Auf den Inseln des letzten Lichts
nervös, hustete. Dann stellte er den Karton auf die Kommode, ging ins Schlafzimmer und kam mit zwei anthrazitfarbenen Hartschalenkoffern zurück. Vor dem Sofa blieb er stehen und zog die Schultern hoch, wie um das Gewicht der Koffer zu prüfen. »Ein seltsames Gefühl«, sagte er lächelnd, »seine Vergangenheit und Zukunft in zwei Koffern zu tragen.«
»Da ist das Geld drin?«
»Das Geld und ein paar Dinge, von denen ich mich nicht trennen möchte.« Er setzte die Koffer ab, holte eine Schere aus einer Kommodenschublade und trat vor Tobey. »Es ist Zeit«, sagte er, schnitt erst die Fesseln an den Händen und dann die an den Füßen durch und legte die Schere in die Schublade zurück.
Tobey erhob sich. Wind schlug gegen die Scheiben, fuhr unter das Dach und ließ die Holzbalken ächzen.
Tanvir hob den Koffer vom Boden auf und gab ihn Tobey, der ihn sich an den Rücken hängte, dann reichte er ihm die Krücken. »Wir gehen hinten raus«, sagte er, nahm seine beiden Koffer und ging ins Schlafzimmer. »Sie haben das hier ja schon vorbereitet«, sagte er und kicherte. Er vergrößerte das Loch im Fliegengitter so, dass er hindurchpasste, hievte die Koffer durch die Öffnung und kletterte ins Freie. Nachdem auch Tobey draußen war, gingen die beiden zum Sanitätsgebäude, wo Tanvir eine Plastiktüte mit Medikamenten füllte und aus der Kammer ein paar Seile und Schnurknäuel holte, die Tobey übersehen hatte.
»Ich habe nur zwei Liter Wasser dabei«, sagte Tobey, als er die Flaschen im Schrank sah. Er flüsterte, was angesichts der Lautstärke des Windes absurd war.
»Keine Sorge, im Boot sind zwanzig.«
Das Boot lag zwischen Bäumen, mit Ästen eher symbolisch belegt als wirklich getarnt, in einer Grube, aus der es zur Hälfte herausragte. Tobey schätzte seine Länge auf etwa fünf Meter, die Breite auf knappe zwei. Es war weiß und hatte drei dunkelbraune Ruderbänke. Auf beiden Seiten des Bugs stand in blauer Schrift HELENA.
»Und, ist sie nicht ein Prachtstück?«, rief Tanvir. Er hatte seine Koffer in den Sand gestellt und begann, die Äste zu entfernen.
Tobey setzte sich hin. Das Gehen im Sand hatte ihn angestrengt, seine Armmuskeln brannten. Über ihm war ein einziges Quirlen und Brodeln, Wind schlug in die Bäume und wirbelte dürres Treibholz und trockene Tangfetzen auf, Wellen rollten heran und brachen sich krachend, schmutzige schaumige Gischt versprühend.
Tanvir trat neben ihn und reichte ihm eine Tube. »Schmieren Sie sichdavon auf die Handflächen und wickeln Sie die Hände und Handgelenke damit ein.« Er gab ihm zwei Rollen braunes Verbandszeug und eine Rolle Klebeband. »Aber nicht zu straff, Sie müssen die Ruder noch greifen können.«
Tobey schraubte die Tube auf und rieb die Hände mit der fettigen Salbe ein. »Haben Sie die Wellen gesehen? Wie sollen wir da rauskommen?«
»Augen zu und durch, würde ich sagen!«, rief Tanvir und machte sich daran, die letzten Äste vom Boot zu zerren.
Tobey bandagierte die Hände und wickelte ein paar Lagen Klebeband um die losen Enden.
Inzwischen hatte Tanvir mit einem Ruder den Sand vor dem Boot weggeschaufelt. Er nahm das Seil, das an einem Metallring an der Bugspitze befestigt war, legte es sich über die Schulter und lehnte sich nach vorne, suchte mit den Füßen Halt im Sand und begann dann, das Boot aus der Mulde zu ziehen. Tobey erhob sich und hüpfte auf einem Bein zu ihm.
»Lassen Sie nur!«, rief Tanvir durch den Brandungslärm. »Sie ist aus Fiberglas! Wiegt praktisch nichts!« Wie zum Beweis zog er das Boot scheinbar mühelos mehrere Meter weit in Richtung Wasser.
Tobey blieb auf einem Bein stehen und dachte darüber nach, ob die Leichtigkeit des Bootes etwas Gutes oder Schlechtes war.
Tanvir holte seine Koffer, legte sie ins Boot, kletterte hinterher und begann, die Koffer mit Seilen an den Verstrebungen der Innenseiten zu befestigen. »Machen Sie Ihren Koffer besser auch fest!«, rief er Tobey zu. »Gut möglich, dass wir in der Brandung kentern!«
»Ich behalte ihn an!«
»Und was ist mit der hier?« Tanvir hob den Deckel des Stauraums im Heck des Bootes und schwenkte eine orangefarbene Schwimmweste, die noch in der Plastikfolie steckte. »Ich dachte, Sie haben Angst vor dem Ertrinken!«
Tobey humpelte zum Boot, nahm die Weste und riss sie aus der Verpackung.
»Wenn wir über die ersten zwei Wellen sind, haben wir es so gut wie geschafft!« Tanvir hatte einen der Koffer festgezurrt und machte sich an den anderen.
»Ist das
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