Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf den Schwingen des Adlers

Auf den Schwingen des Adlers

Titel: Auf den Schwingen des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
sich und verließ den Raum.
    Der Dolmetscher, die bewaffneten Kurden und ihre Gefangenen warteten schweigend.
    Was nun? dachte Coburn. Wußte Bolurian womöglich, daß EDS vor Jahren einen Vertrag mit ISIRAN gehabt hatte? Und wenn, würde er daraus den vorschnellen Schluß ziehen, daß sie mit dem SAVAK unter einer Decke steckten? Oder war seine Frage nach ISIRAN nur ein Schuß ins Blaue gewesen? Und war das der Fall, hatte er ihnen dann ihre Geschichte von den ganz gewöhnlichen Geschäftsleuten auf dem Weg nach Hause abgekauft?
    Coburn gegenüber im Kreis saß Bill, den die Ereignisse auf seltsame Weise unberührt ließen. Während der Befragung war er vor Angst fast umgekommen, und jetzt war er einfach nicht mehr imstande, noch irgend etwas zu empfinden. Wir haben unser Bestes getan, dachte er, und wenn sie uns jetzt an die Wand stellen und erschießen, dann sei’s drum.
    Bolurian kam in den Raum zurück und lud dabei seine Waffe. Coburn sah Simons von der Seite an: Der ließ kein Auge von der Flinte.
    Es war ein alter M1-Karabiner, der ganz so aussah, als stamme er noch aus dem Zweiten Weltkrieg.
    Mit dem Ding kann er uns nicht alle erschießen, dachte Coburn.
    Bolurian reichte dem Dolmetscher das Gewehr und sagte etwas auf Farsi. Coburn saß sprungbereit. Wenn sie in diesem Zimmer das Feuer eröffneten, wäre die Hölle los.
    Der Dolmetscher nahm die Waffe und sagte: »Und jetzt sind Sie unsere Gäste und zum Tee eingeladen.«
    Bolurian schrieb etwas auf einen Zettel, den er ihm reichte. Coburn ging auf, daß Bolurian dem Dolmetscher die Waffe ausgehändigt und ihm jetzt lediglich die schriftliche Erlaubnis, sie zu tragen, erteilt hatte. »Jesusmaria«, murmelte Coburn, »ich dachte schon, der knallt uns alle ab.«
    Simons’ Gesicht war ausdruckslos.
    Es wurde Tee serviert.
    Draußen war es inzwischen dunkel geworden. Raschid fragte, wo die Amerikaner übernachten könnten. »Sie sind unsere Gäste«, sagte der Dolmetscher. »Ich werde mich persönlich um Sie kümmern.« Braucht er dazu das Gewehr? dachte Coburn. Der Dolmetscher fuhr fort: »Morgen früh wird unser Mullah eine Nachricht an den Mullah von Rezaiyeh schreiben und ihn bitten, Sie passieren zu lassen.«
    Coburn flüsterte Simons zu: »Was hältst du davon? Sollen wir hier übernachten oder lieber weiterfahren?«
    »Ich glaube nicht, daß wir die Wahl haben«, erwiderte Simons. »Daß er uns ›Gäste‹ genannt hat, war nur eine höfliche Umschreibung.«
    Sie tranken ihren Tee, und der Dolmetscher sagte: »Jetzt gehen wir zum Abendessen.«
    Sie erhoben sich und zogen ihre Schuhe wieder an. Als sie zu den Autos gingen, fiel Coburn auf, daß Gayden humpelte. »Was ist mit deinen Füßen?« fragte er.
    »Nicht so laut!« zischte Gayden. »Ich hab’ das ganze Geld in die Schuhspitzen gestopft, und jetzt tun mir natürlich die Füße höllisch weh.«
    Sie stiegen ein und fuhren in Begleitung der kurdischen Wachen und des Dolmetschers davon. Verstohlen entledigte sich Gayden seiner Schuhe und schichtete das Geld um. An einer Tankstelle hielten sie. Gayden murmelte: »Wenn sie nicht vorhätten, uns laufenzulassen, würden sie uns wohl kaum volltanken lassen ... oder?«
    Coburn zuckte mit der Schulter.
    Sie fuhren zum einzigen Restaurant der Stadt. Die EDS-Männer nahmen Platz, und ihre Bewacher setzten sich so, daß ihre Tische fast einen Kreis um sie bildeten und sie von den Einheimischen abschirmten.
    Ein Fernseher lief, und der Ayatollah hielt eine Rede. Jesusmaria, dachte Paul, ausgerechnet jetzt, wo wir in Schwierigkeiten sind, mußte dieser Kerl an die Macht kommen. Dann erzählte ihm der Dolmetscher, Khomeinisage gerade, Amerikaner sollten nicht belästigt werden, sondern ungehindert den Iran verlassen können, und Paul fühlte sich sofort besser.
    Man servierte ihnen Tchelow-Kabab, Lammfleisch mit Reis. Die Wachen, die ihre Gewehre neben die Teller gelegt hatten, langten herzhaft zu.
    Keane Taylor aß nur ein bißchen Reis, dann legte er den Löffel weg. Er hatte Kopfschmerzen. Er hatte sich mit Raschid beim Fahren abgewechselt, und jetzt fühlte er sich, als hätte ihm die Sonne den ganzen Tag lang in die Augen gebrannt. Außerdem machte er sich Sorgen, daß Bolurian in der Nacht in Teheran anrufen und EDS überprüfen lassen könnte. Die Wachen bedeuteten ihm mehrfach, zuzugreifen, aber er saß nur da und hielt sich an seiner Cola fest.
    Auch Coburn hatte keinen Hunger. Ihm war eingefallen, daß er Gholam hätte anrufen müssen. Es war schon

Weitere Kostenlose Bücher