Auf den Wogen des Glücks
dröhnte so laut wie das Kirchengeläut eines verschlafenen Städtchens. Dominique spürte Hawksmoors durchdringenden Blick auf ihrem Rücken, ganz so, als wolle er sie bewusst dazu bringen, die Frage, die ihr unter den Nägeln brannte, endlich zu stellen. Sie hatte ihre Neugier schon viel länger als üblich gezähmt. »Sie haben ihm das Leben gerettet«, begann sie schließlich. »Er würde Ihnen niemals auch nur ein Haar krümmen, aber wo sind Sie sich eigentlich das erste Mal begegnet?«
Nicholas zögerte kurz. Welcher Teil der Geschichte war ihm unangenehm? Oder bereitete es ihm Probleme zuzugeben, dass er früher in seinem Leben schon einmal etwas Wohltätiges getan hatte? »Omar war der Wächter des erlesenen Harems des Bey von Algier. Er kaufte, raubte und tauschte die schönsten Frauen der Welt. Der Bey schätzte ihn und sein Auge für seltene Schönheiten. Als er verstarb, bestieg sein schwachsinniger Sohn im Alter von sechzehn Jahren den Thron. Da gelang es diesem Ramzi auf geschickte Art und Weise, sich dem jungen Bey als Vertrauter und Berater zu nähern. Er trichterte dem Jungen seine totalitären und repressiven Ideen ein, immer in der Hoffnung, eines Tages selbst die Kontrolle über das Königreich zu erlangen, und der junge Mann zeigte sich mehr als zugänglich. Ramzi versorgte ihn mit Drogen und Frauen. Offensichtlich dachte Ramzi auch, seine einflussreiche Position ermächtige ihn, sich selbst im Harem zu bedienen, und er wählte eine Jungfrau, die Tochter eines britischen Diplomaten, die am Vorabend ihrer Vermählung mit einem britischen Marineoffizier vom väterlichen Schiff auf dem Mittelmeer geraubt worden war.«
»Sie war entführt worden?«
»Sie war atemberaubend.« Nicholas' Stimme klang jetzt beunruhigend heiser. »Omar entdeckte sie auf dem Schiffsdeck und wusste sofort, dass der Bey sie schlichtweg haben musste. Also griff er das Schiff an und nahm sie sich.«
»Das ist barbarisch, das arme Mädchen.«
»Wirklich? Als ich sie im Harem entdeckte, war sie zwar rund und dick wie ein Mops, aber die vergnügteste Frau, die ich je traf. Und falls Sie es genau wissen wollen, sie legte erstaunlich wenig Loyalität an den Tag - weder ihrem Verlobten noch Ramzi gegenüber.«
»Ach so.« Dominiques Stimme klang mit einem Mal sehr dünn, als sie sich ausmalte, zu was die Fülle und Fröhlichkeit dieser Frau ihn veranlasst haben mochten, als er den Harem stürmte und sie auf seinen starken Armen herausgetragen hatte. Sie wusste zumindest, was sie getan hätte, wäre sie die Frau gewesen. Ihr lag ein bissiger Kommentar auf der Zunge. »Ich nehme an, Sie hatten den Auftrag, sie zu suchen. Es grenzt an ein Wunder, dass Sie für ihre Bemühungen nicht geadelt worden sind.«
»Ich bin fast gehängt worden, es gab da nämlich einen kleinen Haken.«
»Ach, stell sich das mal einer vor!«
»Nicht das, was Sie denken, aber da Omar auch mit der Sicherheit für den kompletten Harem beauftragt war, kam es zu einem Schlagabtausch zwischen ihm und Ramzi, woraufhin Ramzi seine Exekution anordnete, in die der Bey natürlich einwilligte.«
Dominique schluckte. »Sie muss schon etwas sehr Besonderes sein, wenn Männer ihretwegen so ungestüm aus der Haut fahren.«
»Ramzi war wie besessen von ihr, aber mehr noch davon, die Kontrolle über den jungen Bey zu behalten, und Omar stellte für ihn eine Bedrohung dar. Als ich das Mädchen nun also befreit hatte, wollte Ramzi sich an Omar rächen.«
»Aber Sie sind auch Omar zu Hilfe geeilt, und haben damit ihr Leben für einen Mann, den Sie kaum kennen, aufs Spiel gesetzt.«
Stille kehrte ein. »Er hat sich mir gegenüber sehr erkenntlich gezeigt.«
»Nun, freie Wahl in einem Harem zu haben, wäre ein Geschenk, für das viele Männer ihr Leben aufs Spiel setzen würden. Lassen Sie mich raten: Das Mädchen hat sich in Sie verliebt.«
»So etwas Ähnliches.«
»Dann grenzt es wohl eher an ein Wunder, dass Sie nicht von der britischen Marine kastriert worden sind, als Sie sie wieder an Bord ihres Vaters gebracht haben.«
»Zumindest dachten alle, sie hätten einen guten Grund, mich direkt an die Fockrah zu hängen. Sie hatte nämlich um den Bauch herum ziemlich zugenommen.«
Dominique wurde kalt bis auf die Knochen. »Sie war schwanger?«
»Aber nicht von mir, ich war es nicht, der das Lager mit ihr teilte.«
»Das wollte ich gar nicht wissen.«
»Dann muss ich mich wohl verhört haben.«
Dominiques Wangen glühten. »Ich gebe keinen Pfifferling darum, ob
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