Auf den Wogen des Glücks
andere als einladend, die Luft war geschwängert von süßen und zugleich beißenden Gerüchen.
»Zieh das an.« Hawksmoor drückte Dominique Kleidungsstücke in die Hand, bevor er davonstolzierte und den Matrosen, die hoch oben zwischen den Masten turnten, einen Befehl zurief. Dominique biss sich auf die Zunge, während sie die rot-weiß-karierte Ghutra für den Kopf und die lange weiße Tracht auseinanderfaltete. Ihr erster Instinkt war, beides mit einer trotzigen Geste ins Hafenbecken zu schleudern. Verdammt, sie war doch immer in der Lage gewesen, sich gegen bewaffnete Widersacher zu wehren - sei es gegenüber cleveren Reedereibesitzern wie Banks oder zickigen jungen Frauenzimmern, die sie schon immer abgelehnt hatten. Warum besaß ausgerechnet Hawksmoor solche Macht über sie? Sie fühlte sich wie ein schmollendes Kind? Vielleicht bedeutete er ihr doch mehr als alle Konkurrenten oder Klatschweiber.
»Die Kleidung wird Sie beschützen«, wollte Meyer, der mit einem Mal neben ihr stand, sie trösten. Allem Anschein nach hatte er aufgrund ihres Gesichtsausdruckes ihre Gedanken lesen können. »Machen Sie schon, ziehen Sie sie schnell über, bevor jemand entdeckt, dass Sie eine Frau sind! Selbst unser Kapitän wäre machtlos, wenn man Sie schnappen und auf den Sklavenmarkt bringen würde.« Meyer machte eine Kopfbewegung in Richtung Schafott, das am Ende des Hafens stand. »Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie als Sklavin im Harem eines alten Bashwa oder als Geliebte eines Piraten enden würden, wäre äußerst groß.«
»Warum liefert er mich nicht gleich mit einem feisten Grinsen an sie aus?« Dominique schniefte, wandte sich von der Reling ab und zog widerwillig die Ghutra, die auch ihr Haar verdeckte, über den Kopf. Die tropischen Hitze war unerträglich und sie glaubte zu ersticken unter der Kopfbedeckung, die keinen noch so starken Wind durchließ. Schweiß rann ihr den Körper hinunter und in die Augen. Als sie den salzigen Geschmack mit ihren Lippen auffing, wurde Dominique wütend. »Was für ein Zufall, dass ausgerechnet ich zu meiner eigenen Sicherheit diesen Qualen erleiden muss. Werden denn die Tunesier nicht stutzig, wenn nur ein einziger Beduine an Bord eines englischen Schiffes ist?«
»Nee, Miss. Der Käpt'n hat sich da schon was einfallen lassen.«
Dominique konnte und wollte ihren Sarkasmus nicht zurückhalten. »Wie dumm von mir, natürlich hat er das.« Ihre Augen folgten Meyers Kopfbewegung und sie verstummte, als Hawksmoor auf sie zuschritt. Sie gab sich alle Mühe, ihm nicht gebührende Aufmerksamkeit zu schenken, obwohl sein Äußeres danach schrie.
Nichts an ihm erinnerte mehr an den englischen Kapitän, der er noch vor kurzem gewesen war. Die elfenbeinfarbenen Seidenpantalons, die Nicholas nun trug und die in schwarzen, kniehohen und auf Hochglanz polierten Stiefeln steckten, blähten sich erst bei jedem Schritt auf, um sich dann wieder wie eine zweite Haut an sein Becken und seine muskulösen Beine zu schmiegen. Das langärmelige Hemd und die ämellose Weste aus derselben Seide, hatte er nur bis zur Hälfte seiner Brust zugeknöpft, sodass die dicke, mit Rubinen besetzte Goldkette bestens zur Geltung kam. Dominiques Augen wanderten zu dem riesigen Rubinanhänger, der sich in seinen dichten schwarzen Brusthaaren eingenistet hatte und der dem ähnelte, der auf der weißen Kopfbedeckung nahe seiner Stirn glitzerte. Um seine Hüften trug er einen mit Juwelen besetzten Gürtel, an dem eine unglaublich lange Scheide samt Säbel baumelte. In einer Hand hielt er den mit Sand und Diamanten gefüllten Lederbeutel, der als Lösegeld für das Katzenauge gedacht war und der in der untersten Schublade des Schreibtisches gelegen hatte, wo ihn die Plünderer - genau wie Hawksmoor vermutet hatte - glücklicherweise übersehen hatten.
»In diesen Breitengraden ist er als Scheich Al-Haj Abdullah bekannt«, erklärte Meyer ihr.
Dominique blinzelte. »Hawksmoor ist ein Scheich?«
»Er hat sich den Titel zu Recht verdient, Miss. Vor einigen Jahren reiste der Käpt'n nach Mekka, wo Christen nicht gerne gesehen sind. Um aber heil durch die Wüste zu gelangen, legte er sich verschiedene Verkleidungen und den Namen Al-Haj Abdullah zu.«
»War er wieder einmal auf einer seiner Missionen?«
»Jawohl, Miss. Er war unterwegs, um die Tochter eines Regierungsmitgliedes zu finden, die in Konstantinopel entführt und als Sklavin verkauft worden war. Er verfolgte ihre Spur bis zum Palast des Königs in Mekka. Als
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