Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auf den Schwingen des Adlers

Auf den Schwingen des Adlers

Titel: Auf den Schwingen des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
einem Fensterchen in der Backsteinmauer neben dem Tor. Das Fernsehteam schien keine Notiz von Perot zu nehmen. Kurz darauf ging eine kleine Tür in einem der Torflügel auf, und die Besucher traten ein.
    Hinter ihnen fiel die Tür ins Schloß.
    Jetzt gab es für Perot kein Zurück mehr.
    Er ging weiter durch ein zweites Stahltor und betrat das Gefängnisgelände. Es war riesig. Zwischen den einzelnen Gebäuden gab es regelrechte Straßen, Hühner und Truthähne liefen frei herum.
    Er folgte den anderen durch einen Gang in den Empfangsraum und legte seinen Paß vor. Der Beamte deutete auf die Besucherliste. Perot nahm seinen Kugelschreiber und unterschrieb mehr oder weniger leserlich mit seinem eigenen Namen.
    Der Beamte händigte ihm seinen Paß aus und winkte ihn durch.
    Niemand hier hatte je von Ross Perot gehört.
    Er gelangte in einen Warteraum und blieb wie angewurzelt stehen. Ins Gespräch mit einem Iraner in Generalsuniform vertieft, stand dort jemand, der sehr genau wußte, wer Ross Perot war.
    Dieser Jemand war niemand anders als Ramsey Clark, ein Anwalt aus Dallas, der unter Präsident Lyndon B. Johnson Justizminister der Vereinigten Staaten gewesen war. Perot war ihm mehrmals begegnet und kannte Clarks Schwester Mimi recht gut.
    Einen Moment lang stand Perot wie festgefroren. Seinetwegen ist also das Fernsehen hier, dachte er, und faßte dann blitzschnell seinen Entschluß. Er ging zu Clark hinüber, streckte die Hand aus und sagte:
    »Hallo, Ramsey, was tun Sie denn hier im Gefängnis?«
    Clark sah auf ihn herab – er war einsneunzig groß – und lachte.
    Sie schüttelten sich die Hand.
    »Wie geht’s Mimi?« fragte Perot schnell, um Clark keine Gelegenheit zu geben, ihn vorzustellen.
    Der General sprach in Farsi mit einem Untergebenen.
    »Mimi geht’s ausgezeichnet«, sagte Clark.
    »Schön, Sie hier getroffen zu haben«, sagte Perot und ging weiter.
    Paul war krank. Die Erkältung, die er sich im ersten Gefängnis geholt hatte, war hartnäckig. Er hustete ununterbrochen und hatte Schmerzen in der Brust. Weder in diesem noch in dem alten Gefängnis war ihm jemals richtig warm geworden. Er fror nun schon drei Wochen lang. Er hatte seine Besucher von EDS um warme Unterwäsche gebeten, aber aus irgendeinem Grund hatten sie ihm keine gebracht.
    General Mohari, der das Gefängnis leitete, hatte Paul und Bill erklärt, ihm unterstünden sämtliche Gefängnisse in Teheran, und er hätte ihre Verlegung hierher um ihrer eigenen Sicherheit willen veranlaßt.
    Das Gasr-Gefängnis gehörte zu einem großen Gebäudekomplex des Militärs. Im Westen lag der alte Gasr-Ghazar-Palast, in dem der Vater des Schahs eine Polizeischule eingerichtet hatte. Das Gefängnisgelände war einst der Palastgarten gewesen. Im Norden befand sich ein Armeekrankenhaus, im Osten ein Truppenübungsplatz, wo den ganzen Tag über Helikopter landeten und wieder aufstiegen.
    Das Gelände selbst war von einer siebeneinhalb bis neun Meter hohen Innenmauer umgeben, die Außenmauer war etwa vier Meter hoch.
    Im Innern gab es fünfzehn oder zwanzig verschiedene Gebäude, zu denen eine Bäckerei, eine Moschee und sechs Zellentrakte gehörten, von denen einer für Frauen reserviert war.
    Paul und Bill waren im Gebäude Nummer acht untergebracht. Das war ein einstöckiger Block in einem Hof, der von einem hohen Eisengitter umgeben war.
    Für ein Gefängnis war die Umgebung nicht schlecht: in der Mitte des Hofes ein Brunnen, rundherum Rosenbüsche und zehn oder fünfzehn Kiefern. Tagsüber durften sich die Gefangenen draußen aufhalten und Volleyball oder Tischtennis spielen. Den Hof, dessen Tor von einem Posten bewacht wurde, durften sie nicht verlassen.
    Im Erdgeschoß befand sich eine kleine Krankenstation mit ungefähr zwanzig Patienten, vorwiegend psychisch Kranke, die viel schrieen. Paul und Bill waren mit einer Handvoll weiterer Gefangener im ersten Stock untergebracht. Sie teilten sich ihre relativ geräumige, etwa sechs mal neun Meter große Zelle mit nur einem weiteren Gefangenen, einem iranischen Anwalt in den Fünfzigern, der außer Farsi auch fließend Englisch und Französisch sprach. Er hatte ihnen Bilder von seiner Villa in Frankreich gezeigt. In der Zelle stand ein Fernsehgerät.
    Die Mahlzeiten wurden von ein paar Gefangenen, die dafür von den anderen bezahlt wurden, zubereitet und in einem separaten Speiseraum eingenommen. Das Essen war besser als im alten Gefängnis; man konnte sich kleine Vergünstigungen erkaufen, und einer der

Weitere Kostenlose Bücher