Auf den Schwingen des Adlers
und sie fühlten sich sogar sicher genug, um durch den Basar zu schlendern.
Auf der Fahrt hatte sich Simons mit Madjid und dem Professor unterhalten. Es hatte wie unverfängliche Konversation geklungen, doch mittlerweile kannte CoburnSimons’ Methode gut genug, um zu wissen, daß der Oberst den beiden auf den Zahn fühlte, um herauszufinden, ob er ihnen vertrauen konnte. Das Urteil war offenbar günstig ausgefallen, denn Simons begann, Anspielungen auf den wahren Zweck ihrer Reise zu machen.
Der Professor meinte, die Gegend um Täbris stünde treu zum Schah, und so steckte Simons vor der Weiterfahrt eine Fotografie des Schahs hinter die Windschutzscheibe.
Ungemütlich wurde es erstmals ein paar Kilometer nördlich von Täbris, wo sie an einer Straßensperre gestoppt wurden. Irgendwelche Amateure hatten zwei Baumstämme quer über die Straße gelegt, so daß man zwar noch darum herumfahren konnte, aber die Geschwindigkeit reduzieren mußte. An der Sperre schoben mit Äxten und Stöcken bewaffnete Dörfler Wache.
Madjid und der Professor unterhielten sich mit ihnen. Der Professor zeigte seinen Universitätsausweis vor und erklärte, die Amerikaner seien Wissenschaftler, die ihn bei einem Forschungsprojekt unterstützten. Um mit Situationen wie dieser fertig zu werden, dachte Coburn, würde das Team mit Paul und Bill auf jeden Fall Iraner mitnehmen müssen.
Die Dörfler ließen sie passieren. Kurze Zeit später hielt Madjid einen entgegenkommenden Wagen an. Der Professor unterhielt sich kurz mit dem Fahrer und meldete dann, daß Khoy, die nächste Stadt, gegen den Schah eingestellt sei. Simons entfernte das Schahbild von der Windschutzscheibe und tauschte es gegen eines von Ayatollah Khomeini aus. Von nun an stoppten sie in regelmäßigen Abständen entgegenkommende Autos und paßten ihren Bilderschmuck den lokalpolitischen Gegebenheiten an.
Kurz vor Khoy trafen sie wiederum auf eine Straßensperre. Sie wirkte nicht weniger laienhaft als die erste und war mit Zivilisten bemannt. Doch hier trugen die zerlumpten Männer und Knaben hinter den Baumstämmen Gewehre.
Madjid hielt an, und sie stiegen aus.
Zu Coburns Entsetzen legte ein Halbwüchsiger seine Waffe auf ihn an.
Es war eine Neun-Millimeter-Llama-Pistole. Der Junge war sicher nicht älter als sechzehn. Vermutlich hat er zum erstenmal in seinem Leben eine Waffe in der Hand, dachte Coburn. Und nichts war gefährlicher als Amateure, die mit Waffen herumfuchtelten. Der Junge hielt die Pistole so krampfhaft fest, daß seine Knöchel weiß hervortraten.
Coburn hatte Angst. In Vietnam war viele Male auf ihn geschossen worden, doch hier versetzte ihn die Möglichkeit, durch bloßen Zufall ums Leben zu kommen, in Angst und Schrecken.
»Rußki«, sagte der Junge. »Rußki.«
Der hält mich für einen Russen, schoß es Coburn durch den Kopf.
Das mochte an seinem struppigen roten Bart und seiner schwarzen Wollmütze liegen.
»Nein, Amerikaner«, sagte er.
Coburn fixierte die weißen Knöchel und dachte: Hoffentlich muß der Bengel nicht niesen.
Die Dorfbewohner durchsuchten Simons, Madjid und den Professor. Coburn, der den Jungen keine Sekunde aus den Augen ließ, hörte Madjid sagen: »Sie suchen nach Waffen.« Die einzige Waffe, die sie bei sich führten, war ein kurzes Messer, das Coburn in einer Scheide auf dem Rücken unter seinem Hemd trug. Einer der Männer durchsuchte ihn, und endlich senkte der Junge die Pistole.
Coburn wagte, wieder zu atmen.
Die Durchsuchung war oberflächlich und das Messer wurde nicht entdeckt.
Die wachsamen Bürger nahmen ihnen die Geschichte über das Forschungsprojekt ab.
»Sie entschuldigen sich für die Durchsuchung des alten Mannes«, sagte Madjid. Mit dem »alten Mann« warSimons gemeint, der ohne weiteres als iranischer Bauer durchging.
»Wir können weiterfahren«, fügte Madjid hinzu.
Sie stiegen wieder ins Auto.
Hinter Khoy wandten sie sich nach Süden, folgten der kurvenreichen Straße am oberen Ende des Sees und fuhren am Westufer entlang nach Rezaiyeh.
Der Professor dirigierte sie über abgelegene Straßen in die Stadt, auf denen sie keiner Sperre begegneten. Von Teheran hierher hatten sie zwölf Stunden gebraucht. Vom Grenzübergang Sero waren sie nur mehr eine Fahrstunde entfernt.
Die Nacht verbrachten sie im Haus des Professors, einer einstockigen Villa am Rande der Stadt.
Am nächsten Morgen fuhr Madjid mit dem Professor zur Grenze und wieder zurück: Es gab keine Straßensperren, und die Strecke war
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