Auf der Insel der Sehnsucht
…“
Der Ober kam mit dem zweiten doppelten Wodka für Damian. Ein knappes Nicken, und schon stand das Glas vor ihm.
„Bringen Sie mir auch noch einen.“ Lucas hob sein Whiskeyglas. „Und machen Sie einen doppelten daraus.“
Sie warteten, bis auch der Whiskey serviert worden war, dann lehnte Lucas sich vor.
„Hör zu, ich weiß, du bist verbittert. Jeder wäre das. Deine Verlobte, schwanger mit deinem Baby. Ein betrunkener Autofahrer, eine enge Straße. Ich meine, ich kannte Kay nicht, aber …“ Er nahm einen langen Schluck. „Das muss hart sein.“
„Jetzt sagst du schon zum zweiten Mal, dass du sie nicht gekannt hast. Und damit hast du verdammt recht.“
„Du hast dich Hals über Kopf in sie verliebt, hast ihr praktisch sofort einen Antrag gemacht, und dann …“
„Mit Liebe hatte das nichts zu tun.“
Lucas riss die Augen auf. „Nicht?“
Damian hielt den Blick eindringlich auf seinen Freund gerichtet. Vielleicht lag es am Wodka. Vielleicht auch daran, wie sein alter Freund ihn anstarrte. Vielleicht hatte auch die Frau, der er vor dem Restaurant begegnet war, etwas in ihm ausgelöst. Schließlich hatte es eine Zeit gegeben, da hätte er sie begehrt und sich nicht dafür verachtet.
Wer konnte schon sagen, woran es lag. Nur eines erkannte er mit absoluter Klarheit: Er hatte die Nase voll davon, die Wahrheit zu verschweigen.
„Ich habe ihr keinen Antrag gemacht. Sie ist bei mir eingezogen, hier in New York.“
„Nun …“
„Sie war schwanger“, fuhr Damian tonlos fort. „Dann hat sie das Baby verloren. Hat sie zumindest behauptet.“
„Was soll das heißen?“
„Sie ist nie schwanger gewesen.“ Damians Wangenmuskeln arbeiteten. „Das mit dem Baby war eine Lüge.“
Lucas wurde blass. „Verdammt! Sie hat dich gelinkt?!“
Hätte auch nur ein Hauch von Mitleid in seinen Worten gelegen, Damian wäre aufgestanden und gegangen. Doch von Mitleid gab es keine Spur. Alles, was er aus Lucas’ Stimme heraushörte, war Schock, Empörung und eine willkommene Andeutung von Wut.
Plötzlich waren die Stimmen und das leise Lachen der anderen Gäste, das Klirren der Gläser und das Klappern von Besteck unerträglich störend. Damian schob seinen Stuhl zurück, legte einige Geldscheine auf den Tisch und sah Lucas an.
„Ich habe eine Eigentumswohnung gekauft, sie liegt nur ein paar Blocks von hier entfernt.“
Lucas stand schon, noch bevor Damian zu Ende gesprochen hatte. „Dann lass uns gehen.“
Und in diesem Moment, zum ersten Mal, nachdem die ganze Geschichte angefangen hatte, überkam Damian das Gefühl, dass er sein Leben wieder in den Griff bekommen würde.
Wenig später saßen die beiden Männer sich in Damians überaus großzügiger Maisonette-Wohnung gegenüber. Wodka und Whiskey waren gegen eine Kanne starken schwarzen Kaffees ausgetauscht worden.
Im Wohnzimmer boten drei Glasfronten einen überwältigenden Blick auf die Stadt, doch die schöne Aussicht interessierte keinen der beiden Männer. Der einzige Blick, der zählte, war der Einblick in die Seele einer eiskalt kalkulierenden Frau, und den gewährte Damian seinem Freund nunmehr ohne Vorbehalt.
„Ihr kanntet euch schon eine Weile“, sagte Lucas leise.
Damian nickte. „Wenn ich in New York war, trafen wir uns.“
„Und du wolltest es beenden.“
„Richtig. Sie war schön wie die Sünde, unvorstellbar sexy … Aber je näher ich sie kennenlernte … Es mag sich verrückt anhören, aber es war gerade so, als hätte sie eine Maske getragen, die sie nun Stückchen für Stückchen fallen ließ.“
„Das ist keineswegs verrückt. Es gibt genügend Frauen, die nur darauf aus sind, sich einen Mann mit Geld zu angeln.“
„Mehr und mehr zeigte sie eine Seite an sich, die mir vorher überhaupt nicht aufgefallen war. Kay interessierte sich nur noch für materielle Dinge und behandelte andere Menschen, als wären sie Dreck. Egal, wen – Taxifahrer, Kellnerinnen …“ Damian trank einen Schluck Kaffee. „Ich wollte raus aus der Beziehung und hatte überlegt, mich einfach nicht mehr bei ihr zu melden, doch das wäre nicht richtig gewesen. Ich wollte es ihr persönlich sagen. Also rief ich sie an und lud sie zum Dinner ein.“ Er konnte nicht mehr still sitzen, stand auf und stellte sich an eine der Glasfronten, um mit grimmiger Miene auf die Stadt zu schauen. „Ich hatte noch keine drei Worte gesagt, da fing sie an zu weinen und eröffnete mir, sie sei schwanger mit meinem Kind.“
„Du hast ihr
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