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Auf der Sonnenseite - Roman

Auf der Sonnenseite - Roman

Titel: Auf der Sonnenseite - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Kordon
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leidige deutsche Teilung! Was für eine schlimme Zeit Lenz da hinter sich habe! Also, da solle er jetzt mal in aller Ruhe abwarten, es hätten sich natürlich noch weitere Bewerber gemeldet, er bekomme baldigst Bescheid. Und selbstverständlich erhalte er seine Fahrtkosten erstattet, er solle nur gleich zur Kasse gehen.
    Das war’s! Zwei Tage später fischte Lenz die schon erwartete Absage aus dem Briefkasten. – Woher diese Vorahnung? Die beiden Herren hatten ihm mehr als nur die Fahrtkosten erstattet; ernsthaften Bewerbern gibt man kein Trinkgeld.
    So oder so ähnlich waren auch seine vorherigen Bewerbungsgespräche abgelaufen. Allein der Haus & Hof -Wassergrundstückverkäufer hatte keinen Anstoß an seiner »Vergangenheit« genommen. Und es ging so weiter, von Firma zu Firma. Sie sagten es nicht, jene Herren, die über seine Zukunft zu entscheiden hatten, doch konnte er ihnen ihre Zweifel vom Gesicht ablesen: So, so, im Gefängnis hat der zuvor doch eigentlich recht sympathisch wirkende junge Berliner gesessen! Tja, das ist ja nun nicht gerade die beste Empfehlung. Natürlich, er hat nichts gestohlen, war nur politischer Häftling, dennoch, ein Vorzug ist so ein Vorleben nicht. Wenn er sich da drüben nicht an die Gesetze gehalten hat, wer sagt uns denn, dass er es hier tut? Und da ja noch so viele andere Bewerber vor der Tür stehen, die sicher auch nicht schlechter sind und keinen solchen Hintergrund haben … »Na, dann gehen Sie jetzt erst mal zur Kasse und holen sich Ihre Fahrtkosten ab. Wir melden uns dann bei Ihnen.«
    Schriftliche Absagen ließen sich ja so viel leichter formulieren.
    In anderen Fällen, wenn ein Gesprächspartner nicht erst noch wertvolle Arbeitszeit an unnötige Korrespondenz verschwenden wollte, fand er gleich eine Ausflucht: »Ja nun, eigentlich kommen Sie ja aus der Planwirtschaft … Sicher, wenn Sie die westlichen Länder bearbeitet haben, kennen Sie sich aus auf dem westlichen Markt … Trotzdem, verstehen Sie das bitte nicht falsch, wir suchen jemanden, der sich nicht erst lange einarbeiten muss. Die Konkurrenz ist so verdammt hart.«
    Oder man stellte am Ende des Gesprächs erstaunt fest, dass Lenz ja gar nicht perfekt Russisch könne. »Ja, dann … Wissen Sie, wir wollen vor allem in Richtung Osten expandieren.«
    Er hätte antworten können, dass die Geschäftsgespräche mit den großen Export-Import-Firmen der Tschechoslowakei, Ungarns, Polens, Bulgariens und Rumäniens vorwiegend auf Deutsch oder Englisch und auch mit den Russen nur in den seltensten Fällen auf Russisch geführt wurden. Doch wozu seine zumeist sehr netten Gesprächspartner in Verlegenheit bringen? Konnte er sie zwingen, ihn einzustellen?
    Alles keine Mut machenden Erfahrungen! Nichts, das Lenz’ Selbstbewusstsein hätte heben können. Dazu das vergebliche Warten auf die Kinder und die trostlosen Briefe, die Hannah und er ihnen schreiben durften; Briefe, in denen sie ihnen ihre neuen, schon gänzlich eingerichteten Zimmer beschrieben und vom weiten Blick über die Felder bis hin zu den grünen Taunushügeln schwärmten – ein Blick, der sie selber längst langweilte. Immer öfter überkam Lenz Schwermut, immer öfter stellte er sich infrage. Im Gefängnis, vor allem während der fünf Monate Einzelhaft, hatte er Stärke bewiesen und zu sich und seiner Tat gestanden; nun häuften sich die Zweifel, richtig gehandelt zu haben.
    War er der Elefant, der aufs Eis gegangen war, weil es ihm zu gut ging? War er einer, der mit seinem Glück und dem seiner Familie gespielt hatte? Ja, und wenn sie die Kinder dann endlich holen durften, wie würde alles werden? Wie hatten Silke und Micha die lange Trennung von ihren Eltern überstanden? Würde da nicht ewig etwas in ihnen zurückbleiben, eine Entfremdung vielleicht gar?
    Er musste sich am eigenen Schopf aus diesem Fragen-Sumpf ziehen. Der Staat, den sie verlassen hatten, war ja nicht besser geworden, nur weil es Hannah und ihm jetzt seelisch dreckig ging. Im Gegenteil, er trug auch daran die Schuld … Nein, er wollte nicht zurück und Hannah wollte es auch nicht. Lieber hätten sie sich erschossen, als in diesen Kidnapper-Staat heimzukehren. Doch – und das war eine besonders quälende Frage – wären Hannah und er auf Fränzes Angebot, ihnen zur Flucht zu verhelfen, eingegangen, wenn sie gewusst hätten, wie alles ausgehen würde?
    Es lohnte nicht, über diese Frage nachzudenken. War ja doch nichts mehr zu ändern. Einfach beiseiteschieben ließ sie sich aber

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