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Auf Den Schwingen Des Boesen

Auf Den Schwingen Des Boesen

Titel: Auf Den Schwingen Des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Allison Moulton
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wäre sie ein hässlicher Schandfleck, den niemand sehen durfte.
    »Er hat mich geliebt«, sagte sie. »Ich weiß es. Aber seine Pflicht, die Reliquie zu schützen, war ihm wichtiger als ich. Also hab ich ihn seiner Pflicht überlassen. Ich wusste, sie würde ihn eines Tages das Leben kosten, aber ich wollte mein Leben leben. Er war so wütend, als ich fortging. Das hat mich überrascht – wie wütend er auf mich war. Es fiel ihm so leicht, mich zu hassen, und so schwer, mich zu lieben.«
    Sie strich sich das Haar hinter die Ohren und verschränkte die Arme vor der Brust, bevor sie mich endlich ansah und mir ein freundliches, hoffnungsvolles Lächeln schenkte. In diesem Moment wirkte sie unsagbar menschlich. »Zumindest hat er ihnen einen höllischen Kampf geliefert, was?«
    Ich erwiderte ihr Lächeln. »Ja.«
    »Ich frage mich nur, wieso niemand etwas mitbekommen hat«, sagte sie, mit einem Mal wieder ganz sachlich. Sie stand auf und sah Will an. »Was glaubst du?«
    Er zuckte die Achseln. »Denk an Nathaniels Erklärung. Wenn der angreifende Reaper stark genug war, konnte er die Wahrnehmung sämtlicher Menschen auslöschen, die sich in Hörweite befanden. Entweder sie haben wirklich nichts mitbekommen, oder sie erinnern sich nicht an den Zwischenfall. Der menschliche Geist lässt sich leicht manipulieren. Nathaniel hätte die Sache ohne Probleme vertuschen können.«
    »Stimmt«, sagte Ava bitter. »Nun, Bastian hat ein ganz schönes Aufgebot an Verbrechern. Ich wette, er hat für jede Gelegenheit den passenden Vir.«
    Die Vorstellung, dass Nathaniel oder ein anderer Vir in der Lage war, den menschlichen Geist zu manipulieren, verstörte mich. Es schien die schlimmste Art, einem Menschen Gewalt anzutun. Der Geist war ein sicherer, heiliger Bereich, und die Vorstellung, jemand könnte ihn aufreißen und verwundbar machen, war ein furchterregender Gedanke. Ich hatte keine Ahnung, wie ich mich gegen einen solchen Angriff schützen sollte, und betete darum, niemals dazu gezwungen zu sein.
    Plötzlich konnte ich es nicht mehr auf dem Parkplatz und so nah beim Ort des Todes aushalten. »Ich muss zurück in die Schule«, erklärte ich knapp. »Ich kann nicht noch länger schwänzen.«
    »In Ordnung«, sagte Will. »Aber lass uns vorher bei Nathaniel haltmachen und etwas essen. Du brauchst ein bisschen Erholung, bevor wir zurückfahren.«
    Das klang verlockend. Bei der Erwähnung von Essen zog sich mein Magen zusammen und fing an zu knurren. Will grinste, und ich wurde rot.
    Er deutete auf meinen Wagen. »Lass uns verschwinden.«
    Als wir bei Nathaniel eintrafen, verabschiedete Ava sich, und Will machte uns etwas zu essen. Bei einem Blick auf mein Handy entdeckte ich eine SMS von Kate, die ich jedoch nicht beantwortete. Stattdessen sah ich auf die Uhr.
    »Ich muss los«, sagte ich und schob mein Handy zurück in die Tasche, worauf ich mein Geschirr vorspülte und in die Spülmaschine räumte.
    Will blieb zunächst sitzen und beobachtete mich schweigend, bevor er sich erhob und mir durchs Wohnzimmer bis zur Haustür folgte. Als er mich eingeholt hatte, berührte er meine Fingerspitzen und hielt mich zurück. Ich drehte mich um und versuchte seinen Blick zu deuten.
    »Was gibt’s?«, fragte ich und ließ ihn gewähren, als er begann, mit dem Daumen über meine Handfläche zu streichen. Gedankenverloren saugte er an seiner Oberlippe, was mir verriet, dass er nervös war. Mein Lächeln schwand dahin.
    »Ich muss dir was sagen«, erklärte er. »Weil es nicht richtig ist, es noch länger vor dir zu verbergen. Ich will offen mit dir sprechen.«
    »Okay …«
    »Weißt du noch, als wir gesagt haben, dass wir keine Geheimnisse mehr voreinander haben wollen?«, fragte er leise und schaute zu Boden.
    Ich musste schlucken, und das Atmen fiel mir plötzlich schwer. »Ja«, hauchte ich.
    »Es nagt schon eine ganze Weile an mir«, sagte er. »Frisst mich von innen auf.«
    Ich schüttelte den Kopf und schaute ihm verwirrt in die blassgrünen Augen. »Wovon redest du?«
    »Ich dachte, alles wäre vorbei.« Seine Stimme brach, und er holte tief Luft, um sie zu festigen, aber seine Mühe war umsonst. »Ich hab geglaubt, ich hätte dich zum letzten Mal im Stich gelassen, dass du für immer fort wärst, weil ich dich nicht retten konnte.«
    Angst schnürte mir die Kehle zu, als ich mich fragte, was er mir gleich sagen würde.
    »Ich habe dich geliebt«, fuhr er fort und schaute endlich auf. »Und ich war so lange verzweifelt gewesen.

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