Auf den Flügeln des Adlers
geliebt und kann, soweit ich sehe, keinen anderen lieben. Du hast sie furchtbar verletzt, aber ihre Gefühle sind immer noch vorhanden, obwohl sie nie darüber spricht.«
»Woher wollen Sie das dann wissen?«
»Ich weiß es einfach. Ich kenne Sarah fast ihr ganzes Leben lang, und als Frau weiß ich, was eine andere Frau für einen Mann fühlt, selbst wenn es sich um ein wertloses Individuum wie dich handelt. Das ist eine Schwäche, unter der Frauen gelegentlich leiden … irgendwann in ihrem Leben lieben sie einen Taugenichts.«
Gordon starrte auf seinen Schreibtisch herab. Wahrscheinlich bezog sich Kate auf ihre erste Ehe mit Kevin O’Keefe. Er hatte keine Ahnung, dass sie dabei auch an ihre Affäre mit dem Anwalt dachte, den sie ihm empfohlen hatte. Seine Hände zitterten, und Kate wurde schnell klar, dass ihre Enthüllung über Sarahs geheime Gefühle in dem jungen Polizisten Emotionen ausgelöst hatte, die sie nicht erwartet hatte. Sie fragte sich, ob sie ihm jemals vergeben konnte. Doch ihm Grunde waren ihre Gefühle für Gordon James unwichtig, was zählte, war, was Sarah für Gordon empfand … und er für sie.
»Ich verdiene Sarah nicht«, flüsterte er, und Kate sah, wie ihm Tränen in die traurigen Augen stiegen. »Ich habe nicht das Recht, für all das, was ich Ihnen und Sarah angetan habe, um Vergebung zu bitten. Wenn ich mein Leben für Peter geben und Sarahs Liebe behalten könnte, würde ich es tun.«
»Ich glaube, du meinst wirklich, was du sagst, Gordon«, sagte Kate sanft, während sie die Hand ausstreckte und seine gefalteten Hände berührte. »Soweit ich weiß, hast du noch nie gelogen.«
Als er aufsah, wusste sie, dass sie sich nicht getäuscht hatte. In seinen feuchten Augen las sie einen entsetzlichen Schmerz. Gordon erinnerte Kate an seinen Vater vor vielen Jahren. Auch der hünenhafte Polizeisergeant hatte sie damals um Verzeihung gebeten.
Trooper Alma war überrascht, als er in das Büro spähte und den harten jungen Inspektor ohne Scham weinen sah. Angesichts des Kummers seines Mahmy schlich er verlegen mit den beiden Bechern, in denen der Tee dampfte, davon.
Am nächsten Tag saß Gordon in Hugh Darlingtons Büro. Der Anwalt sog die Luft mit einem saugenden Geräusch durch die Lippen, während er auf den Bericht starrte, den der Polizist zu den Umständen von Joe Heslops Tod verfasst hatte.
»Sagen Sie, Inspektor«, meinte er, als er schließlich aufsah und den jungen Mann anblickte, der sehr still auf seinem Stuhl saß. »Wo ist die Kugel in den Körper des Toten eingetreten?«
»Am Rücken«, erklärte Gordon ungeduldig, als ginge das aus seinem Bericht hervor.
»Und welche Waffe trugen Sie, als Mister Heslop erschossen wurde?«
»Einen .45er Single-Action-Armeecolt.«
»Und Mister Calder? Was für eine Waffe hatte er bei seiner Verhaftung bei sich?«
»Einen Snider-Karabiner, Kaliber 577.«
»Ist die Kugel aus Mister Heslops Körper wieder ausgetreten?«
»Nein.« Gordon zögerte. »Ich glaube nicht.«
»Wo befindet sich Mister Heslops Leiche im Augenblick?« fragte der Anwalt, als handelte es sich um ein Kreuzverhör vor Gericht.
»Er wurde in Barcaldine begraben.«
Triumphierend lehnte Hugh sich auf seinem Stuhl zurück. »Und welche Kugel würden wir wahrscheinlich bei einer Exhumierung in Joe Heslops Leiche finden?«
»Snider-Munition, Kaliber 577«, erwiderte Gordon ehrfürchtig, als ihm das Offensichtliche schwante. »Eine verdammte Karabinerkugel!«
»Ich glaube, Missus Tracy wird zunächst einmal die Kosten für eine Reise nach Barcaldine zu übernehmen haben. Und die Kosten für den Besuch eines Bekannten von mir, der zufällig früher Stabsarzt bei der Armee war und große Erfahrung mit Kriegsverletzungen und Schusswunden besitzt.«
Zum ersten Mal seit Wochen lächelte Gordon.
58
Vieles von dem, was Patrick Duffy aus dem Fenster des Eisenbahnwagens sah, erinnerte ihn an das Outback seines Landes. Die schweigsamen burischen Farmer glichen den Rooineks Australiens – konservative Männer, die nach den erbarmungslosen Regeln der unvorhersehbaren Launen der Natur lebten und in deren bärtigen Gesichtern sich Verachtung für alle Städter verbarg.
Seine Reise hatte ihn von den fruchtbaren Ebenen der Küste über die Bergkette, die sich wie ein zerklüftetes Rückgrat von Kapstadt im Südwesten bis nach Transvaal im Nordosten zog, zum Veld geführt, dem Grasland der westlichen Kapkolonie. Immer wieder hatte er sich über die Ähnlichkeiten der beiden
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