Auf den Schwingen des Adlers
spät, und in Dallas kamen sie sicher bald um vor Sorge. Aber was sollte er Gholam erzählen – daß alles in Ordnung sei oder daß sie Schwierigkeiten hätten?
Nach dem Essen entstanden Unstimmigkeiten darüber, wer die Rechnung übernehmen sollte. Raschid sagte, ihre Bewacher wollten bezahlen. Die Amerikaner waren ängstlich darauf bedacht, ihre angeblichen Gastgeber nicht zu beleidigen, wollten sich aber auf der anderen Seite bei ihnen beliebt machen, indem sie die Rechnung beglichen. Am Ende übernahm Keane Taylor die Bezahlung.
Als sie das Restaurant verließen, sagte Coburn zu ihrem Dolmetscher: »Ich würde eigentlich gerne in Teheran anrufen, um unsere Leute wissen zu lassen, daß es uns gutgeht.«
»Okay«, sagte der junge Mann.
Sie fuhren zum Postamt. Coburn ging mit dem Dolmetscher hinein. Eine ganze Menge Leute wartete darauf, in den drei oder vier Zellen telefonieren zu können. Der Dolmetscher sprach mit einem der Schalterbeamten, dannsagte er zu Coburn: »Alle Leitungen nach Teheran sind belegt, es ist äußerst schwierig, durchzukommen.«
»Können wir es später noch einmal versuchen?«
»Okay.«
In der Dunkelheit fuhren sie aus der Stadt hinaus. Kurz darauf hielten sie an einem Tor. Im Mondlicht konnte man in der Ferne Konturen sehen, die wie die eines Damms aussahen.
Es dauerte eine ganze Weile, bis sich die Schlüssel zum Tor gefunden hatten, dann fuhren sie hindurch. Sie befanden sich in einem kleinen Park, der ein modernes, reich verziertes, einstöckiges Gebäude aus weißem Granit umgab. »Dies ist einer der Paläste des Schahs«, erklärte der Dolmetscher. »Er hat nur einmal darin gewohnt, als er das Kraftwerk eröffnete. Heute übernachten wir hier.«
Sie gingen hinein. Drinnen war es angenehm warm. »Die Heizung ist drei Jahre lang ununterbrochen gelaufen, nur für den Fall, daß der Schah sich einmal blicken ließe«, sagte der Dolmetscher verächtlich.
Sie begaben sich in den ersten Stock und nahmen ihr Quartier in Augenschein. Es gab eine luxuriöse kaiserliche Suite mit einem riesigen, prunkvollen Badezimmer und zu beiden Seiten des Korridors eine Anzahl von kleineren Räumen, jeweils mit zwei Einzelbetten und einem Bad ausgestattet, vermutlich für die Leibwächter des Schahs. Unter jedem Bett stand ein Paar Hausschuhe.
Die Amerikaner bezogen die kleineren Zimmer, die revolutionären Kurden übernahmen die Suite des Schahs. Einer von ihnen nahm ein Bad, und die Amerikaner hörten ihn herumplätschern, johlen und juchzen. Nach einer Weile kam er heraus. Er war der größte und dickste von allen und hatte sich in einen der prächtigen Bademäntel des Schahs geworfen. Geziert trippelte er den Korridor entlang, und seine Kameraden bogen sich vor Lachen. Er trat auf Gayden zu und sagte mit schwerem Akzent aufenglisch: »Totaler Gentleman.« Gayden erstickte fast vor Lachen.
Coburn fragte Simons: »Wie sieht der Plan für morgen aus?«
»Sie wollen uns nach Rezaiyeh eskortieren und uns dem dortigen Anführer übergeben«, sagte Simons. »Ihre Begleitung wird uns sicher zustatten kommen, wenn wir auf weitere Straßensperren stoßen. Aber wenn wir erst einmal in Rezaiyeh sind, können wir sie hoffentlich dazu überreden, uns zum Haus des Professors und nicht zu ihrem Anführer zu bringen.«
Coburn nickte. »Einverstanden.«
Raschid wirkte beunruhigt. »Das sind schlechte Leute«, flüsterte er. »Traut ihnen nicht. Wir müssen hier weg.«
Coburn fand die Kurden auch nicht sonderlich vertrauenerweckend, aber er war sich ganz sicher, daß sie in die größten Schwierigkeiten kämen, wenn sie jetzt versuchten, sich davonzumachen.
Ihm fiel auf, daß einer ihrer Bewacher eine G3 trug. »He, das ist ja mal ’ne feine Waffe«, sagte er.
Der Mann schien ihn zu verstehen und lächelte.
»So eine habe ich noch nie gesehen«, sagte Coburn. »Wie wird sie geladen?«
»Laden ... so«, sagte der Bewacher und zeigte es ihm.
Sie setzten sich und der Mann erklärte ihm das Gewehr. Er sprach genug Englisch, um sich mit ein paar zusätzlichen Gesten verständlich zu machen.
Erst nach einer ganzen Weile bemerkte Coburn, daß er die Waffe längst selber in Händen hielt.
Langsam wurde ihm wohler.
Die anderen wollten duschen, aber Gayden, der als erster ins Bad ging, verbrauchte das gesamte heiße Wasser. Paul duschte kalt – schließlich hatte er sich im Lauf der letzten Wochen daran gewöhnt.
Sie lernten ihren Dolmetscher ein wenig besser kennen. Er studierte in Europa und war gerade
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