Auf den Wogen des Glücks
ihrer Statur her unterschieden sich die beiden kaum. An den Schweißperlen auf Hattons Stirn erkannte Nicholas sofort, dass es nicht die Sonne oder die Hitze des südlichen Mittelmeeres war, die ihn ins Schwitzen brachte. Auch sein angestrengter Gesichtsausdruck konnte nicht als Versuch gewertet werden, einem ängstlichen Eleven Vertrauen einflößen zu wollen. Nein, er kämpfte verbissen, mühte sich nach all seinen Kräften ab, und genau das stand ihm ins Gesicht geschrieben.
Nicholas machte kurz Halt. Er bahnte sich dann seinen Weg durch den Kreis der zuschauenden Matrosen um die beiden Kämpfer. Hatton entdeckte ihn, woraufhin sein Gesicht noch eine Spur dunkler wurde. Mit einem Mal machte er einen großen Satz nach vorn und setzte zu einem gefährlichen Angriff an, so als würde die plötzliche Anwesenheit seines Kapitäns ihn beflügeln. Dominique jedoch wehrte den Angriff ab und wich einen Schritt zurück, wobei sie so dicht an Nicholas herankam, dass er ihre nach Lavendel duftende Wärme wahrnahm. Die Sonne brannte auf ihre goldbraune, leicht verschwitze Haut, einige Haarsträhnen klebten an ihrem Nacken. Nicholas verspürte den Wunsch, seine Hände in ihrem Haar zu vergraben, seine Augen zu schließen und ihren Duft aufzunehmen.
Wie besessen war er von dem Wunsch, diese Frau zu verteidigen, und wenn er wie jetzt zum bloßen Zuschauen verurteilt war, erweckte dies seine männlichen Urinstinkte. Er war sich im Klaren darüber, dass ihm nichts anderes übrig blieb, als ihre Niederlage tatenlos mit anzusehen. Dominique war wahrscheinlich die einzige Frau auf der ganzen Welt, die nicht gerettet werden wollte. Klingen prallten aufeinander, und Dominique fiel auf ihre Knie. Nicholas spürte, wie sich seine Gesäßmuskulatur anspannte und seine Fäuste nach oben schnellten. Einige der Matrosen riefen ihr etwas Aufmunterndes zu, was Hatton noch verbissener dreinschauen ließ. Er winkelte seinen Arm mit der Waffe an, aber mit einem Mal schnellte Dominique so unerwartet und flink in die Höhe und um ihren Gegner herum, dass selbst Nicholas ins Staunen geriet. Nun stand Dominique Nicholas gegenüber, konzentrierte sich aber auf niemand anderen als auf Hatton. Den Degen mit beiden Händen fest umklammert, kreiste sie langsam um ihren Gegner. Sie keuchte bei jedem Atemzug, ihr Mund war leicht geöffnet, ihre Augen blickten wild wie die eines ausgehungerten Tigers.
Nicholas schaute wie gebannt zu. Es gab nur eine große Furcht, die diese Frau hegte, und er hatte sie gesehen. Eben, vor wenigen Minuten, unter Deck.
Ihre Klinge sauste durch die Luft, sie stieß einen heiseren Schrei des Triumphes aus und mit einer weit ausholenden Bewegung schlug sie Hatton den Degen aus der Hand, das über die Planken schlitterte, bis Nicholas es mit seinem Stiefel aufhielt.
Die Mannschaft begann zu jubeln und ein paar Münzen wechselten den Besitzer. Es hatte ganz den Anschein, als ob mancher gegen Hatton gewettet hatte.
»Gut gemacht«, lobte Nicholas sie, als die Jubelrufe abebbten und die Mannschaft sich mit verstohlenen Blicken zu ihrem Kapitän in die verschiedenen Richtungen zerstreute. Wie ein sommerlicher Vollmond strahlend stand Dominique vor ihm.
»Ich habe ihn besiegt«, keuchte sie mit einem breiten Grinsen. »Ich habe ihn tatsächlich besiegt.« Nicholas überkam das unangenehme Gefühl, sie hätte mit jedem anderen auch so geredet. Zu Recht weidete sie sich an ihrem Sieg. Nicholas hatte ihre letzte Begegnung unter Deck noch lebhaft vor Augen, sie aber schien sie bereits vergessen zu haben. Sie war über und über glücklich.
Sie so zu sehen, war ein wahrhaft einnehmender Anblick.
»Wenn ich mal kurz stör'n dürfte, Käpt'n, Sir ...« Hatton war um Zentimeter geschrumpft, rauschte an ihnen vorbei und bückte sich nur kurz, um seinen Degen aufzuheben.
»Du bist ein sehr guter Lehrer, Hatton«, lobte Nicholas auch ihn. »Mir ist zu Ohren gekommen, dass sie die Schießkunst ebenso gut wie das Fechten beherrscht.«
»Ich find ja, sie schießt sogar noch besser, Sir.«
»Das ist kaum verwunderlich, denn alles, was sie anfasst, wird zu Gold. Jetzt an die Arbeit.«
Dominique wurde schnell wieder die alte, vielleicht war es auch die Erinnerung, die mit einem Mal über sie hereinbrach, denn ihre Hand zitterte leicht, als sie sich die Haare aus den Augen wischte. Wieder erweckte sie den Anschein, als würde sie sich jeden Augenblick umdrehen und die Flucht ergreifen.
Nicholas schnappte sich ihre Hand, drehte die
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