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Auf den Inseln des letzten Lichts

Auf den Inseln des letzten Lichts

Titel: Auf den Inseln des letzten Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Lappert
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sich zufrieden über das Resultat und Megans freiwilligen Einsatz gezeigt. Um nicht den Eindruck entstehen zu lassen, er und Malpass täten nichts, erzählte er etwas von Vorbereitungen im Laborgebäude und dem Zusammenstellen der Requisiten. Dann lud er eine Kiste mit Obst und Getränken ab und fuhr in seinem Jeep weg.
    Sie brachten das übriggebliebene Material und das Werkzeug zu dem Wellblechschuppen, in dem früher die Werkstatt untergebracht war und in dem ein Traktor ohne Reifen, mehrere Anhänger in verschiedenen Größen, Rasenmäher und Schubkarren standen. An einer Wand zogen sich Werkbänke entlang, an einer anderen Schränke, denen zum Teil die Türen fehlten. Über den stählernen Querträgern, auf denen das Dach lastete, lagen Leitern, Bretter und Maschendrahtrollen. In einer Ecke sah Megan einen halbzerlegten Dieselgenerator neben den Einzelteilen eines riesigen Motors, in einer anderen Solarpaneelen und einen Tank aus schwarzem Kunststoff, groß wie ein VW-Bus. Der Boden, eine dünne, von Rissen durchzogene und an vielen Stellen aufgebrochene Zementschicht, war bedeckt von einer fingerdicken Lage trockener, staubfeiner Erde. Kleine Vögel flatterten zwischen den Metallstreben unter dem Dach hin und her, als übten sie hier drin das Fliegen. Die Luft roch nach Dieselbenzin und vermodertem Laub, und Megan spürte, wie sich ihre Poren öffneten und ihr das T-Shirt an der Haut klebte.
    »Mein Nacken bringt mich um«, sagte Carla. Sie wusch die Farbrolle in einem der Waschbecken aus und ließ den Kopf kreisen. Als sie undMegan den Hahn aufgedreht hatten, kam zuerst nur ein leiser Klagelaut aus der Leitung, das Aufstoßen eines kleinen kranken Tieres, warme Luft. Dann war ein Rinnsal bräunlicher Flüssigkeit geflossen und schließlich so etwas wie Wasser.
    »Ich gehe gleich schwimmen.« Megan hatte den Pinsel gereinigt und wusch jetzt ihre Hände. Sie hatte alle zehn Zahlen nachgemalt und danach Jay Jay geholfen, die Stangen für die fiktiven Häuser aufzustellen. Sie war müde, aber der Gedanke an kühlendes Wasser, an träge Bewegungen und Stille machte sie munter genug, um den Gang zum Strand auf sich zu nehmen.
    »Ich werde duschen und mich eine Weile hinlegen«, sagte Carla.
    Ester schrubbte sich die blaue Farbe von den Händen. »Ich komme mit«, sagte sie.
     
    Eine halbe Stunde später schwammen Megan und Ester im Meer, das ruhig war und bis auf den Grund durchdrungen vom milden Licht der Abendsonne. Sie bewegten sich parallel zum Strand, weil Ester sich nicht hinaus ins Tiefe traute. Ab und zu tauchte Megan, berührte den Sand und hob einen Stein oder eine Muschel auf und glitt wieder nach oben, um ihren Fund Ester zu zeigen, wie sie früher, vor einer Ewigkeit, Schätze vom Teichgrund geholt und Tobey gezeigt hatte.
    Ester war keine gute Schwimmerin. Sie hob das Kinn so weit aus dem Wasser, dass ihr Blick in den Himmel ging statt über die sanfte Landschaft der Wellen, den schillernden Lichtfilm auf der Oberfläche. Sie bewegte die Beine fast gar nicht, was zur Folge hatte, dass ihre Haltung eher stehend als liegend war und sie ihre ganze Kraft auf die Arbeit der Arme verwendete, hektisch und ohne jeden Rhythmus. Manchmal, nachdem sie vor lauter Angst, Wasser zu schlucken, eine Weile nicht geatmet hatte, schnappte sie, den Kopf in den Nacken gelegt, japsend nach Luft. Schon nach wenigen Minuten war sie so erschöpft, dass sie ins Flache zurückpaddelte, um sich auszuruhen.
    Irgendwann legten sie sich in den Sand, da, wo er feucht war und die Wellen ihre Füße erreichten. Megan sah eine Weile in die himmelblaue Leere, dann schloss sie die Augen. Sie hörte Ester neben sich atmen und wollte nicht traurig sein, und es gelang ihr. Sie spürte, wie das Salz aufihrem Gesicht trocknete. Ein einzelner Vogel stieß einen kurzen Schrei aus, dann noch einen, immer wieder, bis er aufhörte, weil niemand ihm antwortete.
    »Megan?«
    »Ja?«
    »Wie bist du hierhergekommen?«
    »Fischer haben mich gebracht. In einem Boot.« Megan setzte sich auf. Ester trug die gleichen Sachen wie beim Malen, und Megan kam sich komisch vor in ihrem Bikini, den sie in einem Shop im Londoner Flughafen gekauft hatte, zwei Stunden vor dem Flug nach Borneo.
    Ester zog die Beine an, umschlang sie mit den Armen und legte die Stirn auf die Knie. Sie sah aus wie jemand, der sich auf einen Zusammenstoß oder Absturz vorbereitet. »Hat Torben dich geholt?«
    »Ich habe ihn hier zum ersten Mal gesehen.«
    Ester scharrte mit einem Fuß im

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