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Auf den Inseln des letzten Lichts

Auf den Inseln des letzten Lichts

Titel: Auf den Inseln des letzten Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Lappert
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und die Fresse halten würden«, sagte Tobey, obwohl er sich vorgenommen hatte, zu schweigen. »Sie hätten heute zugesehen, wie ich umgebracht werde. Also ersparen Sie mir Ihre beschissenen Rechtfertigungsversuche.«
    »Dann nur noch eine Frage.« Tanvir sah Tobey an. »Was hätten Sie an meiner Stelle getan?«
    »Was weiß ich! Vielleicht hätte ich gesagt: Hey, Tobey, da sind ein paar Typen, die wollen Sie umbringen, weil sie denken, Sie gehen zur Polizei, aber hier ist ein Boot, damit können Sie abhauen, gute Reise!«
    »Boot? Was für ein Boot?«
    »Herrgott, das Boot, mit dem Jay Jay zwischen den Inseln hin und her fährt!«
    »Das ist ein Schlauchboot!«, rief Tanvir. »Ein hochseeuntaugliches Spielzeug mit einem Zwei-PS-Motor!«
    »Na und? Besser als umgebracht zu werden!«
    »Besser? Es würde nur länger dauern, bis Sie tot wären! Der Sprit reicht gerade für die Fahrt zur anderen Insel! Was mich zum nächsten Punkt bringt, nämlich dem, dass Sie gar nicht wissen, in welche Richtung Sie müssen, um von hier wegzukommen!«
    »Das ist doch völlig egal! Wichtig ist nur, dass ich überhaupt wegkomme! Wenn ich weit genug draußen bin, wird man mich schon irgendwann finden!«
    »Genau, die Bastarde werden Sie finden und versenken, die fahren hier nämlich täglich Patrouille! Und was die nächstgelegene Schifffahrtsstraße betrifft, die verläuft in fast hundert Meilen Entfernung, dahin schaffen Sie es in zehn Jahren nicht!«
    »Ich wäre in der Nacht los«, sagte Tobey etwas ruhiger.
    »Glauben Sie mir, das Schlauchboot ist eine Nussschale. Selbst mit genug Sprit an Bord würden Sie auf offener See in der ersten hohen Welle kentern. Außerdem hatte das Ding schon mindestens ein Dutzend Löcher, die nur unzulänglich geflickt werden konnten. Was glauben Sie, warum ich noch hier bin?«
    »Sie wollen weg?«
    Tanvir seufzte, strich sich mit beiden Händen über die Glatze und verschränkte sie dann im Nacken. »Ich bin schon lange nicht mehr freiwillig hier. Verstehen Sie das nicht als Versuch, mich zu entlasten, aber wenn die Bastarde mich nicht am Kragen hätten, wäre ich längst weg.«
    »Wer sind diese Kerle eigentlich?«
    »Gaunerpack. Gesindel. Der Abschaum der See. Suchen Sie sich etwas aus.«
    »Geschäftspartner.«
    »Jaaa, wieder ein Punkt für Sie. Damals ahnte ich nicht, worauf ich mich einlasse. Hinterher ist man immer schlauer.«
    »Sie sagten etwas von religiösen Fanatikern.«
    »Oh ja, mit dem Drogengeld finanzieren die neben ihren Flachbildfernsehern und Digitalkameras auch ihren kleinen Heiligen Krieg. Wollen das Land beherrschen, können sich aber nicht einmal darauf einigen, ob sie sich ›Muslim Movement of the Philippines‹ oder ›Muslim Power of the Philippines‹ nennen sollen. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass sie sich deswegen irgendwann gegenseitig die Köpfe einschlagen.«
    »Drogengeld für Terroristen. Sie können wirklich stolz auf sich sein.«
    »Als das Geschäft anlief, hatten diese Möchtegerngotteskrieger ihre Hände noch nicht im Spiel, die wollten erst später mitmischen.«
    »Wusste Megan davon?«
    »Nein. Es sei denn, sie ist in den Bunker eingebrochen und hat herumgeschnüffelt, so wie Sie. Jedenfalls hat sie Chester nie eine Pille gegeben.«
    »Wenn das ein Versuch sein soll, dass ich mich schuldig fühle, ficken Sie sich ins Knie.«
    Eine Weile sagte keiner der beiden etwas. Ab und zu rüttelte ein heftiger Windstoß an den Verandatüren und ließ das Wellblechdach knacken. Noch mehr Falter kamen aus dem Schlafzimmer und tanzten um die Lampe wie Elfen um ein Feuer. Die Luft im Raum, vom Ventilator nur noch gerührt und nicht gekühlt, war warm und klebrig.
    »Sind Sie wenigstens reich damit geworden?«
    Tanvir stieß ein schnarchendes Geräusch aus, als habe ihn die Frage aus dem Schlaf geschreckt. »Nun …« Er räusperte sich. »Für ein kleines Haus ohne Pool in der Gegend von San Diego wird es vielleicht reichen.« Er erhob sich, öffnete vorsichtig die Tür und betrat den Flur. Kurz darauf kam er zurück und schloss die Tür. »In der Schlafbaracke brennt kein Licht mehr. Ich denke, in einer Viertelstunde können wir los. «
    »Los? Womit?«
    »Mit dem Boot.«
    »Was für einem Boot?«
    »Dem zweiten.« Tanvir verschwand im Schlafzimmer, um gleich darauf mit einem Turnschuh in jeder Hand zurückzukehren. »Und werden Sie jetzt bitte nicht wieder wütend. Ich konnte Ihnen dieses Boot nicht überlassen. Es ist meine Lebensversicherung.«
    »Wissen Miguel und

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