Auf den Schwingen des Adlers
Schlangen vor den Tankstellen auf. Unglaublich für ein Land, das selbst Öl fördert. Er entdeckte, daß auch Menschen mit Kanistern in der Hand Schlange standen. »Was haben die denn da verloren?« fragte er. »Wozu brauchen die Benzin, wenn sie kein Auto haben?«
»Sie verkaufen es an den Höchstbietenden«, erklärte Taylor. »Man kann sich auch einen Iraner mieten, der für einen Schlange steht.«
An einer Straßensperre wurden sie vorübergehend aufgehalten, kurz darauf kamen sie an mehreren brennenden Wagen vorbei. Überall standen Zivilisten mit Maschinengewehren herum. Auf den nächsten zwei, drei Kilometern wirkte die Stadt friedlich, dann wieder brennende Autos, noch mehr Maschinengewehre, eine neuerliche Straßensperre. Die Szenerie hätte im Grunde furchterregend wirken müssen, aber irgendwie war das nicht der Fall. Perot hatte den Eindruck, daß es den Leuten Spaß machte, zur Abwechslung mal über die Stränge zu schlagen, nachdem die eiserne Faust des Schahs nicht mehr gar so hart auf ihnen lastete. Soweit Perot es beurteilen konnte, tat das Militär rein gar nichts zur Aufrechterhaltung der Ordnung.
Es war immer etwas unheimlich, gewaltsame Auseinandersetzungen mit den Augen eines Touristen zu beobachten. Aber vielleicht war das immer so im Krieg: Mitten im Schlachtgetümmel mochte es hitzig zugehen, aber schon ein paar Meter weiter schien überhaupt nichts loszusein.
Sie bogen in einen Kreisverkehr ein, in dessen Mitte ein Monument stand, das aussah wie ein Raumschiff aus dem Jahre 2000. Auf vier riesigen, gespreizten Beinen erhob es sich über dem Platz. »Was ist das denn?« fragte Perot.
»Das Schahyad-Monument«, erwiderte Taylor. »Obendrin ist ein Museum.«
Nach wenigen Minuten erreichten sie den Vorplatz des Hyatt Crown Regency. »Das Hotel ist ganz neu«, sagte Taylor. »Die armen Schweine haben es gerade eröffnet. Für uns ist das natürlich ein Vorteil – wunderbares Essen, Wein, und abends im Restaurant Musik ... Wir leben hier wie die Könige, während um uns herum eine ganze Stadt vor die Hunde geht.«
Sie betraten die Halle und gingen zum Aufzug. »Du mußt dich nicht anmelden«, sagte Taylor zu Perot. »Deine Suite läuft auf meinen Namen. Es wäre Unfug, deinen Namen irgendwo schriftlich festzuhalten.«
»Stimmt.«
Im zehnten Stock stiegen sie aus. »Unsere Zimmer sind alle auf dieser Etage«, sagte Taylor. Ganz am Ende des Flurs schloß er eine Tür auf.
Perot trat ein, blickte sich um und lächelte. »Schau dir das mal an.« Der Aufenthaltsraum war riesig, das Schlafzimmer nebenan ebenfalls. Er sah sich das Badezimmer an: Es war groß genug, um darin eine Cocktailparty abzuhalten.
»Zufrieden, mein Herr?« fragte Taylor grinsend.
»Wenn du das Zimmer gesehen hättest, das ich letzte Nacht in Amman hatte, würdest du dir die Frage sparen.«
Taylor überließ ihn für eine Weile sich selbst.
Perot ging zum Fenster und sah hinaus. Seine Suite befand sich auf der Frontseite des Hotels, so daß er unter sich den Haupteingang sehen konnte.
Auf diese Weise werde ich vielleicht gewarnt, wenn Soldaten oder Revolutionäre ins Hotel eindringen und nach mir suchen.
Aber was würde ich in einem solchen Fall tun? Er beschloß sich für den Notfall einen Fluchtweg zu suchen. Er verließ seine Suite und ging langsam im Korridor auf und ab. Eine Reihe von Türen war unverschlossen undführte in leere Zimmer. An beiden Enden des Flurs befanden sich Aufgänge zu den Treppenhäusern. Er ging die Treppe hinunter in das darunterliegende Stockwerk. Wieder leere Zimmer, einige ohne Möbel und jegliche Ausstattung: Wie so viele andere Gebäude in der Stadt, war das Hotel noch nicht fertig.
Ich könnte durch dieses Treppenhaus hinuntergehen, und mich in einem Korridor oder einem leeren Zimmer verstecken, wenn ich sie heraufkommen höre. Auf diese Weise könnte ich mich bis ins Erdgeschoß vorarbeiten.
Er ging die Treppe hinab und sah sich im Erdgeschoß um. Es gab dort ein Labyrinth von Küchenräumen mit einer Vielzahl von Verstecken. Vor allem fielen ihm ein paar leere Lebensmittelcontainer auf, die groß genug waren, um einen kleinen Mann zu verbergen. Durch einen Saal gelangte man in den Fitneßraum auf der Rückseite des Hotels. Angeschlossen waren eine hübsche Sauna und ein Swimmingpool. Er öffnete eine Tür und befand sich auf dem hoteleigenen Parkplatz. Hier würde es ihm möglich sein, ein EDS-Fahrzeug zu nehmen und in der City zu verschwinden. Selbst im Dickicht der
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