Auf den Inseln des letzten Lichts
eines Maulwurfs sitzen. Er sah sie nackt am Ufer des Teichs in der Abendsonne liegen. Er sah sich ihre Hefte lesen, stolz und eifersüchtig, weil er noch keine eigene Sprache hatte. Er sah sie neben Vater auf dem Traktor sitzen und winken, als käme sie nicht mehr zurück. Er sah sich durch schulterhohes Gras gehen, der gewundenen Schneise ihres Körpers folgend, atemlos vor Angst und Neugier. Er sah sie auf dem Hügel über dem Meer sitzen und auf ihn warten. Er sah ihr Gesicht über seinem schweben, hörte sie flüstern.
Als der Name in das Holz graviert war, erhob Tobey sich und ging zum Friedhof. Der Wind wurde kräftiger, ein hochfahrendes Atemholen, ein leichtes Schieben und Zerren von allen Seiten. Die Wolkenkulisse war weggeräumt, der Horizont eine schnurgerade Linie, hinter der dunkles Licht aufstieg. Tobey sah Miguel, der am Motor des Dieselgenerators schraubte. Rosalinda saß neben ihm im Schatten und nähte, Chester zu ihren Füßen. Tobey hörte sie reden, er winkte, aber sie bemerkten ihn nicht. Er ging über das Feld und durch den Kokoshain und musste an das Floß denken, das er hatte bauen wollen. Während er auf die Stelle hinter der Senke zuhielt, wo der Weg zum Friedhof abging, stellte er sich vor, auf dem Meer zu treiben, unter sich nur ein Netz gefüllt mit leeren Kokosnüssen, und fragte sich, wie lange er überleben würde. Er hätte Wasser in Plastikflaschen mitgenommen und Essen, in mehreren Müllsäcken verstaut, und ein Tuch, um sich gegen die Sonne zu schützen. In seinen Koffer, der am Floß angebunden gewesen wäre, hätte er die beiden Taschenlampen, die Isoliermatte und das Wasseraufbereitungsgerät gepackt. Aus Seilen und Schnüren und einer Bambusstange hätte er einen Mast gebaut und die Matte als Segel benutzt. Nachts hätte er sich am Mast vertäut, um nicht ins Wasser zu rollen. Weil die silbrig beschichtete Matte im Sonnenlicht glänzte, hätte irgendwann ein Schiff ihn gesehenund gerettet. Man hätte ihn mit Fragen bedrängt und in Manila zum irischen Botschafter gebracht, wenn es einen gab, und vielleicht hätte er seine Geschichte erzählt.
Der Kies knirschte unter seinen Füßen. Er ging zu Megans Grab, berührte den Stein mit der Hand. Dann legte er das Stück Holz mit ihrem Namen zwischen die Steine aus dem Meer.
Die Hitze war drückend, die Luft mit Händen greifbar. Die Maschinerie der Insekten hatte ausgesetzt, die Vögel saßen stumm in den Bäumen. Tobey hatte geduscht, sogar das kalte Wasser war lauwarm. Jetzt lag er auf dem Bett, über ihm drehte sich der Ventilator. Er war in der Küchenbaracke gewesen, hatte Tanvir aber weder dort noch in seinem Zimmer angetroffen. Er hatte vergeblich bei Montgomery geklopft, der noch mit Jay Jay unterwegs zu sein schien. Er fragte sich, wann das Boot kam und was er tun würde, wenn es nicht käme. Er dachte an die Seile in der Sanitätsstation und die Benzinkanister im Schuppen neben dem Generator, die leer bestimmt als Schwimmkammern für ein Floß taugten, besser noch als Reifen oder Kokosnüsse. Wenn Tanvir ihn wegen des Boots belogen hatte, würde er die Kanister zum Strand tragen und dort zusammenbauen. Um an die Seile in der Sanitätsstation zu gelangen, würde er den noch nicht ausgehärteten Fensterkitt mit dem Messer lösen, die Scheibe vorsichtig entfernen und an die Wand stellen. Der Gedanke an Jay Jays Gesicht ließ ihn unwillkürlich lächeln, aber der Anflug guter Laune verging ihm, als er sich ausmalte, auch nur einen Tag auf dem Meer zu verbringen, dem Wetter und dem Zufall der Strömung ausgeliefert, zwischen sich und der schrecklichen Tiefe nur von dünnen Seilen zusammengehaltene Behälter aus Blech. Dann fiel ihm ein, dass er Bretter über die Kanister legen könnte, und dachte an die Abdeckung der Kommode und die Rückwand und Türen des Schrankes. Aus den Rotorblättern des Ventilators und einem Schaufelstiel ließ sich ein Paddel machen. Als er in Gedanken anfing, das Bett zu zerlegen, wurde ihm bewusst, wie absurd die Idee einer Flucht auf einem selbstgezimmerten Floß war. Er hatte keinen Hammer und keine Nägel, und selbst wenn er irgendwo Werkzeug fand, konnte er nachts am Strand nicht damit arbeiten, weil der Lärm jeden auf der Insel geweckt hätte. Er fragte sich, wo das Boot lag, mit dem Jay Jay herumfuhr, undwarum man ihn nicht damit von der Insel wegbrachte. Er stand auf, zog sich an, schnallte das Messer um die Wade und ging hinaus.
Kein Wind wehte, der Platz lag still da, eingetaucht in
Weitere Kostenlose Bücher