Auf den Flügeln des Adlers
Sache im Sande verlaufen werde. Er selbst war sich da nicht so sicher. In seinem Leben schien alles schief zu gehen, obwohl er das unerschütterliche Vertrauen des Superintendent in ihn zu schätzen wusste. Daher hatte er auch akzeptiert, bis zum Abschluss der Untersuchung in Rockhampton zu bleiben.
Während er noch in seinem Büro aus dem Fenster auf den leeren Exerzierplatz starrte und über die Wechselfälle seines Lebens nachdachte, hörte er das Rattern eines leichten Einspänners, der draußen hielt.
Eine Frau sprach mit einem der eingeborenen Polizisten und erkundigte sich nach Gordon. Wenn er es nicht besser gewusst hätte, hätte er geschworen, es wäre Kate Tracy!
Er öffnete die Tür und stellte zu seiner Überraschung fest, dass sie tatsächlich vor ihm stand.
»Gordon«, begrüßte sie ihn steif. »Ich bin hier, um mit dir zu sprechen.«
»Kommen Sie herein, Missus Tracy.« Er hielt ihr die Tür auf, und sie rauschte an ihm vorbei.
Gordon folgte ihr und bot ihr einen Stuhl an. Kate nickte höflich und ließ sich anmutig darauf nieder. Offensichtlich hatte ihr unangekündigter Besuch den jungen Mann in einige Verwirrung gestürzt. Unbehaglich und verlegen stand er hinter seinem Schreibtisch und wusste nicht, was er sagen sollte. »Du könntest uns von einem deiner Männer Tee bringen lassen, Gordon«, sagte sie ruhig. »Ich bin von der Fahrt zur Kaserne ziemlich durstig.«
»Natürlich«, erwiderte er dankbar und rief: »Trooper Alma!«
»Mahmy.« Der Polizist, der die Veranda vor dem Büro gefegt hatte, eilte zur Tür und stand dort stramm, während er auf seine Befehle wartete.
»Besorg mir und Missus Tracy Tee, aber schnell. Verstanden?«
»Ja, Mahmy. Ganz schnell.«
Während der eingeborene Polizist verschwand, um aus der Gemeinschaftsküche der Kaserne einen Teekessel zu holen, setzte Gordon sich. »Ich bin ziemlich überrascht, Sie hier zu sehen, Missus Tracy«, begann er stirnrunzelnd.
»Ich war geschäftlich in Rockhampton«, erwiderte Kate kühl, »als ich von deiner gegenwärtigen Lage gehört habe. Es heißt, man wirft dir vor, bei einer Verhaftung einen Mann getötet zu haben.«
»Ich habe ihn nicht ermordet«, gab er zornig zurück. »Dieser verlogene Calder hat ihn in den Rücken geschossen …«
»Das habe ich ja auch gar nicht behauptet«, schalt Kate.
»Tut mir Leid, wenn ich wütend geworden bin«, sagte Gordon mit leiser Stimme. »Aber bei mir ist einfach alles schief gegangen – das wissen Sie ja selbst.«
Kate betrachtete den jungen Mann genauer. Seine Uniform war zerknittert, dabei erinnerte sie sich noch gut daran, dass er immer wie aus dem Ei gepellt gewirkt hatte. Er sah müde und erschöpft aus, und sie fühlte fast so etwas wie Mitleid für ihn. »Du fragst dich bestimmt, warum ich den Weg hierher auf mich genommen habe. Eine besondere Zuneigung zu dir ist jedenfalls nicht der Grund für meinen Besuch, das weißt du, nach allem was du mir und Sarah angetan hast.«
»Neugierig bin ich schon«, gestand er mit müder Stimme.
»Ich wollte wissen, ob du schon an einen Rechtsvertreter für die Untersuchung gedacht hast.«
»Nein, ich dachte, das wäre nicht nötig. Ich wollte mich einfach an die Tatsachen halten.«
»Bei deinem Glück solltest du dich wirklich an einen Rechtsanwalt wenden. Ich denke dabei an eine bestimmte Person – einen gewissen Hugh Darlington, der eine Kanzlei in Rockhampton hat.«
»Ich habe von ihm gehört. Er ist der örtliche Abgeordnete im Parlament. Aber ich glaube nicht, dass ich ihn mir leisten könnte.«
»Die Kosten übernehme ich«, sagte Kate.
Gordon sah sie scharf an. Ihre Großzügigkeit und ihre unverlangte Hilfe kamen für ihn völlig unerwartet. »Sie würden mir helfen? Nach allem, was ich Ihnen angetan habe?«
»Es geht nicht um mich«, gab sie leise zurück. »Ich tue es aus Respekt für das Andenken deiner lieben Eltern. Und für Sarah.«
»Sarah?«
»Ja, um Sarahs willen. Für sie wäre es eine Katastrophe, wenn du gehängt würdest. So, wie du den Mund aufreißt, scheint das für dich eine Überraschung zu sein.«
»Ich … ich … ja«, stotterte Gordon, während er versuchte, seine Gedanken und Gefühle so weit zu ordnen, dass er eine vernünftige Antwort geben konnte. »Warum sollte es Sarah interessieren, ob ich lebe oder sterbe? Schließlich ist sie mit einem anderen verlobt.«
»Wahrscheinlich, weil sie nie wirklich aufgehört hat, dich zu lieben, Gordon«, erwiderte Kate seufzend. »Sie hat dich immer
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