Auf den Schwingen der Hölle - [ein Norwegen-Krimi]
schwarz wie die Finsternis, mit grellweiß geschminkten Gesichtern, die eine Bahre auf ihren Schultern trugen. Manu lag auf ihr, mit einem Gesicht als wenn sie schliefe, ihre Arme hingen herab. Sarah schritt am Ende des Zuges, ohne ihn anzuschauen, und er konnte sich nicht regen, als ob seine Glieder gefesselt waren durch ein lähmendes Gift, das ihn zur Reglosigkeit verdammte.
Dann verschwand der Zug in der Finsternis der unbeleuchteten Tiefe des Gewölbes, ohne dass er ihm folgen und sich ihm anschließen konnte
.
Und unversehens sah er den Tod schreiten, in einem Gewand wie es auch die anderen trugen, die an ihm vorbeigezogen waren. Er sah sich von ihm gemustert, vier Atemzüge lang, mit seinen Augenhöhlen, in denen kein Leben war, ehe er weiter schritt ohne Laut, als liefe er auf Watte.
Er war erleichtert, als er erwachte, und obwohl es noch sehr früh am Morgen sein musste, war das Zelt von sanftem Licht erhellt. Die Mitternachtssonne überstrahlte alles mit einem rötlichen, magischen Licht. Das Meer rauschte so stark, dass er Sarahs Atmen nicht vernahm. War sie wach? Doch er wollte sie nicht ansprechen. So lag er, ohne sich zu regen und grübelte, doch den Traum konnte er nicht deuten, so sehr er sich auch mühte.
Der Tod hat mich wahrgenommen, dachte er und hat mich gemustert, auf eine eindringliche Art und Weise, so, als ob er das Schicksal genau kennt, das mir bestimmt ist. Kälte durchflutete ihn, die nur Sekunden währte. Welches Schicksal wartete auf ihn?
Aber der Schlaf holte ihn doch wieder ein.
Der neue Tag überraschte sie mit einem Nieselregen und ihr Zelt war nass, als sie es nach dem Frühstück verpacken mussten, ehe sie weiterfuhren, dem nächsten Dorf entgegen. Die Karte der Inseln hatte er im Kopf gespeichert, jeden Ort, jede Straße.
Es war kurz vor zwölf Uhr, als er einen kleinen Kramladen erblickte, der sich im Erdgeschoss eines hellblau gestrichenen Hauses mit einem feuerroten Dach befand. Sicher gab es nur diesen einen Laden hier, überlegte er, und wenn Emmerlein durch dieses Dorf gefahren ist, würde er mit Sicherheit hier eingekauft haben. Und augenblicklich erfüllte ihn Unruhe. Sarah folgte ihm, als er aus dem Auto stieg, ohne dass er sie dazu auffordern musste.
Eine Glocke schellte, als er den Laden betrat und dann überrascht stutze, denn das Blau des Hauses setzte sich bei dem schlanken, jungen Verkäufer fort, der eine blaue Marinemütze trug und einen weißen Pullover mit kleinen blauen Vierecken. Erwartungsvoll, so, als wären sie seine ersten Kunden an diesem Tag, blickte er sie mit seinen hellblauen Augen an.
Wir werden erst etwas kaufen, überlegte er und ihn dann fragen, denn so wird er gewiss mitteilsamer sein und freundlicher. In den Regalen an den Wänden schien es einfach alles zu geben: weißes Porzellan, Gläser, Teelichter, bunte Fläschchen, Gewürzdosen, Bücher, Käse, Wurst, Reiseandenken, und von der Decke herab hingen allerlei hölzerne Geräte, kleine Wagenräder, ein Kartoffelstampfer, eine Schaufel, aber auch Gummistiefel, Ketten und Haken aus Metall waren im Angebot. Dieses bunte Allerlei erfasste Bachmann mit einem langen prüfenden Blick.
»Snakker du tysk?«, fragte er. Der junge Mann schüttelte bedauernd den Kopf, bot aber lächelnd eine englische Verständigung an. Zunächst kauften sie Wurst, Brot und drei Sorten Käse.
»Ich suche einen Freund«, sagte Bachmann dann beiläufig, schon vor der Tür stehend. »Einen Deutschen mit einem blonden Pferdeschwanz. Ist er vielleicht hier im Laden gewesen in den letzten Tagen?«
Der Norweger nickte sofort: »Ja, an ihren Freund kann ich mich gut erinnern. Ein sehr freundlicher junger Mann. Ich habe ihm geholfen, die Einkäufe zu seinem Auto zu tragen, einem roten Toyota. Das war erst gestern. Ihr Freund hat sich nach Angelplätzen erkundigt und nach Fischerdörfern, wo Fischer ihn mit hinausnehmen auf das Nordmeer oder den Vestfjorden. Sie finden ihn bestimmt. So viele Touristen gibt es jetzt noch nicht. Die kommen erst alle noch, und so ein rotes Auto mit deutschem Kennzeichen fällt ja auch auf.«
Bachmanns Gesicht zeigte nichts von der inneren Erregung, die ihn erfasst hatte. Freundlich lächelte er dem Verkäufer zu.
»Übrigens hat sich ihr Freund ausgiebig nach Ballstadt und Reine erkundigt, ja, sogar ziemlich genau, und er hat auch vom Strand hinter Flackstad gesprochen, der bei uns Skagsanden genannt wird.«
Die Unterlippe zwischen die Zähne ziehend lauschte Bachmann angespannt und
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