Auf Den Schwingen Des Boesen
Schultern sinken, dann holte sie tief Luft und steckte den Gesteinsbrocken in die Tasche. Eine Weile hockte sie reglos und schweigend da, bevor sie sich langsam erhob und Will anstarrte.
»Ich bin sicher, dass die Reliquie verschwunden ist«, sagte sie. »Aber ich weiß, wo er sie immer aufbewahrt hat, egal wo er wohnte. Ich geh mal nachschauen, vielleicht haben wir ja Glück.«
Will nickte. Sie ließ uns stehen und steuerte die Küche an, wo sie die Schublade unterm Herd aufzog und abtastete. Mit einem zornigen Schrei zog sie die Hände zurück und boxte gegen den Herd, wobei ihre Faust den Stahl mit metallischem Ächzen zerbersten ließ. Sie richtete sich auf und ignorierte das Blut, das ihren Arm herablief und sich zu ihren Füßen sammelte. »Es ist nicht mehr da. Sie haben ihn umgebracht und es mitgenommen.«
»Es tut mir so leid, Ava«, sagte ich mitfühlend.
Wütend drehte sie sich zu mir um. »Vergieß keine Tränen um mich oder den Reliquienbeschützer. Er hat seine Pflicht getan. Das einzig Wertvolle, was wir heute verloren haben, ist die Reliquie.«
Der Gedanke an Ava und Zane brach mir das Herz, und ich fragte mich, warum engelhafte Reaper ihrem Leben so wenig Wert beimaßen. Jedes Leben war zu wertvoll, um es einfach wegzuwerfen.
Ein Aufwogen von Macht hinter uns ließ Will und mich herumfahren. Ein blondes Mädchen – nein, eine Vir – stand in der Tür. Ich beschwor meine Schwerter herauf und entflammte sie mit Engelsfeuer, während der Blick ihrer großen Augen – dunkel und schimmernd wie vulkanisches Obsidian-Glasgestein – sie voller Staunen erfasste.
»Du«, hauchte sie und starrte auf meine Schwerter.
Bevor ich angreifen konnte, huschte Ava an mir vorbei, packte sie am Hals und schleuderte sie gegen die Flurwand. Erschrocken sah ich, wie das Mädchen Avas Arm beiseitestieß und zuschlug. Ava duckte sich und verpasste ihr einen hohen Tritt gegen die Schläfe. Das Mädchen ging zu Boden, rollte sich ab und sprang wieder auf die Füße.
»Warte!«, schrie sie, aber Ava kam erneut auf sie zugestürmt, sprang gegen die Wand und wirbelte durch die Luft, um ein zweites Mal anzugreifen, doch das Mädchen konnte dem Schlag in letzter Sekunde ausweichen. »Stopp!«
Ava landete, ließ ihre langen Krallen hervorschnellen und warf sich erneut auf das Mädchen.
»Ava, warte!«, rief Will und schoss an mir vorbei zu den kämpfenden Reapern. Er packte Avas Schulter, riss sie zurück und schleuderte sie gegen die Wand, worauf er sich zwischen den beiden postierte. Er rief sein Schwert in seine freie Hand und drohte der fremden Vir damit. Blind vor Zorn versuchte Ava seinem Griff zu entkommen.
»Gib dich zu erkennen«, befahl er dem Mädchen, das beim barschen Klang seiner Worte zusammenzuckte. »Sonst lass ich sie los. Sie scheint eine Schwäche für dich zu haben.«
Das Mädchen richtete sich auf und strich Haare und Kleider glatt. Als sie vorsichtig ihren Kiefer abtastete, verzog sie das Gesicht und kniff vor Schmerzen die Augen zusammen. »Ich bin Sabina«, sagte sie schließlich. »Ich arbeite mit Zane zusammen. Aber wenn ich mir das Chaos hier so ansehe, nehme ich an, dass er tot ist. Stimmt das?«
Er ging nicht auf ihre Frage ein. »Du gehörst zu den Engelhaften?«
»Natürlich.«
»Ellie«, sagte Will und sah mich auffordernd an.
Ich wusste, was er von mir erwartete. Ich sollte sie auf dieselbe Weise testen wie ihn vor Hunderten von Jahren. Die schwarzen Augen der unbekannten Vir, die mich an Ragnuks dämonischen Blick erinnerten, fixierten meine Schwerter. Augen, die mich an ihrer engelhaften Herkunft zweifeln ließen.
Sie schaute mir wieder ins Gesicht. »Ich weiß, wer du bist, obwohl ich nie gedacht hätte, dich jemals zu Gesicht zu bekommen. Du bist real .«
»Natürlich bin ich das«, sagte ich, durch ihr unverhohlenes Gestarre ein wenig in Verlegenheit gebracht. Ab und zu traf ich einen Reaper wie sie, der seit Jahrhunderten von meiner Existenz wusste, mir jedoch während all meiner Wiedergeburten niemals über den Weg gelaufen war. Für die meisten Reaper war ich wie Bigfoot, nichts weiter als eine alberne Geschichte, die nichts als ein paar fragwürdige Beweisstücke hinterlassen hatte. Argwöhnisch trat ich auf Sabina zu, die mir ihre Hand entgegenstreckte. Ich hob mein Schwert.
»Tu, was du tun musst, Preliatin«, sagte sie.
Ich schnitt in ihre Handfläche, und Engelsfeuer zog sich über ihre Haut. Ich senkte das Schwert, und sie hielt die Hand hoch, damit wir sehen
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