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Auf den Flügeln des Adlers

Titel: Auf den Flügeln des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watt
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Verletzte Europäer und Eingeborene waren auf Balaclava ein alltäglicher Anblick, und sie genoss als Krankenschwester in der Gegend einen Ruf, der dem eines Arztes vergleichbar war.
    Ein eingeborener Polizist stieß den Gefesselten vor sich her, während Gordon das quietschende Tor öffnete und auf dem schmalen Pfad aus gestampfter Erde voranging. Als er sich dem Haus näherte, wurde ihm bewusst, dass Sarah ihn nicht aus den Augen ließ.
    »Der Mann ist offenkundig Ihr Gefangener, Inspektor«, stellte Missus Rankin fest, während sie Wasser in ein Emailbecken am Wassertank hinter dem Haus goss. »Was hat er denn getan?«
    »Einige Menschen getötet«, erwiderte Gordon. Die Vergewaltigung erwähnte er nicht. Warum sollte er die freundliche Frau beunruhigen?
    Lüstern starrte Calder Sarah an, die sich ihnen ebenfalls angeschlossen hatte. »Glotz sie nicht so an, du Schwein«, knurrte Gordon.
    »Sie wollen sich die Schwarze wohl selbst für später aufheben, James, was?«, erwiderte Calder grob.
    Gordon fühlte sich sehr versucht, ihm einen Faustschlag ins Gesicht zu verpassen, aber er hielt sich zurück. Er wollte nicht riskieren, Calder noch schlimmer zuzurichten. Je länger er lebte, desto länger konnte er sich vor dem Strang fürchten.
    Adele Rankin funkelte Calder wütend an.
    »Tut mir Leid, Missus«, sagte dieser, während ein entschuldigendes Grinsen über sein Gesicht huschte.
    »Sarah, hol saubere Tücher aus dem Haus und bring mir meinen Verbandskasten«, befahl Adele, während sie den schmutzigen Verband vom Kopf des Verletzten löste, um die Wunde zu untersuchen. Mit äußerster Vorsicht tastete sie das blutverklebte Haar ab. »Schädel scheint intakt, keine Fraktur.«
    Calder zuckte fluchend zusammen, als die Wunde unter ihren tastenden Fingern erneut zu bluten begann. »Ich nähe die Wunde, das sollte reichen, um ihn für Ihre Zwecke am Leben zu halten.«
    »Mehr braucht er nicht?«, fragte Gordon etwas überrascht. »Nur ein paar Stiche?«
    »Mehr kann ich nicht tun«, erwiderte sie, während sie darauf wartete, dass Sarah mit ihrer medizinischen Ausrüstung zurückkehrte. »Übrigens, Inspektor, Sie haben sich nicht vorgestellt«, setzte sie mit einer Offenheit hinzu, die sie die langjährige Arbeit mit Männern gelehrt hatte.
    »Entschuldigen Sie, Missus Rankin. Mein Name ist Gordon James.«
    »Gordon James«, wiederholte sie. Ihre Miene wurde plötzlich feindselig. »Aus Townsville?«
    »Früher ja, jetzt bin ich in Rockhampton stationiert.«
    »Dann sind Sie der Mann, der für die Ermordung der armen Schwarzen letztes Jahr oben im Norden verantwortlich ist. Wenn ich mich nicht irre, kennen Sie meine Gouvernante, Miss Sarah Duffy?«
    »Ja, stimmt beides«, murmelte er.
    »Dann sind Sie hier nicht willkommener als dieser Mann.« Sie deutete auf Calder.
    »Wir hatten nicht vor zu bleiben, Missus Rankin«, erwiderte Gordon höflich. »Wir wollten nur Ihre medizinischen Fähigkeiten in Anspruch nehmen. Sobald Sie meinen Gefangenen genäht haben, brechen wir auf.«
    Sarah kehrte mit einem kleinen Holzkästchen zurück, vermied es aber, Gordon anzusehen. Adele Rankin begann mit ihrem Werk, indem sie Calder das Haar um die Wunde abschnitt. Dieser beklagte sich bitterlich, aber sie fuhr ihn an, er solle sich wie ein Mann benehmen, und er hielt beschämt den Mund.
    Als sie ihre Vorbereitungsarbeiten mit der Schere beendet hatte, holte sie eine gefährlich aussehende Nadel und etwas Baumwollgarn aus dem Kästchen. »Halten Sie ihn fest«, wies sie den eingeborenen Polizisten an, der neben ihnen stand und die Vorgänge neugierig beobachtete. »Was ich jetzt tue, wird ihm nicht gefallen.«
    Der Polizist packte Calder an den Armen und zischte ihm eine Drohung ins Ohr. In seinem starken Griff und durch die geflüsterte Warnung eingeschüchtert, leistete der Gefangene keinen Widerstand, und die frühere Krankenschwester nähte die Wunde geschickt. Calder liefen vor Schmerz Tränen über das Gesicht, doch er blieb tapfer und wehrte sich nicht gegen die scharfe Spitze der Nadel.
    »So!«, verkündete sie triumphierend, als sie die Naht gesetzt hatte. »Fast fertig. Ich lege nur noch einen sauberen Verband an, dann können Sie aufbrechen, Inspektor.«
    »Danke für Ihre Hilfe, Missus Rankin.«
    Adele packte ihre Instrumente wieder ein und starrte Gordon an. »Keine Ursache. Ich hätte das sogar für Sie getan, wenn Sie medizinische Behandlung gebraucht hätten«, meinte sie höflich.
    Der Wink war überdeutlich. Kate

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