Auf den Schwingen des Adlers
Insassen, offenbar ein Krösus, verfügte über ein Privatgemach und ließ sich das Essen von draußen kommen. Die Hausregeln wurden locker gehandhabt: Man mußte nicht zu bestimmten Zeiten aufstehen und zu Bett gehen.
Trotz alledem war Paul zutiefst deprimiert. Ein bißchen mehr Bequemlichkeit bedeutete ihm wenig. Er wollte seine Freiheit wiederhaben. Als man ihm am Morgen des neunzehnten Januar mitteilte, daß Besucher eingetroffen seien, heiterte ihn das auch nicht sonderlich auf.
Im Erdgeschoß des Gebäudes Nummer acht gab es einen Besuchsraum, doch heute wurden sie ohne Angabe von Gründen aus dem Haus und über die Straße geführt.
Paul bemerkte, daß sie sich auf die sogenannte Offiziersmesse zubewegten, die inmitten eines kleinen tropischen Gartens lag, in dem sich Enten und Pfaue tummelten.
Als sie sich dem Palast näherten, kamen ihm die Besucher bereits entgegen.
Er traute seinen Augen nicht.
»Mein Gott!« sagte er, freudig überrascht. »Das ist ja Ross!« Er vergaß, wo er war, drehte sich um und wollte auf Perot zurennen. Die Wache riß ihn zurück.
»Ich kann’s nicht fassen«, sagte er zu Bill. »Perot ist da!«
Der Wachmann drängte sie durch den Garten. Paul sah sich unentwegt nach Perot um und mochte seinen Augen noch immer nicht trauen. Sie gelangten in einen großen, kreisrunden Raum, an dessen mit Dreiecken aus Spiegelglas verkleideten Wänden lange Tische aufgereiht waren. Er wirkte wie ein kleiner Ballsaal. Sekunden später kam Perot mit Gallagher, Coburn und ein paar anderen Leuten im Gefolge herein.
Perot grinste über das ganze Gesicht. Paul gab ihm die Hand, dann umarmte er ihn.
Es war ein bewegender Augenblick.
Perot und Bill umarmten sich ebenfalls und schüttelten sich die Hände. »Ross«, sagte Bill, »was in aller Welt tust du denn hier? Willst du mich heimholen?«
»Es ist noch nicht soweit«, sagte Perot. »Noch nicht.«
Die Wachleute versammelten sich am anderen Ende des Raums zum Teetrinken. Das Botschaftspersonal, das mit Perot gekommen war, setzte sich an einen Tisch und sprach mit einer Gefangenen.
Perot stellte seinen Karton auf den Tisch. »Da drin sind lange Unterhosen für dich«, sagte er zu Paul. »Wir konnten keine kriegen, also haben wir meine mitgebracht. Ich möchte sie aber zurückhaben, verstanden?«
»Klar doch.« Paul grinste.
»Wir haben euch auch Bücher mitgebracht und Lebensmittel – Erdnußbutter und Thunfisch und Fruchtsaft und ich weiß nicht, was sonst noch alles.« Er zog einen Stapel Umschläge aus seiner Tasche. »Und Eure Post.«
Paul warf einen Blick auf seine Briefe. Einer war von Ruthie. Er steckte sie ein, um sie später zu lesen, und fragte: »Wie geht’s meiner Frau?«
»Es geht ihr gut«, sagte Perot. »Ich habe mit ihr telefoniert. Sie ist in Dallas und sieht sich nach einem Haus um.«
Er wandte sich an Bill. »Emily ist zu ihrer Schwesternach North Carolina gefahren. Sie brauchte mal Tapetenwechsel ...«
Perot berichtete in kurzen Zügen, was alles getan worden war, um ihre baldige Befreiung zu erreichen.
»Wenn alles schiefgehen sollte«, sagte er, »dann haben wir immer noch ein zweites Team in der Stadt, das euch auf andere Weise rauskriegen wird. Von diesem Team kennt ihr alle bis auf den Anführer, einen älteren Mann.«
»Ich bin nicht ganz damit einverstanden«, sagte Paul. »Warum muß ein Haufen Leute für uns beide den Kopf hinhalten?«
Bill fragte sich, was sie im Schilde führten. Sollte ein Hubschrauber auf dem Gefängnisgelände landen und sie aufnehmen? Oder würde die US-Armee das Gefängnis stürmen? Eigentlich kaum vorstellbar – aber bei Perot war alles möglich.
Coburn sagte zu Paul: »Und du sperrst Augen und Ohren auf und merkst dir alle Einzelheiten über das Gefängnis und den Tagesablauf hier, ganz wie gehabt.«
Die Wachleute kamen und verkündeten, die Besuchszeit sei vorüber.
»Wir haben keine Ahnung, ob wir euch sofort oder später rauskriegen. Stellt euch lieber drauf ein, daß es noch ein bißchen dauert. Wenn ihr jeden Morgen mit dem Gedanken aufwacht ›Heute ist es soweit!‹, dann verliert ihr mit der Zeit den Mut. Am besten ihr macht euch auf einen längeren Aufenthalt hier gefaßt, dann erlebt ihr irgendwann eine angenehme Überraschung. Aber auf eins könnt ihr euch verlassen: Raus kriegen wir euch auf jeden Fall.«
Sie schüttelten sich der Reihe nach die Hand. »Ich weiß gar nicht, wie ich dir für dein Kommen danken soll, Ross«, sagte Paul.
Perot lächelte. »Indem
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