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Auf Den Schwingen Des Boesen

Auf Den Schwingen Des Boesen

Titel: Auf Den Schwingen Des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Allison Moulton
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Handrücken die Tränen ab, bevor ich mich mit zittrigen Beinen erhob. Ich sah zu ihm hinunter. Er ergriff meine Hand und betrachtete sie mit ernster Miene. Als er mich an sich zog, ließ ich es geschehen. Behutsam ließ er die Finger über meine Handfläche und mein Handgelenk gleiten, bevor er mich sanft an sich zog und sein Gesicht an meinen Bauch schmiegte. Er drückte mich ein wenig und presste die Lippen auf meinen Pullover. Ich brauchte ein paar Sekunden, bis ich mich wieder gefasst hatte und genug Kraft aufbrachte, die Hände zu heben und sein Gesicht zu berühren. Ich hob sein Kinn an und streichelte seine rauen Wangen, seine Lippen – da lächelte er unter meinen Fingerspitzen, und es brach mir das Herz.
    »Ich brauche dich«, sagte er und küsste meine Handfläche.
    In meiner Brust zerbrach etwas, und meine Lippen bebten. »Ich brauche dich auch.« Ich strich durch sein seidiges Haar.
    »Nichts hat mir jemals mehr bedeutet als du«, flüsterte er. »Du bist alles für mich.«
    »Sag das nicht«, murmelte ich und schüttelte den Kopf. »Es ist nicht wahr.«
    »Ich habe dich nie belogen.«
    Ich musste fort, bevor ich wieder anfing zu weinen. Ich wich zurück, und seine Hände glitten von meiner Mitte. »Ich muss vor Ende der Mittagspause zurück in der Schule sein.«
    »Ich weiß«, sagte er.
    Ohne Abschied verließ ich Nathaniels Haus und fuhr zurück zur Schule. Den Rest des Tages verbrachte ich in einem benommenen Nebel und vermied es, Kate zu treffen. Ich schrieb ihr lediglich eine SMS und ließ sie wissen, dass ich nichts in Erfahrung gebracht hatte.

ELF
    I n dieser Woche schrieb ich zwei Aufsätze, und am Donnerstag brauchte ich eine Auszeit und wollte mal raus. Will und ich waren noch ein bisschen durcheinander nach unserer tränenreichen Diskussion über seine Geschichte mit Ava. Keiner meiner Bekannten und Freunde würde mich in der Bibliothek stören, und deshalb schien sie mir der perfekte Rückzugsort. Mittlerweile hatte leichter Schneefall eingesetzt. Wenn ich langsam fuhr, brauchte ich mir wegen der Heimfahrt keine Sorgen zu machen, doch wenn es die ganze Nacht so weiterging, würde ich am nächsten Morgen garantiert die Einfahrt freischaufeln müssen. Die Bibliothek schloss erst in drei Stunden, somit hatte ich genug Zeit, mir ein gutes Buch zu suchen und es mir in einer der Sitzecken im ersten Stock gemütlich zu machen.
    Nach kurzem Durchstöbern der Regale wählte ich ein Buch aus, das ich einige Jahre zuvor bei meiner Mutter auf dem Nachttisch gefunden hatte. Ich erinnerte mich, wie mich die Liebesgeschichte gefesselt hatte, also zog ich es aus dem Regal und ging die knarrende Treppe hoch in den oberen Lesesaal, wo es ruhiger war. Ich machte es mir in einem kuscheligen Sessel neben einer Stehlampe gemütlich und vertiefte mich in den Roman. Die Gegenwart des stummen Reapers, der seine Energie unterdrückte, bemerkte ich erst, als er sich hinter mich stellte und der Schatten seines Kopfes auf die Buchseiten geworfen wurde.
    Erschrocken ließ ich das Buch fallen und sprang auf. Die ungeheure Kraft des Reapers erfasste meinen Körper wie das zarte Gekrabbel von Spinnenbeinen. »Cadan!«, rief ich leise.
    Er lächelte sanft und ein wenig amüsiert. Das warme Licht der Bibliothekslampen ließ sein Haar noch goldener schimmern als gewöhnlich. »Scheint ein tolles Buch zu sein. Du hast mich erst bemerkt, als ich direkt hinter dir stand.«
    »Was willst du?« Seltsamerweise hatte ich keine Angst vor ihm – obwohl ich Grund genug gehabt hätte, ihn zu fürchten. Ich konnte mir nicht erklären, wieso, aber ich fühlte mich nicht von ihm bedroht.
    »Ich will dich sehen.«
    Ich blinzelte. »Wieso?«
    Mein Argwohn schien ihn nicht zu stören. »Wieso nicht?«
    War das sein Ernst? »Wir sind Feinde, Cadan.«
    »Wer sagt das?«, fragte er, und in seiner Stimme schwang aufrichtige Neugierde mit. Er trat um mich herum und nahm gegenüber von mir Platz. »Wenn wir Feinde wären, hätte ich längst versucht, dich zu töten.«
    »Bis jetzt hast du dich zurückgehalten.«
    »Aber wenn du wirklich dächtest, wir wären Feinde, hättest du dann nicht versuchen müssen, mich zu töten? Du machst doch fast jede Nacht Jagd auf die Dämonischen. Du sitzt doch nicht herum und wartest, bis du angegriffen wirst. Du hättest mich verfolgen können, aber das hast du nicht, was mich, ehrlich gesagt, auch ein wenig enttäuscht hat.« Er berührte mein Haar wie an dem Abend, als wir uns zum ersten Mal begegnet waren.

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