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Auf den Flügeln des Adlers

Titel: Auf den Flügeln des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watt
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wahrscheinlich fünfzehn Kilometer von hier auf dem Weg nach Prieska. Hab gehört, er steht mit seinem Planwagen in der Nähe einer Anhöhe. Genug Vorräte dürfte er wohl dabeihaben. Mehr weiß ich nicht.«
    »Hat er eine junge Frau bei sich? Das Mädchen auf dem Bild?«
    »Wie gesagt«, wiederholte der Wirt, »mehr weiß ich nicht.«
    »Danke. Wo kann ich hier in der Nähe ein Pferd und Proviant bekommen?«, fragte Patrick, während er von einem dicken Bündel Scheine zwanzig englische Pfund abzählte. Der Wirt leckte sich beim Anblick der druckfrischen Noten, die ihm der junge Mann in die Hand drückte, die Lippen. »Was ist mit dem Bild, das Sie mir abgekauft haben?«, rief er ihm nach, als Patrick aufbrach.
    »Das nehme ich mit, wenn ich zurückkomme«, erwiderte dieser über die Schulter. »Bewahren Sie es so lange für mich auf.«
     
    Patrick war ein Fehler unterlaufen: Er hatte angenommen, dass der Wirt der Verbindungsmann seines Vaters war. Tatsächlich mochte der Mann den Iren nicht besonders, weil er ihn verdächtigte, den burischen Gästen seines Lokals Waffen zu verkaufen. Nicht dass er Fragen gestellt hätte.
    »He, Engländer«, rief der älteste der Männer, die sich feindselig über Patricks Anwesenheit geäußert hatten, dem Wirt zu. »Hat der Rooinek Katerina gekauft?«
    »Ja, Lucas«, gab dieser zurück. »Damit hat er die Schulden seines Alten beglichen.«
    »Duffy ist der Vater von dem Rooinek ?« Der ältere Afrikaander warf seinen Gefährten einen Blick zu. »Der Engländer, der gerade hier war, riecht nach Soldat«, meinte er dann auf Afrikaans.
    Lucas Bronkhorst kannte sich mit englischen Soldaten aus. Fünf Jahre zuvor hatte er am entscheidenden Sturmangriff auf das schottische Bataillon teilgenommen, das die felsigen, baumlosen Höhen von Majuba Hill besetzt hielt. Der Sieg der Afrikaander gegen die Briten an jenem Tag stellte einen überwältigenden Erfolg der taktischen Fähigkeiten der Buren dar.
    Seine vier Gefährten nickten zustimmend. Lucas Bronkhorst warf eine Hand voll Münzen für ihre Getränke auf die Bar, und die Männer am Tisch erhoben sich, um sich ihm anzuschließen. Sie würden dem Rooinek folgen, um mehr über ihn in Erfahrung zu bringen. Vielleicht verriet ihnen das etwas über den Iren, der ihnen die deutschen Mauser-Gewehre verkauft hatte. Gewehre, die sich gleich bei der ersten Benutzung als kaputt erwiesen hatten!
    Die Afrikaander vermuteten, dass Duffy mit dem britischen Geheimdienst in der Kapkolonie in Verbindung stand. Das Auftauchen des jungen Rooinek schien Bronkhorsts Verdacht zu bestätigen. Wenn sich der jüngere Rooinek mit dem älteren traf, würden sie sich beide vornehmen und sie verhören. Danach mussten sie sie wahrscheinlich umbringen.
     
    Patrick ahnte nichts von dem Interesse, das sein Erscheinen in der Stadt bei den burischen Farmern ausgelöst hatte. Er verließ die Stadt auf einem Pferd von höchst zweifelhafter Qualität und führte ein noch armseligeres Packtier am Zügel. Sein Ritt ging nach Westen durch die ausgetrocknete Grassteppe der weiten Savanne und Hügel mit grünen Weiden. Die einzigen Menschen, denen er auf dem Weg nach Prieska begegnete, waren Eingeborene. Bewundernd betrachtete er die stolzen Gestalten: hoch gewachsene, gut gebaute Männer mit pechschwarzer Haut und auf dem Rücken der Mütter großäugige Kinder, die den Australier, der über ihnen auf seinem Pferd thronte, anstarrten und dabei am Daumen lutschten.
    Dieselben Schwarzen betrachteten voll unverhohlener Furcht die Kolonne von fünfzehn schwer bewaffneten Männern, die dem einsamen Reiter mit dem Packtier in gut eineinhalb Kilometer Abstand folgte. Das war nah genug, um Patrick immer wieder auf den Anhöhen auftauchen zu sehen, aber zu weit, als dass er das Burenkommando entdeckt hätte.
    Bei Sonnenuntergang ritt Patrick auf eine Anhöhe. Von diesem Aussichtspunkt blickte er auf das schlammige Wasser eines mäandernden Baches herab, der sich wie eine riesige braune Schlange durch die Ebene wand. Im üppigen Gras weideten neben einem Planwagen zwei Ochsen, die aus dieser Entfernung winzig aussahen. In dem steinigen Bachbett kniete ein Mann und spülte Geschirr ab. Er schien allein zu sein. Obwohl Patrick keine Einzelheiten unterscheiden konnte, hatte er das Gefühl, seinen Vater zum zweiten Mal in seinem Leben zu erblicken. Erinnerungen an einen großen einäugigen Amerikaner überschwemmten ihn, der ihm als kleiner Junge in Sydney einen Silberdollar geschenkt

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