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Auf den Schwingen der Hölle - [ein Norwegen-Krimi]

Auf den Schwingen der Hölle - [ein Norwegen-Krimi]

Titel: Auf den Schwingen der Hölle - [ein Norwegen-Krimi] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: fhl Verlag Leipzig UG
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und verharrte augenblicklich. Sein Herz begann wieder wild zu hämmern, und er fuhr sich mit der Hand an den Hals, als müsste er den Druck einer Schlinge lösen, die ihm den Atem nehmen wollte.
    »Tu’s nicht, Sarah!«, schrie er zu ihr hinauf. Das Beben in seiner Stimme war unüberhörbar.
    Er hockte nun auf dem Boden und barg sein Gesicht in den Händen. Es zerreißt mich!, dachte er verzagt. Und er wagte nicht mehr, seinen Kopf zu heben, er hockte einfach da, starr, reglos, damit er nicht sehen musste, wie sie sprang, und dann aufschlug auf den spitzen Felsen.
    Unendlich langsam hob er den Kopf, noch die Hände vor dem Gesicht haltend. Durch seine Finger spähend sah er, wie sie zu ihm herab schaute.
    So hat sie mich noch nie gesehen, dachte er unwillkürlich.
    Sie kennt mich nur stark.
    Selbst im Schmerz.
    ›Du tust ihr leid‹, flüsterte die innere Stimme beruhigend. ›Und nur dieses Gefühl ist deine einzige Chance! Nutze sie!‹
    Wie angewurzelt hockte er am Boden. Die Minuten verrannen. Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war.
    Es gab keine Zeit mehr.
    Es gab nur Sarah.
    Es gab nur ihn.
    Dann hörte er, dass sie herab kletterte.
    Doch er blieb sitzen, das Gesicht in den Händen vergraben. Wartend.
    Er hörte ihre Schritte auf dem Felsgeröll, die auf ihn zukamen.
    Dann lag ihre Hand auf seinem Haar.
    »Verlass mich nicht, Sarah«, bat er leise.
    Er löste die Finger von seinem Gesicht und schaute zu ihr auf.
    Sie weinte, so heftig wie an Manus Grab.
    Aber sie nickte.
    Er umschlang sie mit seinen Armen und presste sein Gesicht in ihren Schoß.
    Und er blieb so.
    Eine Ewigkeit lang.
    Wieder spürte er ihre Hand auf seinem Haar. Sie weinte nicht mehr.
    Wann hatte es je so eine Nähe zwischen uns gegeben?, dachte er.
    Schweigend stiegen sie in ihr Auto, um dann eine schier endlos lange Schlange von Wohnwagen zu überholen. Er mochte keine Wohnwagen, sie verstopften die schmalen Straßen. Und doch war es gut, dass sich die Lofoten mit Touristen füllten, so fielen sie weniger auf.

    Durch eine immer gewaltigere Bergwelt führte sie die Straße, an einsamen Höfen vorbei, bis sie wieder dem Verlauf der Küste folgte, als wäre sie froh, die steil aufragenden Felsen und ihre drohenden Schatten verlassen zu haben.
    Die Straße verlief nun nahe am Ufer entlang, auf der einen Seite lag der Geröllstrand, auf der anderen das Dorf, mit den wie auf einer langen Perlenkette aufgereihten Häusern.
    Gewaltige spitze Felsen rahmten den Ort ein, und ungestüm rollten die Wellen des Nordmeeres an das Ufer, so, als wollten sie das Dorf überspülen. Aber noch fehlte ihnen die treibende Kraft der Winterstürme.
    Keiner aber, den er befragte, hatte Emmerleins Auto gesehen.
    Und Nacht wurde es nie.
    Die Sonne wollte nicht mehr untergehen.
    Und einsam stand ihr Zelt an Orten, wo man keine Menschen sah. Und Sarah wurde immer stiller.
    Und er fand all die Orte, die er nur von der Karte her kannte, die oft versteckt lagen, einsam, nur erreichbar auf einer Schotterpiste.
    Und nirgendwo gab es einen Hinweis auf einen jungen Mann in einem roten Auto. Wie vom Erdboden verschluckt schien Emmerlein in der Einsamkeit der Lofoten, unauffindbar.

    Reglos stand Bachmann am Nordmeer, erschöpft, jedoch nicht entmutigt, und er sah den Wellen zu, die unaufhörlich heran rollten, deren weiße Kronen sich über die zerklüfteten Klippen des Ufers ergossen und als Gischt zerstoben, wieder und wieder.
    Tief schob er die Hände in die Taschen seiner Hose, und er dachte an Sarah, die bereits im Zelt schlief und der er den Schlaf gönnte, den er selbst nicht finden konnte.
    Zwei Baumstämme, groß wie gewaltige Urzeitwesen, trieben in den Wellen und ihre astgespickten Kronen vereinten sich in wildem Liebesspiel, ehe sie sich aufbäumten und wieder zurückfielen in das schäumende Wasser, das sie weiter den Klippen des Ufers entgegentrug, Meter um Meter.
    Bachmann stand am Ufer, einsam, wie verloren, als wäre er der einzige Mensch in dieser Welt aus Wasser und Fels.
    Er ballte die Hände zu Fäusten, und er wusste: Nie würde er aufgeben Emmerlein zu suchen, er würde diesen Mann aufstöbern, wo auch immer er sich aufhielt, der irgendwo schlief, ohne zu ahnen, dass der Tod ihm auf den Fersen war und ihm näher und näher kam. Der Tod, der Bachmann hieß.
    Als er endlich in den Schlaf gefunden hatte, träumte er wieder:
Er stand in einem Gewölbe, das von Fackeln erleuchtet wurde, und er sah sie näher kommen, Gestalten in langen Gewändern,

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