwandte und zur Tür hinausging, bemerkte sie nicht.
Michael saß an einem wackligen Tisch vor einem Cafe und sah den Bewohnern des griechischen Dorfes bei ihren täglichen Geschäften zu. Manchmal warf der eine oder andere dem großen Fremden mit der schwarzen Lederklappe über dem Auge einen neugierigen Blick zu. Ohne die Einheimischen groß zu beachten, zog Michael an einer Zigarette und spielte mit seinem Glas starken, schwarzen Kaffee. Trübe Gedanken plagten ihn, als er den Brief noch einmal las, den er vor Catherine sorgsam verborgen gehalten hatte.
Vater Eamon O’Briens Schreiben hatte Michael auf verschlungenen Pfaden erreicht. Der Priester kannte Michaels Aufenthaltsort nicht, vermutete aber, dass er in der Vergangenheit mit der düsteren Welt der internationalen Geheimdienste in Verbindung gestanden hatte. Auf gut Glück hatte er seinen Brief deshalb dem britischen Außenministerium zugesandt, das den Iren schließlich in Griechenland aufgespürt hatte.
Der Mann, der Michael die Nachricht übergeben hatte, kam nun über den gepflasterten Platz auf ihn zu. Eine jüngere Ausgabe von Horace, dachte Michael.
»Mister Duffy, ich hoffe, es geht Ihnen gut«, sagte der Neuankömmling, während er sich unaufgefordert an Michaels Tisch niederließ.
Michael studierte sein Äußeres. Sandfarbenes Haar, hellblaue Augen, ein mageres, nervöses Gesicht. Vermutlich Mitte zwanzig. Dem schweißdurchtränkten weißen Anzug nach zu urteilen hatte er einen langen Fußmarsch hinter sich. Einer wichtigeren Persönlichkeit hätte man bestimmt ein Transportmittel zur Verfügung gestellt.
»Mister Clark, schön, dass Sie es doch geschafft haben.« Michael lächelte über die aufgelöste Erscheinung des Mannes. »Ich hoffe, meine Bedingungen waren für Ihre Arbeitgeber akzeptabel.«
Clark zog ein Tuch aus der Tasche und wischte sich damit die Stirn trocken. »Sie müssen nur unterschreiben, dass Sie einverstanden
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