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Auf den Inseln des letzten Lichts

Auf den Inseln des letzten Lichts

Titel: Auf den Inseln des letzten Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Lappert
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auf den schweren Holztisch, der bis auf zwei Stifte und Nancys Heft leer war, und Wesley machte es ihm nach.
    »Kinder, aufgepasst!« Nancy hatte sich vor die Wandtafel gestellt, auf die jemand einen Baum, eine Blume, ein Haus, Wolken und eine Sonne gezeichnet hatte. »Chester, bitte komm zu mir.«
    Chester warf einen kurzen Blick auf Megan, dann kletterte er von seinem Stuhl und ging nach vorne.
    »Also Chester. Wo bist du? Wo ist Chester?«
    Chester drehte den Kopf und sah Megan an.
    »Ja, Chester, wir haben Besuch heute. Deshalb musst du dich ganz besonders anstrengen. Also: Wo ist Chester? Chester ist … auf dem Baum?«
    Chester schüttelte den Kopf.
    »Chester ist auf der Wolke?«
    Chester schüttelte erneut den Kopf.
    »Chester ist im Haus?«
    Chester nickte heftig.
    »Genau. Und wo ist das Haus? Zeig es mir.«
    Chester ging näher an die Tafel und tippte mit dem Finger gegen das gezeichnete Haus.
    »Sehr gut. Und wo ist die Wolke?«
    Chester zeigte auf die blaue Kreidewolke.
    »Richtig. Und die Sonne? Wo ist die Sonne, Chester?«
    Chester deutete auf die Sonne, eine gelbe Kugel, aus der schnurgerade Strahlen auf das Haus, den Baum und die Blume fielen.
    »Gut gemacht, Chester.« Nancy tätschelte Chesters Kopf. »Du kannst dich wieder setzen.«
    Der Schimpanse ging zu seinem Tisch und setzte sich hin.
    »Das war einfach«, sagte Nancy und schob die Wandtafel zur Seite. Dann ging sie zu den Kisten, von denen fünf an der Wand standen, und klappte bei einer den Deckel hoch. »So, und jetzt bist du an der Reihe, Wesley.« Sie nahm ein Blatt Papier aus einer Klarsichtmappe, die an der Innenseite des Truhendeckels befestigt war. »Ach, du kannst ja gar nicht herkommen. Megan, wären Sie so lieb?«
    Megan half ihr, die Kiste zu Wesleys Tisch zu tragen.
    »Danke, Herzchen.« Nancy hielt das Blatt auf gestreckte Armeslänge von sich und kniff die Augen zusammen. »Mal sehen. – Hier.« Sie ließ das Blatt sinken und blickte dem Bonobo ins Gesicht. »Wesley, bitte gib mir den Tennisball. – Den Tennisball.«
    Wesley wandte sich Megan zu und schürzte die Lippen.
    »Sagen Sie es ihm.«
    »Gib mir bitte den Tennisball, Wesley.«
    Wesley hielt sich mit einer Hand am Pult fest, lehnte sich über die Kiste und suchte mit der anderen Hand zwischen den Gegenständen nach dem gesuchten Objekt. Er nahm ein Modellflugzeug, eine Plastikschaufel, einen Kinderschuh, einen Löffel, eine Vogelfeder und ein Buch in die Hand und hielt Megan schließlich den gelben Tennisball hin.
    »Hey, danke.« Megan nahm den Ball. »Bravo.«
    »Gut gemacht, Wesley«, sagte Nancy. »Und jetzt gib uns die Trillerpfeife.«
    Wesley sah Nancy an, dann Megan.
    »Die Trillerpfeife, Wesley«, sagte Megan.
    Wesley begann erneut die Kiste zu durchwühlen, in der mindestens fünfzig Gegenstände lagen. Wenig später hielt er eine Spielzeugtrompete in der Hand und betrachtete sie.
    »Trillerpfeife«, sagte Nancy.
    Wesley legte die Trompete zurück in die Kiste und suchte weiter. Als er die Pfeife, ein übergroßes Modell aus rotem Kunststoff, gefunden hatte, gab er sie Megan.
    »Sehr gut, Wesley.«
    »Und was kann man mit der Trillerpfeife machen, Wesley?«, fragte Nancy. Sie legte Wesley eine Hand auf die Schulter, worauf Wesley sich zu ihr umdrehte. »Was – machen – mit der – Pfeife?«
    Wesley nahm die Pfeife aus Megans Hand, steckte sie sich zwischen die Lippen und blies hinein. Der Ton, der entstand, war so hoch und schrill, dass Chester sich die Ohren zuhielt. Megan lachte, und Nancy schrieb etwas in das Heft.
     
    Nach dem Unterricht, der eine knappe Stunde gedauert hatte, setzten sich Nancy und Megan auf die Veranda, tranken Limonade und aßen Erdnusskekse, die Rosalinda nach einem Rezept von Nancys Mutter gebacken hatte. Chester turnte auf einem Geflecht aus Seilen herum, die zwischen drei Bäumen gespannt waren, während Wesley ihm mit seinem Stoffhasen im Arm zuschaute. Der Schimpanse vollführte ein paar gewagte Manöver, als wollte er dem jungen Bonobo zeigen, was er alles konnte, ohne herunterzufallen und sich den Fuß zu brechen. Im Wald, der hinter dem Haus lag, riefen ab und zu Vögel, und wenn es ganz still war, glaubte Megan die Brandung zu hören, die in der Ferne gegen die Felsen schlug, ein kaum wahrnehmbares Rauschen, vom Wind ins Inselinnere getragen.
    »Soll ich raten, was Sie gerade denken?«
    Megan sah Nancy an. »Was denn?«
    »Sie denken: Hier könnte ich ewig bleiben.«
    Megan lachte. »Na ja. Ewig.«
    »Sagen wir, ziemlich

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