Auf den Wogen des Glücks
hielt sie gegen seinen Mund gepresst, bevor er seinen Kopf neigte und ihr in die Augen schaute. »Kommen Sie schon, es ist spät. Ich bin kurz davor, meine edlen Absichten zu vergessen.«
»Edle Absichten, das passt zu Ihnen. O Gott, mein Kopf fühlt sich so schwer an. Und meine Beine sind ...« Sie fasste sich an den Kopf. In ihrem Magen rumorte es kräftig. »Meinen Sie, ich könnte zu viel getrunken haben?«
»Das ist durchaus möglich.«
Sie ließ sich in den Sessel hinter sich fallen und schloss die Augen. »Wie kommt es, dass der Raum sich dreht? Sie haben damit nichts zu tun, oder?«
»Sie hätten mehr Erdbeeren essen sollen.«
Sowohl von außen als auch von innen wurde sie von Dunkelheit und einer wohligen Wärme umspült. Sie konnte das Knistern des Feuers hören und wünschte sich nichts sehnlicher, als noch ein Weilchen im Sessel sitzen bleiben zu können.
»Bitte denken Sie nicht schlecht von mir, Mr. Hawksmoor«, murmelte sie kraftlos, als sie spürte, wie sich seine Arme um sie schlangen und er sie sanft emporhob. Sie neigte ihren Kopf seiner Wärme entgegen.
»Ich werde immer nur das Beste von Ihnen denken, meine liebe Miss Willoughby!«, flüsterte er. »Immer!«
10
»Die Augen des Königreiches ruhen auf dir, Nicholas«
»Vielen Dank, Brittlesea. Es ist natürlich das innige Feuer meiner Vaterlandsliebe und die Liebe zu meinen Landsleuten, die mich antreibt.«
»Gott behüte, ich weiß genau, wie ich deine Worte zu verstehen habe. Aber eines möchte ich dir dennoch mit auf den Weg geben: Angenommen, du wirst von einem Franzosen, sagen wir Pernot, geschlagen, dann bedeutet das eine herbe Niederlage für England.«
Nicholas blickte von dem schweren Tau auf, das er gerade um seinen Arm wickelte und blinzelte durch den feinen Morgennebel zu Brittlesea hinüber. »Mit einem Mal bin ich also ein Held.«
Brittlesea verschränkte die Arme vor seinem Wanst, sodass sich sein Mantel um die Schultern herum bedenklich straff spannte, und lehnte sich gegen das schimmernde Schanzkleid der Mischief.
»Auch wenn es dir geschmacklos erscheinen mag, du könntest tatsächlich einer werden. Eine einzige publikumswirksame Darstellung, und schon wird aus dem allseits verhassten Gauner das Lieblingskind der Nation.«
Nicholas konnte und wollte den sarkastischen Unterton in seiner Stimme nicht unterbinden. »Schon eigenartig, wie Nachrichten sich so schnell verbreiten können. Nicht, dass du auch nur das Geringste damit zu tun haben könntest. Diskretion ist schon immer deine Stärke gewesen, nicht wahr?«
»Du solltest mir lieber dankbar sein, Nicholas.«
»Du hast einen verdammt schlechten Zeitpunkt gewählt, um mir einen Gefallen zu tun.«
Nicholas hängte das Tau an einen eigens dafür vorgesehenen Haken, wischte seine Hände an der Hose ab und schaute sich mit finsterer Miene im belebten Hafen um. Die junge Dame war nirgends in Sicht. Er betrachtete einige seiner Matrosen, wie sie Fässer mit Madeira an Bord luden. Mit einem Mal wurde er ausgesprochen durstig.
»Das Letzte, was ich nun brauche, ist, dass Stringfeld und Pernot sich auch noch einmischen. Allein die Möglichkeit, meine Pläne durchkreuzen zu können, bereitet ihnen größte Freude, ganz zu schweigen von der Freude, die es ihnen bereitete, mir das Katzenauge vor der Nase wegzuschnappen.«
»Was ist denn verkehrt an ein wenig Wettbewerb? Vor allem, wenn die gesamte Nation dabei zuschaut? Weder die Gräfin St. Leger noch ihr geheimnisvoller Auftraggeber hätten etwas dagegen einzuwenden, wenn es letzten Endes der Suche dienlich wäre.« Brittlesea zog gleichgültig die Schultern hoch.
»Die Suche würde auch dann erfolgreich sein, wenn nur ich mich auf den Weg machte. Ich brauche keinen Ansporn, vor allem nicht, wenn es darum geht, um die Gunst der gelangweilten Aristokratie zu buhlen. Meiner Meinung nach riecht es hier verdammt nach einem abgekarteten Spiel.«
Brittlesea setzte plötzlich eine äußerst zurückhaltende Miene auf. »Nur bei echter Herausforderung läufst du zur Bestform auf, aber ich bin mir nicht ganz sicher, was an der Sache letztendlich die ultimative Herausforderung für dich darstellt. Normalerweise ändert sich mit dem Alter der Ansporn.«
Nicholas warf ihm einen unbeugsamen Blick zu. »Wieso fühle ich mich dann, als hätte ich einen Köder geschluckt, der mir - genau hier - im Halse steckengeblieben ist?«
Brittlesea zuckte lässig mit den Achseln, stieß sich vom Geländer ab und strich mit einer Hand
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