Auf den Wogen des Glücks
seiner Seele berührte, sondern die Stimme selber. Dominiques Stimme.
Sie summte die Melodie des Sardanas, des Tanzes der Zigeuner.
Wie eine Erscheinung trat Dominique aus dem Nebel heraus. Zierliche Arme zeichneten Kreise in der Luft, geschmeidige Beine bewegten sich anmutig in hauchzarter Seide, eine Wolke aus haselnussbraunem Haar fiel auf ihre Hüften herab. Sie war zu einer Verführerin, einer heißblütigen Zigeunerin geworden. Selbst Raina hätte ihre Vorführung nicht kalt gelassen. Gegen seinen Willen und trotz der Umstände, in denen Nicholas sich befand, spürte er, wie sich jeder Zentimeter seines Körper zu versteifen begann. Unwillkürlich musste er seine Hände zu Fäusten ballen, um nicht nach ihr zu greifen, sie festzuhalten und sie zu beschützen, wie sein Instinkt es ihm befahl. Ohne seinen Blick zu suchen, schwebte sie an ihm vorbei, ganz so, als ob sie es vorzog, ihn nicht zu kennen. Stattdessen schaute sie den Kriegern, einem nach dem anderen, tief in die Augen, und in ihrem Lächeln lagen Versprechungen, die ihr Körper problemlos halten konnte. So wie sie ihr Becken kreisen ließ und sich ihre Brüste unter dem Hemdchen nach vorn reckten, glaubte selbst Nicholas beinahe an ihre innigen Verheißungen.
Seine Ehefrau und wie sie um die Gunst einer Horde Wilder buhlte. Hoffentlich hatte sie gute Gründe für ihr Tun, denn so langsam drängte sich ihm der Verdacht auf, dass sie verdammt noch mal zu fast allem fähig war. Dominique hatte einen leeren Gesichtsausdruck, es gab kein Anzeichen dafür, dass sie ihn erkannt hatte, dass sie noch etwas für ihn empfand. Weder Erleichterung noch Liebe. Nichts.
Nein! Sie hatte ihn nicht vorsätzlich in Tunis zurückgelassen, auch wenn sie den Eindruck vermittelte, sich in der jetzigen Situation alles andere als unwohl zu fühlen. Sie war eine ausgesprochen begnadete Schauspielerin, die ihre Rolle ausgezeichnet spielte. Nicht mehr und nicht weniger. Sie wollte alle und jeden im Raum, ihn eingeschlossen, zum Narren halten. Eine erzwungene Heirat wäre für Dominique niemals Grund genug, in das Lager seines Erzfeindes zu wechseln. Zugegeben, die Idee mit der Ehe war ein wenig gewöhnungsbedürftig, aber würde sie wirklich zu einem solch drastischen Vergeltungsschlag ausholen, um die Situation zu bewältigen? Niemals.
Was aber hatte das Opium mit ihr angestellt?
Nicholas' Blick flog im Zelt umher. Ramzi lümmelte sich in einem lächerlich aussehenden Stuhl, der auf einer Art Podest stand, und hielt seinen Opiumflakon fest im Schoß. Seine Augen waren fast geschlossen, ganz so als würde er bereits schlafen, aber Nicholas war sich sicher, dass er - genau wie die anderen Männer auch - Dominique fest im Blick hatte. In den Augen eines Mannes war sie schließlich hundert Mal faszinierender als jede Wasserpfeife.
»Bindet ihn an die Wand«, befahl Ramzi mit einem Mal, ohne sich auch nur einen Millimeter zu bewegen, und nachdem Nicholas zu einer massiven Holzvorrichtung gezerrt worden war, die sich in der Mitte des Raumes befand und verdächtig nach einem Folterinstrument aussah, wurden ihm schwere Fesseln an dicken Ketten um Knöchel und Handgelenke gelegt. Ramzi schenkte Dominique seine ungeteilte Aufmerksamkeit.
Auf Ramzis Zungenschnalzen hin verließen die Krieger geschlossen das Zelt. Dominique aber tanzte und tanzte und sang leise mit sinnlich tiefer Stimme. Sie schlängelte sich ihren Weg durch das Zelt und tanzte schließlich so nahe vor Ramzi, dass Nicholas davon überzeugt war, die Bestie könnte ihren Atem auf seinem Gesicht spüren. Dominique beugte sich vornüber und gewährte ihm einen schamlos tiefen Einblick zwischen ihre Brüste, so wie es die talentiertesten aller Zigeunerinnen auch taten. Ramzi aber griff nicht nach ihr, wie Nicholas es getan hätte, wenn sich ihm die Gelegenheit geboten hätte. Vielleicht hatte Dominique sich auch schnell genug wieder von ihm weggedreht. Sie glitt nun die Stufen des Podestes hinunter und wirbelte in der Zeltmitte mit nach oben ausgestreckten Armen, wehendem Haar und immer lauter werdender Stimme um ihre eigene Achse. Dann fiel sie plötzlich mit einem ersterbenden Flüstern auf den Lippen in sich zusammen und sank auf den Teppich.
Ramzi griff nach seiner Wasserpfeife, woraufhin Dominique sich wieder erhob, ihm aber den Rücken zudrehte und langsamen Schrittes auf Nicholas zuging. Wenngleich ihre Wangen durch die körperliche Anstrengung rote Flecken bekommen hatten, so war ihr Gesicht eine eisige Maske,
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