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Auf den Flügeln des Adlers

Titel: Auf den Flügeln des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watt
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hatte. Damals hatte er dem Fremden schwören müssen, seinem Onkel Daniel nichts von ihrer Begegnung zu erzählen.
    Mit einem leichten Fersendruck trieb er sein Pferd den sanften Hang hinunter. Der Mann erhob sich und blickte dem Reiter entgegen, der langsam den Hang herunterkam.
    Instinktiv legte Michael Duffy die Hand auf den Griff des großen Colt an seiner Hüfte. In seinem Leben waren alle Besucher potenzielle Feinde.

59
    Es war ein heißer Tag unter der glühenden Sonne, die auf das Land am Wendekreis des Steinbocks herabbrannte, und Kate hielt ihren Sonnenschirm griffbereit, während ihr Gepäck auf das Dampfschiff verladen wurde. Als sie sich davon überzeugt hatte, dass alles sicher untergebracht war, wandte sie ihre Aufmerksamkeit Gordon James zu. Ihr fiel auf, dass seine Uniform diesmal sauber und ordentlich gebügelt war. Außer ihm hatten sich nur ein paar bärtige Männer mit Planwagen eingefunden, um das Auslaufen des Küstenschiffes nach Townsville zu beobachten.
    Auf der Uferböschung hockte eine kleine Gruppe Ureinwohner aus der Fitzroy-Region und bettelte ohne großen Eifer um Tabak und Kleingeld. Mitleidig betrachtete Kate die Menschen vom einst so stolzen Volk der Darambal, die sich nun mit von Europäern abgelegten Lumpen zufrieden geben mussten. Sie fühlte sich ihnen verbunden, weil in ihren Adern Sarahs Blut floss, und fand es entsetzlich, dass sie betteln mussten.
    »Sie freuen sich wahrscheinlich darauf, nach Hause zu Ihrem kleinen Matthew zu kommen«, meinte Gordon, der bemerkt hatte, wie sehnsüchtig Kate ein nacktes Aborigine-Kleinkind betrachtete, das im Schlamm des Flussufers spielte.
    »Es kommt mir vor, als wäre eine Ewigkeit vergangen, seit ich ihn zum letzten Mal im Arm gehalten habe«, seufzte Kate. »Ich frage mich, ob er seine Mutter überhaupt noch erkennt.«
    »Das glaube ich schon«, erwiderte er mit einem freundlichen Lächeln. »Seine Eltern vergisst man nicht.«
    »Genauso wenig wie seine Kinder.«
    Er verstand die Andeutung und starrte über den Fluss auf einen Schwarm Pelikane, der knapp über dem Wasser dahinflog. Kate sah deutlich, dass er an etwas ganz anderes dachte als an ihre Abreise. Seine nächsten Worte bestätigten das.
    »Nach der Exhumierung in Barcaldine reite ich nach Balaclava. Ich kann nur beten, dass Sie Sarahs Gefühle für mich richtig einschätzen.«
    »Ich bin mir sicher, dass sie dir vergeben kann, Gordon«, sagte Kate leise und blickte ihm ins Gesicht. »Liebe ist viel mächtiger als Hass. Ich weiß, dass das leicht gesagt ist, aber meine persönliche Erfahrung hat mich gelehrt, dass Liebe die Härten des Lebens überdauert.« Bittersüße Erinnerungen stiegen in ihr auf an die Zeit, als sie von ihrem starken und gleichzeitig sanften Amerikaner getrennt gelebt hatte. Lange Jahre hatte sie verschwendet, weil sie sich ihre Liebe zu ihm nicht eingestanden hatte. Heute bedauerte sie das. »Das Leben ist zu kurz, um sich ständig darum zu sorgen, was alles passieren könnte«, fasste sie ihre einfache Philosophie zusammen.
    Gordon ließ den Kopf sinken und blickte von Kate zu den Ureinwohnern am Flussufer. »Was ich Sarah angetan habe, ist entsetzlich«, flüsterte er schließlich. »Ich frage mich, ob sie mir vergeben kann. Es wäre nur verständlich, wenn sie sich einem anderen zuwendet.«
    »Sie liebt dich mit ihrem Körper und ihrer Seele«, gab Kate leise zurück. »Wenn du bereit bist, um ihre Liebe zu kämpfen, ist es unwichtig, ob sie mit einem anderen verlobt ist. Ich weiß, dass Sarah dich in ihrem Leben braucht. Bis ich dir vor einer Woche begegnet bin, hätte ich ihre unausgesprochene Liebe für dich wahrscheinlich nicht unterstützt. Aber an deinen Augen habe ich gesehen, wie groß dein Schmerz ist. Du hast dich verändert.«
    »Sobald die Untersuchung abgeschlossen ist, quittiere ich den Polizeidienst – so oder so«, sagte er mit bitterer Entschlossenheit.
    »Ich glaube nicht, dass du dir um den Ausgang Sorgen machen musst«, beruhigte Kate ihn. »Mister Darlington hat mich über den Tatbestand informiert.«
    »Ich schulde Ihnen mehr, als Sie sich vorstellen können, Missus Tracy«, erklärte Gordon mit trauriger, distanzierter Stimme. »Einen Frieden, der nicht mit Geld zu bezahlen ist.«
    »Du wirst mir eine Menge Geld schulden, wenn mir Mister Darlington erst sein saftiges Honorar in Rechnung gestellt hat, Gordon James.« Kate lächelte breit. »Und ich erwarte dich bei der ersten Gelegenheit mit Sarah in Townsville, damit du deine

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