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Auf der Insel der Sehnsucht

Auf der Insel der Sehnsucht

Titel: Auf der Insel der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Marton
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konnte das Salz ihrer Tränen schmecken, und etwas tief in ihm, in seinem Herzen, rührte sich. Und dann war er endlich in ihr. Als sie seinen Namen flüsterte, hob sich seine Welt aus den Angeln. Er hielt sich zurück, solange er konnte, trieb sie von Gipfel zu Gipfel zu Gipfel. Schließlich riss die Welle auch ihn mit, und er ließ sich mit Ivy zusammen davontreiben. In die Nacht, in den Himmel, in ein anderes Universum.
    Und als er auf ihr zusammensackte, da erkannte er, dass Sex wirklich nur Sex war. Jemanden zu lieben besaß eine ganz andere Qualität.
    Und er, der er mit so vielen Frauen zusammen gewesen war, wusste mit plötzlicher Sicherheit, dass er keine der anderen je geliebt hatte.

10. KAPITEL
    Damian schlief.
    Auch Ivy war in einen wunderbaren Schlaf gesunken, für eine kleine Weile zumindest, sicher und geborgen in seinen Armen. Dann war sie völlig verschreckt aufgewacht. Und mit dem Erwachen waren die Erinnerungen gekommen.
    Lange hatte sie dagelegen, hatte die Bilder zu verscheuchen versucht. Hatte sich immer und immer wieder gesagt, dieses kleine Wunder, das sie mit Damian erlebte, nicht durch die hässlichen Szenen aus der Vergangenheit ruinieren zu lassen.
    Vergeblich.
    Irgendwann schlüpfte sie schließlich aus seiner Umarmung und verließ das Bett, öffnete leise die Flügeltüren und trat auf die Terrasse.
    Wann würde sie endlich vergessen können?
    Vorhin, als sich während des Gewitters Blitz und Donner in ihren Traum gedrängt hatten, war sie in eine andere Nacht vor langer Zeit zurückkatapultiert worden. Nein, hatte sie im Schlaf gewimmert. Nein! Und dann war sie aufgeschreckt und fand diese Gestalt über sich gebeugt. Panik hatte sich wie eine eiserne Klammer um ihre Kehle gelegt.
    Bis Damian seinen Namen aussprach.
    Es war Damian gewesen, der sich über ihr Bett gebeugt hatte, kein Monster, das nach Schweiß und Bier roch. Damian hatte nicht brutal nach ihren Brüsten gefasst und ihr hässlich lachend das Nachthemd zerrissen. Damian hatte ihr nicht die schweißfeuchte Hand auf den Mund gedrückt, um ihre Schreie zu ersti cken. Die Schreie einer Fünfzehnjährigen, die nicht die geringste Chance gegen einen Mann hatte, der seinen Lebensunterhalt mit dem Schwingen einer Spitzhacke verdiente.
    Keinen Mucks , hatte der Mann gesagt, sein Alkoholatem direkt vor ihrem Gesicht. Gibst du auch nur einen Laut von dir, dann erzähle ich der Frau vom Jugendamt, du hättest Geld aus meinem Portemonnaie gestohlen. Dann sitzt du in Null Komma nichts im Jugendknast.
    Ivy hatte noch nie etwas gestohlen, in ihrem ganzen Leben nicht. Dabei hatten sie in der anderen Pflegefamilie behauptet, sie hätte hundert Dollar genommen. Das stimmte nicht. Aber Kay hatte gesagt, sie müsse wohl lügen. Denn die einzige Person, die dann das Geld genommen haben könnte, wäre dann ja Kay. Und ob Ivy ihre eigene Schwester beschuldigen wolle, eine Diebin zu sein?
    Kay war in der Familie geblieben, Ivy wurde ins Heim zurückgeholt. Irgendwann brachte man sie dann in einer anderen Pflegefamilie unter.
    Mit achtzehn fiel Kay aus dem System heraus. Man sieht sich , hatte sie zu Ivy gesagt und war gegangen.
    Ivy war allein.
    Sechs Monaten an einem Ort, drei Monate an einem anderen. Es waren erbärmliche, schmutzige Orte gewesen. Und dann kam sie in eine Familie, wo die Frau glatt durch sie hindurchsah und der Mann sie anlächelte und sagte: Du kannst mich Daddy nennen .
    Ivy wurde das Herz leichter. Daddy , hatte sie also gesagt, und auch wenn der Mann nicht ihr richtiger Daddy war, an den sie sich kaum erinnerte, und auch nicht so wie ihr Stiefvater, Kays Vater, den sie sehr lieb gewonnen hatte, so war der Mann doch nett.
    Zumindest dachte sie das zu Anfang. Er schenkte ihr eine Puppe, kaufte ihr Bücher. Und als er dann damit begann, abends in ihr Zimmer zu kommen, sie zuzudecken und sie auf die Wangen zu küssen, da fühlte sie sich schon ein bisschen komisch, aber … wenn er ihr Daddy war, wie ein richtiger Daddy, dann war das doch okay, oder?
    Eine kühle Brise wehte vom Meer herüber. Ivy bekam eine Gänsehaut und zog die leichte Kaschmirdecke enger um ihre Schultern.
    Und dann, mit der einen Nacht, änderte sich alles. Ein Gewitter hatte draußen getobt, mit Blitz und Donner und heftigem Regen. Ivy ängstigte sich, aber schließlich war sie doch eingeschlafen. Und dann aufgeschreckt, weil der Mann, den sie Daddy nannte, über sie gebeugt stand.
    Selbst heute, nach all diesen Jahren, war die Erinnerung daran eine

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