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Auf den Schwingen des Adlers

Auf den Schwingen des Adlers

Titel: Auf den Schwingen des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Straßen, dann stießen sie wiederum auf Kampfgetümmel. Eine Barrikade aus umgestürzten Autos war quer über die Straße gezogen worden, und eine Bande von Halbwüchsigen beschoß ein Gebäude, das aussah wie eine militärische Einrichtung. Aus Angst, eine verirrte Kugel könne sie erwischen, bog Paul sofort ab.
    Jedesmal, wenn er sich nach Norden wenden wollte, stieß er auf ein neues Hindernis. Sie waren inzwischen weiter vom Hyatt entfernt als zu Beginn ihrer Odyssee. Sie gingen nach Süden, wo von jeher die heftigsten Kämpfe stattfanden.
    Vor einem halbfertigen Bau blieben sie stehen. »Da drin könnten wir uns verkriechen und die Nacht abwarten«, sagte Paul.
    »Wenn’s erst mal dunkel ist, merkt keiner, daß du Amerikaner bist.«
    »Aber wir könnten erschossen werden, wenn wir nach der Ausgangssperre wieder unterwegs sind.«
    »Glaubst du, die gibt’s nicht?«
    Bill zuckte mit den Schultern.
    »Bis jetzt ist doch alles ganz gutgegangen«, sagte Paul. »Gehen wir noch ein Stückchen weiter.«
    Sie machten sich wieder auf die Socken.
    Zwei Stunden vergingen – zwei Stunden Menschenmassen, Straßenkämpfe, Heckenschützen –, bevor sie sich endlich nach Norden wenden konnten. Sofort änderte sich die Situation. Es wurde weniger geschossen, und sie kamen durch ein relativ wohlhabendes Gebiet mit hübschen Villen. Sie begegneten einem Kind auf einem Fahrrad, das ein T-Shirt trug, auf dem irgend etwas über Südkalifornien stand.
    Paul war müde. Fünfundvierzig Tage hatte er im Gefängnis verbracht, und fast die ganze Zeit war er krank gewesen. Für stundenlange Märsche war er nicht mehr kräftig genug.
    »Was meinst du, sollen wir trampen?« fragte Bill.
    »Versuchen wir’s mal.«
    Paul stand am Straßenrand und winkte dem nächstbesten Auto. Gerade noch rechtzeitig fiel ihm ein, nicht wie in Amerika den Daumen hochzurecken – im Iran galt das als obszöne Geste. Das Auto hielt an. Zwei Iraner saßen darin. Paul und Bill stiegen in den Fond.
    Paul beschloß, den Namen des Hotels nicht zu verraten.
    »Wir wollen nach Tadjrisch«, sagte er. Das war in der Umgebung des Basars im Norden der Stadt.
    »Wir können euch ein Stück mitnehmen«, sagte der Fahrer.
    »Danke.« Paul bot ihnen Zigaretten an, lehnte sich zufrieden zurück und zündete sich selbst eine an.
    Die Iraner setzten sie in Kurosch-e-Kabir, ein paar Kilometer südlich von Tadjrisch ab, ganz in der Nähe von Pauls ehemaligem Haus. Sie befanden sich auf einerverkehrsreichen Hauptstraße. Paul entschied, daß es hier viel zu auffällig war, zu trampen.
    »Wir könnten in der Katholischen Mission Zuflucht suchen«, schlug Bill vor.
    Paul dachte darüber nach. Die Behörden wußten vermutlich, daß Pater Williams sie erst vor zwei Tagen im Gasr-Gefängnis besucht hatte. »In der Mission sucht Dadgar wahrscheinlich zuerst nach uns.«
    »Vielleicht.«
    »Wir schlagen uns besser zum Hyatt durch.«
    »Vielleicht sind die Kollegen gar nicht mehr dort.«
    »Aber es gibt dort ein Telefon, und man kann irgendwie an Flugtickets kommen ...«
    »Und es gibt eine heiße Dusche.«
    »Genau.«
    Sie bogen in eine ruhigere Straße ein, und versuchten erneut zu trampen. Paul stellte sich auf die Straße und winkte, während Bill auf dem Gehsteig blieb, damit die Autofahrer glaubten, nur einer, und zwar ein Iraner, wolle mitgenommen werden.
    Ein junges Pärchen hielt an. Paul stieg ein, und Bill quetschte sich schnell hinter ihm ins Auto.
    »Wir wollen in den Norden«, sagte Paul.
    Die Frau sah ihren Mann an. Der Mann sagte: »Wir können euch bis zum Niavaran-Palast mitnehmen.«
    »Danke.« Das Auto fuhr los.
    Neuerlicher Szenenwechsel. Sie hörten wesentlich mehr Schüsse, der Verkehr wurde stärker und wüster, und sämtliche Autos hupten ununterbrochen. Sie sahen Pressefotografen und Fernsehteams, die auf Autodächern standen und Aufnahmen machten. In der Gegend, wo Bill gewohnt hatte, steckte der Mob die Polizeiwachen in Brand. Während sich der Wagen im Schrittempo vorwärtsschob, wurde das iranische Pärchen zusehends nervöser: Zwei Amerikaner im Wagen konnten sie in dieser Situation in größte Schwierigkeiten bringen.
    Langsam wurde es dunkel.
    Bill beugte sich vor. »Mann, allmählich wird’s ganz schön spät«, sagte er. »Es wäre unheimlich nett, wenn ihr uns bis zum Hyatt-Hotel bringen könntet. Für uns wär’s eine große Erleichterung, und wir werden uns gerne erkenntlich zeigen.«
    »Geht in Ordnung«, sagte der Fahrer.
    Er fragte nicht, wie

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