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Auf der Silberstrasse 800 Kilometer zu Fuss durch die endlosen Weiten Spaniens

Auf der Silberstrasse 800 Kilometer zu Fuss durch die endlosen Weiten Spaniens

Titel: Auf der Silberstrasse 800 Kilometer zu Fuss durch die endlosen Weiten Spaniens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Westrup
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weiter unter dem Fußballspiel, bis um neun Uhr das Essen kommt. Ich trinke einen schönen, namenlosen, roten Wein in einem braunen, irdenen Krug mit der Aufschrift des Restaurants – El Pozo – der Brunnen. Dazu köstliches knuspriges Baguette mit frischer Butter. Das war es dann aber auch. Der Salat Castellano hatte Chorizo Scheiben, die ich nicht esse, diese üble, rote, nach Knoblauch schmeckende, fettige Wurst, und Fisch sollte man in Kastilien nicht essen. Ein Plattfisch mit schwarz verbrannter Haut.
    Dafür empfiehlt mir der Wirt später nach dem Essen in der Bar einen köstlichen Aguardiente de Rojo Natural, der wie Schlehengeist schmeckt. Als ich ihn frage, ob ich rauchen dürfe, deutet er stolz auf ein Schild über der Bar, das Rauchen ausdrücklich erlaubt. In Spanien bestimmt jeder Wirt selber, ob in seiner Bar geraucht werden darf oder nicht. Permettido oder Prohibido, so gehen die Spanier mit dem Rauchverbot um. Ich spüle meinen Zahnschmerz mit dem edlen Getränk weg.

Durch die Verlorenheit

    Freitag, der 2. Juni, von Calzada de Valdunciel
    nach El Cubo de Tierra del Vino,
    19,8 Kilometer, gesamt 536,6 Kilometer
    25. Wandertag

    Früh breche ich wieder auf in diese ewig gleiche Landschaft: endlose grüne Weizenfelder, ein Grün, das schillert von weißgrün über lindgrün zu wiesengrün und dunkelgrün, dazwischen Felder von braun und strohgelb. Ein Patchwork von erdigen Farben. Ich hätte nie gedacht, daß diese eintönige Landschaft doch so voller feiner Nuancen und Zwischentöne ist, die bunte Palette eines impressionistischen Malers, der eine sonnendurchglühte Landschaft darstellt. Danach sechs Kilometer längs der Carretera, diesem höllischen, schwarzen Band, das die grünen Felder durchschneidet. Von Norden peitscht der Wind, gegen den ich mich stemmen muß, ich gehe auf dem harten Asphalt auf der linken Seite, dem Verkehr entgegen, der seine brüllenden Laster von Norden herabschickt. Sie tauchen klein und rot wie Spielzeuge am Fluchtpunkt der Straße auf, lautlos erst, klein und harmlos. Minuten später fauchen sie als brüllende Ungetüme bebend und blaue Wolken ausstoßend mir entgegen. Ich ahne schon die Druckwelle, die sie vor sich herschieben, einen Meter Freiraum habe ich zwischen dem kiesgelben Schotter des Straßenrandes und dem tobenden Ungeheuer. Ich kenne das schon, ich weiß, was nun kommt. Ich sehe die Druckwelle nicht, ich höre nur das Röhren der Maschine, drei Meter über mir, ich senke meinen Kopf nach unten, halte meinen Strohut mit der linken Hand und dann packt mich die Welle und droht mich von der Straße zu stoßen in den Graben mit den spitzen Steinen. Ich stehe einen Moment still auf kräftigen Beinen, gebeugt, meinen Stock umklammernd, ein Beben geht durch meinen Körper, ein Zittern, eine Sekunde nur, dann ist es vorbei, durch mich hindurch, das Brüllen verschwindet hinter meinem Rücken, ich atme kräftig durch, schaue wieder nach vorne zum Fluchtpunkt der Straße, wo ich wieder den nächsten roten, zitternden Punkt sehe, der die schwarze Bahn auf mich zuschießt.
    Der Heilige hält mich, er schützt mich sicher, ich bin diese Straßen gewöhnt, durch diese Hölle muß ich hindurch, das Fegefeuer, 6 Kilometer, eineinhalb Stunden Zittern, Beben, Heulen, Brüllen, Stampfen, nach dem Orkan der Trucks versucht der ewige Nordwind mich von der Straße zu blasen. Auch das geht vorbei, ein gelber Pfeil auf der Straße weist nach rechts, geschafft, das Höllenband zwischen zwei Trucks überquert, eine Sandpiste nimmt mich auf zwischen Carretera und den rostigen Geleisen der Eisenbahn, auf der kein Zug mehr fährt. Durch staubige Macchie geht es voran, Dornen, Disteln, trockenes Gebüsch. Noch einmal über die Carretera, hier wird es besser, eine staubige Piste zwischen gelben vertrockneten Wiesen und staubigen Steineichen.
    Blökende, stumpfäugige Kühe hinter rostigen Zäunen, ab und an muß ich ein schweres, rotes Tor aufsperren und mit kantigem Riegel sorgfältig wieder verschließen, wenn ich von einer Weide auf die andere gehe. Die gleiche Verlorenheit wie gestern, der gleiche stahlblaue Himmel, die gleiche gleißende Sonne, der gleiche Wind, der die Bäume peitscht und kleine Staubteufel über die Piste treibt.
    In El Cubo de Tierra del Vino, trotz des langen Namens ein unbedeutendes Örtchen, hole ich den Schlüssel im Wohnhaus des Pfarrers an der Plaza Mayor, einem schlichten, kahlen Betonplatz, menschenleer zu dieser Nachmittagsstunde. Tierra del Vino

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